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Rücktritt

EKD-Chefin Dr. Margot Käßmann tritt von allen Spitzenämtern zurück

Dr. Margot Käßmann, Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD),
Pressefoto © Lawrenz

24.02.2010: Nach nur vier Monaten an der Spitze der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hat die EKD-Ratsvorsitzende Dr. Margot Käßmann ihren Rücktritt erklärt. Zugleich legte sie am Mittwoch in Hannover mit sofortiger Wirkung ihr Amt als hannoversche Landesbischöfin nieder. Die 51-Jährige zog damit die Konsequenz aus Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen einer Trunkenheitsfahrt. Frau Dr. Käßmann war am Samstagabend mit 1,54 Promille Alkohol im Blut am Steuer ihres Dienstwagens in Hannover angehalten worden.

Käßmann erklärte am heutigen Nachmittag in Hannover, sie habe einen "schweren Fehler" gemacht, den sie "zutiefst" bereue. Sie könne und wolle nicht darüber hinwegsehen, "dass das Amt und meine Autorität als Landesbischöfin sowie als Ratsvorsitzende beschädigt sind". "Die Freiheit, ethische und politische Herausforderungen zu benennen und zu beurteilen, hätte ich in Zukunft nicht mehr so, wie ich sie hatte", erklärte sie.

Noch am Morgen hatten sich die Spitzen der evangelischen Kirche noch am Morgen hinter Käßmann gestellt. In einer Erklärung hatte der Rat der EKD als oberstes Leitungsgremium der Bischöfin "einmütig" sein Vertrauen ausgesprochen.

Schneider und Synodenpräses Katrin Göring-Eckardt, Vizepräsidentin des Bundestags, äußerten in einer gemeinsamen Erklärung ihr Bedauern über Käßmanns Rücktritt. "Die Gradlinigkeit und Klarheit in ihren theologischen, sozialpolitischen und gesellschaftspolitischen Positionen werden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) fehlen", erklärten sie. Käßmanns Rücktritt sei ein schwerer Verlust für den deutschen Protestantismus.

Wer ist Margot Käßmann?

Margot Käßmann, 51, war seit Oktober 2009 Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland und damit die erste Frau in diesem Amt. Seit 1999 stand die Theologin zudem als Bischöfin der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannover vor. Käßmann war vor ihrer Bischofswahl Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentags und hatte sich in den 80er Jahren im Ökumenischen Rat der Kirchen profiliert.

Die Bischöfin war 26 Jahre lang mit dem Pfarrer Eckhard Käßmann verheiratet, von dem sie sich im August 2007 scheiden ließ. Die beiden haben vier Töchter. Im Sommer 2006 erkrankte Margot Käßmann an Brustkrebs und nahm ihren Dienst zwei Monate nach ihrer Operation wieder auf.

Die Aufmerksamkeit der Medien und der Politik erregte Predigt zum Jahreswechsel mit ihrer Kritik am militärischen Engagement Deutschlands in Afghanistan. In ihrer Rücktrittserklärung ging sie darauf ein: "Die harsche Kritik etwa an einem Predigtzitat wie 'Nichts ist gut in Afghanistan' ist nur durchzuhalten, wenn persönliche Überzeugungskraft uneingeschränkt anerkannt wird", sagte sie.

Im November 2009 hatte Margot Käßmann unter großer Anteilnahme in der Marktkirche in Hannover die Trauerandacht zum Todes des Fußballtorwarts Robert Enke gehalten.

Die Erklärung von Frau Dr. Käßmann im Wortlaut

Am vergangenen Samstagabend habe ich einen schweren Fehler gemacht, den ich zutiefst bereue. Aber auch wenn ich ihn bereue, und mir alle Vorwürfe, die in dieser Situation berechtigterweise zu machen sind, immer wieder selbst gemacht habe, kann und will ich nicht darüber hinweg sehen, dass das Amt und meine Autorität als Landesbischöfin sowie als Ratsvorsitzende beschädigt sind.

Die Freiheit, ethische und politische Herausforderungen zu benennen und zu beurteilen, hätte ich in Zukunft nicht mehr so wie ich sie hatte. Die harsche Kritik etwa an einem Predigtzitat wie „Nichts ist gut in Afghanistan“ ist nur durchzuhalten, wenn persönliche Überzeugungskraft uneingeschränkt anerkannt wird. Einer meiner Ratgeber hat mir gestern ein Wort von Jesus Sirach mit auf den Weg gegeben: „Bleibe bei dem, was dir dein Herz rät“ (37,17). Und mein Herz sagt mir ganz klar: Ich kann nicht mit der notwendigen Autorität im Amt bleiben. So manches, was ich lese, ist mit der Würde dieses Amtes nicht vereinbar. Aber mir geht es neben dem Amt auch um Respekt und Achtung vor mir selbst und um meine Gradlinigkeit, die mir viel bedeutet.

Hiermit erkläre ich, dass ich mit sofortiger Wirkung von allen meinen kirchlichen Ämtern zurücktrete. Ich war mehr als 10 Jahre mit Leib und Seele Bischöfin und habe all meine Kraft in diese Aufgabe gegeben. Ich bleibe Pastorin der hannoverschen Landeskirche. Ich habe 25 Jahre nach meiner Ordination vielfältige Erfahrungen gesammelt, die ich gern an anderer Stelle einbringen werde. Es tut mir Leid, dass ich viele enttäusche, die mich gebeten haben, im Amt zu bleiben, ja die mich vertrauensvoll in diese Ämter gewählt haben.

Ich danke allen Menschen, die mich so wunderbar getragen und gestützt haben, für alle Grüße und Blumen, die meiner Seele sehr gut getan haben in diesen Tagen. Dem Rat der EKD danke ich sehr, dass er mir gestern Abend deutlich sein Vertrauen ausgesprochen hat. Ich danke allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der hannoverschen Landeskirche und in der EKD, die mich haupt- und ehrenamtlich unterstützt haben. Insbesondere danke ich meinem engsten Team, das mir in manchem Sturm die Treue gehalten hat. Ich danke allen Freundinnen und Freunden, allen guten Ratgebern. Und ich danke meinen vier Töchtern, dass sie meine Entscheidung so klar und deutlich mittragen und heute hier sind.

Zuletzt: Ich weiß aus vorangegangenen Krisen: Du kannst nie tiefer fallen als in Gottes Hand. Für diese Glaubensüberzeugung bin ich auch heute dankbar.

Quelle: ekd.de

Wer übernimmt ihr Amt?

Nach dem Rücktritt von der EKD-Spitze übernimmt zunächst der bisherige Stellvertreter Käßmanns, der rheinische Präses Nikolaus Schneider, den Ratsvorsitz. Eine Neuwahl wird voraussichtlich bei der turnusgemäßen Synodentagung im November erfolgen.

Autor dieser Seite: Uwe Schütz

 

 

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