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"Free Gaza"-Aktion

Ein Tag nach dem Stopp der Aktion durch die israelische Armee herrscht große Aufregung

Das von der israelischen Armee gekaperte Schiff "Mavi Marmara"
Das von der israelischen Armee gekaperte Schiff "Mavi Marmara" am 22. Mai 2010
Quelle: wikipedia.de Urheber: Free Gaza movement Datei ist unter der Creative Commons-Lizenz Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0

01.06.2010: Am Tag nach dem Debakel auf hoher See beim Kapern des Schiffes "Mavi Marmara" der "Free Gaza" Aktion herrscht in Israel Verwirrung, Verärgerung über die provokative Aktion "Free Gaza" und Unsicherheit über die Stellung des Landes in der Welt.

Ein Konvoi von sechs Schiffe mit rund 10.000 Tonnen Hilfsgütern und 700 Aktivisten an Bord wollten die Seeblockade der Israelis wurde am gestrigen Montag von der israelischen Marine geentert. Dabei wurden mindestens neun Menschen getötet.

Premierminister Benjamin Netanjahu hielt sich in Kanada auf und hat seine Nordamerikareise vorzeitig abgebrochen. Im Flugzeug erklärte Netanjahu Reportern, dass Israel ein gutes Recht habe, sich zu verteidigen und die radikal-islamische Organisation Hamas daran zu hindern, sich mit Raketen auszurüsten, die dann auf Israel abgeschossen würden. Genauso hätten die USA seinerzeit die Sowjetunion daran gehindert, Kuba mit Raketen zu beliefern.

Israelisches Außenministerium bedauert jeden Verlust von Menschenleben

Israels stellvertretendem Außenminister Danny Ayalon sagte in einer Pressekonferenz am gestrigen Montag (31.05.10):

„Die Armada des Hasses und der Gewalt, die die Terrororganisation Hamas unterstützte, war eine vorsätzliche und ungeheuerliche Provokation.“

„Die Organisatoren sind für ihre Verbindungen mit dem weltweiten Dschihad, Al-Qaida und Hamas gut bekannt. Sie haben in der Vergangenheit zum Waffenmuggel und zu tödlichen Terrorattentaten beigetragen.“

„Wir fanden an Bord des Schiffes Waffen, die schon im Vorhinein vorbereitet worden waren, und die auch gegen unsere Soldaten eingesetzt wurden. Die Organisatoren hatten gewaltsame Absichten, ihre Methode war gewaltsam, und das Resultat war leider auch gewaltsam. Israel bedauert jeden Verlust von Menschenleben. Wir taten alles, um dieses Ergebnis zu vermeiden."

Wer Erklärung unterschreibt, darf nach Hause

In der Zwischenzeit wurden alle rund 600 Teilnehmer von den sechs Schiffen an Land gebracht, im Hafen von Aschdod identifiziert und befragt. Jene Ausländer, die sich schriftlich verpflichteten, "nicht wieder nach Gaza zurückzukehren", wurden zum Flughafen gebracht, darunter auch 400 Türken. Diese sollen nach einem weiteren Verhör in die Türkei abgeschoben werden. Vier Flugzeuge stehen in der Türkei bereit, sie abzuholen.

Ein Sprecher des Außenministeriums erklärte, keine Angaben zu den Angehörigen verschiedener Länder machen zu können. Wer unterschreibe und dazu bereit sei, werde noch am heutigen Dienstag auf Kosten des Staates Israel in seine jeweilige Heimat abgeschoben. Das gelte auch für die deutschen Teilnehmer, darunter zwei Bundestagsabgeordnete von "Die Linke". Eine arabisch-israelische Knessetabgeordnete, die sich auch an der Fahrt beteiligt hatte, wurde inzwischen freigelassen, "wegen ihrer Immunität als Abgeordnete".

Diejenigen, die nicht unterschreiben, wurden in Gefängnisse gebracht, darunter auch eine syrische "Friedensaktivistin". Ihr Mann erklärte in Damaskus gegenüber der arabischen Presse, dass sie an der "Free Gaza"-Fahrt teilgenommen habe, "weil sie immer schon mal Lust verspürte, Israelis verprügeln zu können". Die Frau weigere sich, die schriftliche Erklärung zu unterzeichnen und sitze deshalb im Gefängnis.

Polizisten untersuchen das Schiff, auf dem 9 Passagiere getötet wurden

Polizei- und Kriminalbeamte haben die "Mavi Marmara" bestiegen, um Fingerabdrücke einzusammeln, die Waffen zu untersuchen, die gegen die israelischen Soldaten eingesetzt wurden, um zu ermitteln, wer sich an den Attacken auf die Elitesoldaten beteiligt hatte. Fünf Soldaten wurden zum Teil schwer verletzt, während bei den anschließenden Feuergefechten an Bord des Schiffes 9 Passagiere getötet und etwa 30 verletzt wurden.

