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Evolutionstheorie steht auf wackeligen Beinen

epd-Interview mit dem Biologieprofessor Siegfried Scherer

08.02.09: Die Feiern zum 200. Geburtstag von Charles Darwin (1809-1882) hält der Biologieprofessor Siegfried Scherer für berechtigt, aber auch für einseitig. Zwar sei der Begründer der Evolutionstheorie ein «ganz hervorragender Wissenschaftler gewesen, der grundlegende und bis heute gültige Einsichten über das Leben formuliert hat», sagte Scherer in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur epd. Angesichts moderner zellbiologischer und genetischer Befunde stehe die Evolutionstheorie heute allerdings auf «wackligeren Beinen» als früher.

Professsor Scherer: Entstehung des Lebens liegt weiterhin völlig im Dunkeln

Scherer ist Inhaber des Lehrstuhls für mikrobielle Ökologie an der Technischen Universität München. Er befasst sich seit langem mit der Evolutionstheorie. Seiner Ansicht nach gibt es von Naturwissenschaftlern derzeit nur «Spekulationen» darüber, nach welchen Mechanismen aus einfachen biologischen Strukturen komplizierte Organe werden könnten. Wie sich etwa aus einem Reptilbein ein Vogelflügel entwickelt haben soll oder aus einer Reptilschuppe eine Vogelfeder, das sei auf genetischer Ebene völlig
ungeklärt.

Vor allem die Entstehung des Lebens, der allerersten Zelle vor vielen Millionen Jahren, liege weiterhin völlig im Dunkeln, argumentiert Scherer. Alle Laborversuche zur Erzeugung von Leben unter «Ursuppenbedingungen» seien gescheitert, man habe nicht einmal ansatzweise so etwas wie eine «Urzelle» schaffen können.

Scherer lehnt es ab, den Schöpfungsbericht der Bibel als "naturkundlichen Text" zu betrachten

Scherer gibt freimütig zu, als Atheist sein Biologiestudium begonnen, nach einem persönlichen Erweckungserlebnis aber dem
Kreationismus nahe gestanden zu haben. Seine weiteren naturwissenschaftlichen Forschungen ließen ihn von dieser Position allerdings wieder abrücken. Heute wirbt er für eine klare Trennung: Die naturwissenschaftliche Kritik könne lediglich die Mängel der Evolutionstheorie aufweisen und damit zu weiterer Forschung anregen. Einen Gottesbeweis, wie ihn Kreationisten oder Anhänger des «intelligent design» häufig aus wissenschaftlichen Erklärungslücken ableiten wollen, lehnt Scherer ab. «Man kann Gott nicht mit den Methoden der Naturwissenschaft erfassen.»

Gleichwohl empfiehlt er den Kirchen, die weithin anerkannte Evolutionstheorie zwar zu respektieren, jedoch nicht als letzte Wahrheit zu akzeptieren. Die Evolutionstheorie sei eine wissenschaftliche Theorie, die sich ändern könne, und eine sachliche naturwissenschaftliche Kritik jederzeit zulassen müsse. Viele Evolutionsanhänger würden sich aus weltanschaulichen Gründen leider dagegen wehren. Scherer bezechnet diese Haltung als «fundamentalistisch».

Scherer distanziert sich davon, Intelligent Design im Biologieunterricht zu verankern

Scherer ist dafür bekannt in öffentlichen Diskussionen die Evolutionstheorie zu kritisieren. Er bestreitet nicht, dass Evolution stattfindet, ist jedoch der Ansicht, dass diese nur zu Veränderungen unterhalb der Artgrenze (Mikroevolution) und nicht zu einer Zunahme an Komplexität (Makroevolution) führt. Er findet es jedoch falsch, den Schöpfungsbericht als "naturkundlichen Text" zu betrachten.

Er bezeichnet sich selbst nicht als Kreationist, war jedoch in mehreren kreationistischen Organisationen aktiv. Bis 2006 war er ehrenamtlicher Vorsitzender der evangelikalen Studiengemeinschaft Wort und Wissen, einem der wichtigsten Vertreter des Kreationismus in Deutschland. Bis 2003 war er Fellow des Discovery Institute (Seattle), eine der führenden Institutionen der Intelligent-Design-Bewegung. Heute distanziert er sich von den aktuellen Aktivitäten des Instituts, Intelligent Design mit juristischen Mitteln im Biologieunterricht zu verankern.

Scherer ist Autor von "Evolution – ein kritisches Lehrbuch"

Zusammen mit Reinhard Junker ist er Autor des umstrittenen Buches "Evolution – ein kritisches Lehrbuch", das im Jahre 2002 den Deutschen Schulbuchpreis des Vereins „Lernen für die Deutsche und Europäische Zukunft“ (LDEZ) erhielt, der Bücher auszeichnet, „die den Schülern Ehrfurcht vor Gott, Nächstenliebe, Toleranz und Dialogfähigkeit auf der Grundlage einer eigenen ethisch hohen christlichen Überzeugung vermitteln.“

Scherer wurde 2006 nach Kritik vom „Erfurter Dialog“ wieder ausgeladen

Die Einladung an Siegfried Scherer zum „Erfurter Dialog“ im Januar 2006, initiiert durch den Thüringer Ministerpräsidenten Dieter Althaus, wurde nach heftiger Kritik zurückgezogen. Die Kritik stammte unter anderem von der AG Evolutionsbiologie des Verbands deutscher Biologen, die sich in erster Linie mit religiös motivierter Evolutionskritik auseinandersetzt, die von ausgewiesenen Biologen stammt und/oder im Umfeld organisierter fundamental-christlicher Gruppierungen (wie z.B. der Studiengemeinschaft Wort und Wissen) präsentiert wird“, von der Opposition im Thüringer Landtag sowie kritischen Berichten in Medien wie DER SPIEGEL.

Quelle: jesus.de-Newsletter vom 08.02.2009 / epd und wikipedia.de

 

 


Prof. Siegfried Scherer
Leiter des Lehrstuhls für Mikrobielle Ökologie an der Technischen Universität München

 

 

 

 

 

 

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