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Aus Freikirche wurde Moschee

Zum ersten Mal in Deutschland ist aus einer christlichen Kirche ein islamisches Gotteshaus geworden

Der Gemeindesaal der Evangelisch-methodistischen Kirche im Mönchengladbacher Stadtteil Rheydt wurde in ein Cem-Haus umgebaut. Foto: Gisela Thimm

15.06.2012: "In Mönchengladbach wurde zum ersten Mal in Deutschland eine Kirche in ein alevitisch-muslimisches Gotteshaus umgewandelt. Ausgerechnet eine Freikirche bekennt sich zu dem Tabubruch, schreibt Till-R. Stoldt auf Welt.de, "Wo sonst Christen gebetet haben, praktizieren jetzt Aleviten ihren Glauben: Der Gemeindesaal der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK) im Mönchengladbacher Stadtteil Rheydt wurde in ein Cem-Haus umgebaut". "Wo einst das Kreuz hing, bedecken nun die mannshohen Gemälde dreier Männer die Wand". Zum ersten Mal in der deutschen Geschichte sei hier ein christliches in ein alevitisch-muslimisches Gotteshaus umgewandelt. Wo bislang zu Jesus gebetet wurde, werde fortan der Prophet Mohammed und sein Gefährte Ali verehrt. Bislang seien sich die deutschen Kirchen einig gewesen, aufgegebene Gotteshäuser dürften zwar in Museen oder Synagogen, nicht aber in islamische Gotteshäuser umgewandelt werden.

Methodistenprediger Klaus Thimm hätte gerade "wegen der Symbolik des Tages" eine fröhliche Abschiedsrede, während Bischof Walter Klaiber betont, ihm sei diese Übergabe "nicht ganz leicht gefallen". Die rund 100 Aleviten im Saal, zumeist aus der Türkei eingewandert, seien sichtlich ergriffen gewesen, einige von ihnen hätten später berichtet, wie sehr sie so viel Freundlichkeit, Offenheit und Nähe r genossen hätten, so welt.de.

Freikirchliche Gemeinde wurde nach 130 Jahren Gemeindedienst aufgelöst

Am 21.06.2009 feierte die Evangelisch-methodistische Kirche Mönchengladbach-Rheydt hier ihren letzten Gottesdienst. Welt.de: "Wo einst das Kreuz hing, bedecken nun die mannshohen Gemälde dreier Männer die Wand" Foto: Gisela Thimm

Seit über 130 Jahren gab es laut emk.de dort die freikirchliche Gemeinde im Mönchengladbacher Stadteil Rheydt - bis 1968 als Evangelische Gemeinschaft und danach als Evangelisch-methodistische Kirche (EmK). Nach dem letzten Gottesdienst am 21. Juni 2009 wurde sie wegen Mitgliedermangel aufgelöst.

Die EmK hat in Deutschland 55.500 Mitglieder und Angehörige. Sie gehört als evangelische Freikirchen nicht zu den evangelischen Landeskirchen, sondern zur Vereinigung evangelischer Freikirchen (VEF), die für eine klare Trennung von Kirche und Staat eintreten.

Umwandlung in Moschee ist in den Landeskirchen auf zum Teil heftige Kritik gestoßen

Die Umwandlung der Kirche in eine Moschee ist in den Großkirchen auf zum Teil heftige Kritik gestoßen. «Das ist schon eine harte Zumutung», sagte der für den interreligiösen Dialog zuständige Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke. Zwar pflegten Christen ein freundschaftliches Verhältnis zu anderen Religionen. «Aber dennoch dürfen wir grundsätzliche Verschiedenheiten nicht aus den Augen verlieren», so Jaschke.

Hans Ulrich Anke, Präsident des EKD-Kirchenamtes, sagte am Dienstag: «Wo immer es geht: Kirche soll Kirche bleiben.» Deswegen setze sich die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) dafür ein, dass möglichst keine Kirche abgegeben werden müsse - «ganz gleich ob an einen Kneipenwirt, eine Sparkasse oder an eine andere Religionsgemeinschaft». Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hatte bereits 2006 in ihrem Papier zu Christen und Muslimen in Deutschland Einwände gegen eine Umwandlung einer Kirche in eine Moschee aufgelistet.

EmK-Bischöfin: Verkauf war eine sorgfältig abgewogene Entscheidung

Man habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht, erklärt Rainer Bath, der für Mönchengladbach zuständige Superintendent der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK). Den Ausschlag habe schließlich gegeben, »dass wir in der alevitischen Gemeinschaft einen Partner im interreligiösen Dialog sehen, der sich von typischen muslimischen Gemeinschaften deutlich unterscheidet«. Besonders die Betonung des Liebesgebots, die Toleranz gegenüber Andersgläubigen und die Gleichstellung von Mann und Frau seien wichtige Kennzeichen, die die alevitische Gemeinschaft von vielen anderen Gruppierungen im Islam deutlich unterscheide. Dazu gehöre auch die sich vom Moscheeverständnis des Islams unterscheidende Haltung zum eigenen religiösen Gebäude, das Aleviten Cemhaus nennen. Es ist kein heiliger Ort, sondern ein Ort der Versammlung, der Lehre, der Aussprache über Probleme und des Schlichtens von Streit.

Rosemarie Wenner, die Bischöfin der EmK, betonte, dass die Versammlungsorte von EmK-Gemeinden dann zu heiligen Räumen werden, »wenn wir darin Gottes Wort verkündigen, Gott anbeten und christliche Gemeinschaft pflegen. Räume und Gebäude an sich betrachten wir nicht als heilig«. Die EmK prüfe im Falle eines Verkaufs alle Optionen sehr genau, weil dies für die Menschen bedeutsam sei, die ein Gebäude bisher als ihr Gotteshaus nutzten. Allerdings sei eine neue Nutzung durch Menschen anderen Glaubens aus Sicht der EmK nicht als »Entweihung« anzusehen. Eine Kirche wie die EmK, die an vielen Orten in Deutschland ihre Arbeit in Gaststätten und Wohnzimmern begonnen habe, wisse, dass die Bedeutung von Räumen nicht durch Weihe oder Widmung gesichert werde, sondern durch die Menschen, die darin Gottesdienste feiern und Gemeinschaft leben. Der Verkauf an die alevitische Gemeinschaft sei daher eine begründete und sorgfältig abgewogene Entscheidung gewesen.

Wer sind die Aleviten?

Der Name der Aleviten bezieht sich auf Ali, den Schwiegersohn des Propheten Mohammed, den die Aleviten gemeinsam mit den Schiiten als ersten legitimen Kalifen anerkennen. Nach Angaben der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (Berlin) betrachten die Aleviten den Koran nicht als Wort Gottes, sondern als durch die Sunniten manipuliert. Die Scharia, die islamische Gesetzgebung, lehnen sie ab. Die phonetische Ähnlichkeit führt häufig zur Verwechslung mit den Alawiten

Die Aleviten wurden in der Geschichte wiederholt heftig verfolgt und unterstützten den von Kemal Atatürk den Türken verordneten Laizismus und die Demokratie. Die alevitische Bevölkerungsgruppe war eine der tragenden Kräfte bei der Gründung der türkischen Republik, weil sie insbesondere für die Abschaffung der sunnitischen Rechtsordnung eintraten. Bis heute sind die Aleviten in der Türkei nicht als eigenständige Religion anerkannt.

Quellen: welt.de , wikipedia.de, Kirchen-Newsletter des BR vom 15.06.2012 und emk.de

Autor dieser Webseite: Uwe Schütz

 

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