Die gewalttätigen Passagiere sollen, soweit sie ermittelt werden können, vor Gericht gestellt werden. Hingegen wurde inzwischen von israelischen Anwälten eine Klage beim Obersten Gericht eingereicht, mit der Forderung, alle Gefangenen umgehend freizulassen, weil sie illegal in internationalen Gewässern gezwungen wurden, nach Israel zu fahren.

Ausgiebige Diskussionen in der israelischen Öffentlichkeit

Politiker und Militärs haben in Rundfunk und Fernsehen ausgiebig über die Operation, deren Notwendigkeit und Planung sowie über die möglichen politischen Folgen diskutiert. Die meisten Sprecher fordern, den Soldaten selbst keine Vorwürfe zu machen. Diese hätten aus Notwehr gehandelt. Immer wieder wurde jedoch gefragt, ob die Operation falsch oder schlecht geplant worden sei, ob zu wenige Soldaten an Bord geschickt worden seien und ob es andere, weniger tödliche Mittel gegeben habe, die Schiffe zu stoppen und nach Aschdod zu geleiten. Die Regierung und das Militär wurden aufgefordert, umgehend die richtigen Lehren aus der "aus dem Ruder gelaufenen" Operation zu ziehen, da sich noch zwei weitere Schiffe auf dem Weg nach Gaza befinden und ebenso gestoppt werden sollen.

Fast einmütig werden der Türkei Vorwürfe gemacht, die "Free Gaza"-Aktion als Provokation gegen Israel mitgeplant zu haben. Inzwischen wurden alle rund 1.000 Israelis aufgefordert, zu ihrer eigenen Sicherheit die Türkei zu verlassen. Israelische Urlauber stornierten spontan, teilweise beim Einchecken auf dem Flughafen in letzter Minute, ihre geplante Reise nach Antalya oder Istanbul. Reiseagenten erzählten, dass die Urlaubsreisen in die Türkei "völlig gestoppt" worden seien. Ein Geschäftsmann erklärte, dass es in der Türkei für israelische Unternehmer "keine angenehme Geschäftsatmosphäre" mehr gebe. Die israelischen Firmen planen, ihre Investitionen in Höhe von etwa einer Milliarde Dollar abzuziehen.

Für die Aktivisten ist die Rechnung aufgegangen - Die Vorgeschichte

Laut der Nichtregierungsorganisation "Intelligence and Terrorism Information Center" hat der Vorsitzende von Insani Yardim Vakfi (IHH), einem der Organisatoren, Bülent Yildirim, bereits am 7. April 2010 angekündigt, dass der Konvoi ein „Test“ für Israel sein werde und dass Widerstand eine Kriegserklärung an Länder sei, aus denen sich Aktivisten an Bord der Schiffe befinden. Anlässlich des Auslaufens der Schiffe in Istanbul kündigte Yildirim an, dass Israel in der Welt isoliert sein werde und sich selber schade, wenn es verhindere, dass die Schiffe den Gazastreifen erreichen.

Israel hatte im Vorfeld mehrmals erklärt, eine direkte Durchfahrt in den Hafen von Gaza nicht zu gestatten und die Schiffe notfalls gewaltsam zu stoppen. Außerdem hatte die israelische Regierung hatte zuvor angeboten, die Ladung der Hilfsflotte in Ashdod löschen zu lassen und die Güter dann nach einer Sicherheitskontrolle in den Gaza-Streifen zu transportieren. Die Organisatoren der Aktion wiesen dieses Angebot als „lächerlich und beleidigend“ zurück, da Israel für die Blockade verantwortlich sei.

Hintergrundinfos zum Gazastreifen

Der Gaza-Streifen ist ein 364 Quadratkilometer großer Küstenstreifen am Mittelmeer und grenzt an Ägypten. Der Gazastreifen ist eines der von Israel im Sechstagekrieg 1967 besetzten Gebieten. Zuvor war er von Ägypten besetzt. Er gehört, wie das Westjordanland, zu den Palästinensischen Autonomiegebieten. Zwischen israelischen Soldaten und den Palästinensern kommt es seit der Ausrufung der zweiten Intifada im Herbst 2000 immer wieder zu blutigen Kämpfen.

Seit den Wahlen 2006 wird der Gazastreifen von der radikal-islamistischen Hamas kontrolliert. Israel nimmt die Kontrolle der Außengrenzen auf der nördlichen und östlichen Landseite, der westlichen Seeseite sowie die indirekte Kontrolle des Personenverkehrs über Videoschaltung auf der Südseite (in Zusammenarbeit mit Ägypten und der Europäischen Union) wahr.

Am 27. Dezember 2008 begann die israelische Armee als Reaktion auf den fortwährenden Raketenbeschuss Israels durch die Hamas die Operation Gegossenes Blei. Begleitet wurde diese militärische Aktion von Bombenangriffen auf Gebäude, in denen Angehörige der Hamas vermutet wurden. Dabei kamen mehrere hundert Zivilisten ums Leben

Quellen: israelnetz.de-Newsletter vom 1. Juni 2010 und wikipedia.de

Autor: Uwe Schütz

 

 

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