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Das Kalenderblatt

Eine Kalenderwoche zurück

KW 21 / 2017

Eine Kalenderwoche weiter

 

Der Traum von Unabhängigkeit

Vor 40 Jahren: Geiseldrama in einem niederländischen Schnellzug

Der Triebkopf des Zuges nach der Erstürmung am Morgen des 11.06.1977
Der Triebkopf des Zuges nach der Erstürmung am Morgen des 11.06.1977. Titelbild auf Taschenbuch "Mit dem Morgen kam die Freiheit" (s.u.)
 
Südmolukker 1951 bei ihrer Ankunft in Rotterdam
Foto: Nationaal Archief/Spaarnestad

23.05.1977: In den Niederlanden bringen am Morgen neun südmolukkische junge Leute den Schnellzug Utrecht–Groningen in ihre Gewalt und nehmen 50 Menschen als Geiseln. Sie fordern, ihre wegen Geiselnahmen inhaftierten „Vaterlandsfreunde“ zum Amsterdamer Flughafen zu bringen und eine Boeing 747 bereitzustellen.

Nach 20 Tagen unter extremen hygienischen Verhältnissen und vergeblichen Verhandlungen erstürmen Sicherheitskräfte den Zug. Dabei sterben sechs der neun molukkischen Geiselnehmer und zwei Geiseln.

Die Molukken sind eine Inselgruppe zwischen Sulawesi und Neuguinea und gehören zu Indonesen, auf der Karte hellgrün. Sie werden auch „Gewürzinseln“ genannt,
Die Molukken sind eine Inselgruppe zwischen Sulawesi und Neuguinea und gehören zu Indonesen, auf der Karte hellgrün. Sie werden auch „Gewürzinseln“ genannt, da Gewürze früher die Grundlage eines profitablen Handels waren.
Quelle: wikipedia.de unter GNU Free Documentation License, Version 1.2

 

 

 

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Als nach dem 2. Weltkrieg muslimische Rebellen die Unabhängigkeit Indonesiens erkämpften und die Niederlande ihre bisherige Kolonie als unabhängig anerkannten, hatte auch die christliche Minderheit der Südmulukker ihren eigenen Staat ausgerufen (=Republik Maluku Selatan). Nach der Niederschlagung durch indonesische Truppen ließen die Niederlande die Verfolgten in ihr Land. Um eine politische Lösung kümmerten sie sich offenbar nicht.

Taschenbuch "Mit dem Morgen kam die Freiheit" von mini Loman, die 20 Tage als Geisel in dem Zug verbrachte
Taschenbuch "Mit dem Morgen kam die Freiheit" von mini Loman, die 20 Tage als Geisel in dem Zug verbrachte. Deutsche Ausgabe, Hänssler-Verlag. 1982. Originaltitel "Train of Terror".

Nach dem Vorbild arabischer Terroristen radikalisierten sich 25 Jahre später Teile der zweiten Südmolukker-Generation. Auslöser könnte eine Rede von Königin Juliana zur Unabhängigkeit Surinams gewesen sein, in der sie sagte: „Jedes Volk hat ein Recht auf Unabhängigkeit“ (25.11.1975).

Mini Loman
Mini Loman. Ihre erste große Sorge als Geisel im Zug galt ihren Eltern, die zwei Jahre zuvor ihren Bruder auf tragische Weise verloren hatten.

Erst durch ein Taschenbuch wurde ich auf das Schicksal der Südmolukker wirklich aufmerksam. Mini Loman (rechts im Bild) hat darin ihre Erlebnisse als Geisel veröffentlicht. Sie erzählt, sie habe angesichts des Todes versucht, anderen von ihrem Glauben zu erzählen, doch nach einer Woche sei sie mit ihren Nerven am Ende gewesen. Max (Max Papilaja, 24), der Anführer, habe beruhigend auf sie eingewirkt: „Mini, du klagst ständig, dass du nichts zu tun hast. Lies deine Bibel. Vielleicht findest du darin einige Antworten.“ Und sie fand sie und schreibt: „Zunächst habe sie gelernt, wie leicht das Leben ausgelöscht werden kann und wie wichtig es ist, sich auf das Leben danach vorzubereiten. Denn ohne Christus sind wir verloren. So sagt es uns die Bibel, und genau das glaube ich.“

Mini Lomans Resümee: „Für ihn, der sich selbst aus Liebe für unsere Schuld geopfert hat, lohnt es zu leben und zu sterben.“ Am Ende des Buches kann sie es immer noch nicht fassen, dass die Gespräche mit einem Terroristen dazu führten, ihr Christsein konsequenter und selbstloser zu leben.

Uwe Schütz

Quellen: wikipedia.de und Taschenbuch „Mit dem Morgen kam die Freiheit“, Hänssler-Verlag

mehr bei uns aus der Zeit: mehr bei uns über Terror:  
1976 : Anschnallpflicht für Autofahrer
1976 : 1. Linienflug mit Überschallgeschwindigkeit
1976 : Tod von Mao Tse Tung
1977 : Tod von Wirtschaftsminister Ludwig Erhard
1977 : Geiselnahme durch Südmolukker in einem Schnellzug in Holland
1977 : RAF-Mord an Jürgen Ponto
1977 : Tod von Elvis Presley
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