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Das Kalenderblatt

Eine Kalenderwoche zurück

KW 33 / 2006

Eine Kalenderwoche weiter

 

Die Staatssicherheit und der Protestant

Vor 30 Jahren: Von Staat und Kirche verfolgter DDR-Pfarrer übergießt sich mit Benzin

Plakat von Oskar Brüsewitz am Ort seiner Selbstverbrennung , Foto der Stasi
Plakat von Oskar Brüsewitz am Ort seiner Selbstverbrennung
Foto der Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) der DDR

18.08.1976: Auf dem Marktplatz von Zeitz in Sachsen-Anhalt befestigt Pfarrer Oskar Büsewitz an seinem Auto Transparente mit der Aufschrift „Die Kirche in der DDR klagt den Kommunismus an wegen Unterdrückung in Schulen an Kindern und Jugendlichen“. Dann zieht er seinen Talar an, übergießt sich mit Benzin und zündet sich an.

Passanten gelingt es, die Flammen zu ersticken, doch vier Tages später stirbt Pfarrer Oskar Brüsewitz im Alter von 47 Jahren im Krankenhaus an seinen schweren Verbrennungen.

Bereits 20 Jahre zuvor (1956) geriet Oskar Brüsewitz ins Fadenkreuz des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS bzw. "Stasi"), als der gelernte Schuhmacher in seinem Ladenfenster Bibelzitate aushängte, von Jesus predigte und dem Regime Wahlmanipulation vorwarf.

Trotzdem gelang es Oskar Brüsewitz, Pfarrer zu werden. Tief getroffen war er, als sich die Kirchenführer mit dem Slogan "Kirche im Sozialismus" mit dem SED-Regime arrangierten. Schließlich setzen SED-Regime und Kirchenleitung alles daran, den erfolgreichen, aber unbequemen Pfarrer zu demontieren.

* * *

Oskar Brüsewitz (*1929, +22.08.1976), Pfarrer in der DDR
Oskar Brüsewitz (* 30.05.1929, † 22.08.1976), Pfarrer in der DDR

Bis heute gehen die Meinungen über den kämpferischen Gottesmann auseinander. Auf jeden Fall gehört Pfarrer Brüsewitz' Tat zu den Initialzündungen der Oppositionsbewegungen in der DDR, die am 09.11.1989 zur Öffnung der Grenzen und zum Fall der Berliner Mauer führte.

Aber man tut sich schwer mit der Aufarbeitung der allerjüngsten deutschen Geschichte. Erst seit 2006 erinnert eine Gedenktafel an die öffentliche Selbstverbrennung von Pfarrer Brüsewitz.

Offenbar sind es immer Opfer, die die Welt verändern. Auch Jesus sprach davon zu seinen Jüngern:

Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein.
Wenn es aber stirbt, bringt es viel Frucht
Johannes 12, 24

So hat auch der Tod von Jesus seine Sache nicht beendet, sondern die Welt verändert und ermöglicht Gottes Vergebung - nicht nur für die, die das Unrechtsregime DDR unterstützt haben.

Uwe Schütz

Was damals sonst noch geschah: mehr bei uns über DDR-Geschichte:  

1949 : Gründung der DDR
1953 : Arbeiteraufstand in der DDR
1961 : Bau der Berliner Mauer
1976 : Regime-kritischer DDR-Pfarrer übergießt sich mit Benzin
1989 : DDR-Flüchtlingsdrama in der Prager Botschaft
1989 : Öffnung der DDR-Grenzen
1991 : Ende der KPdSU und der Sowjet-Union

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