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Proteste gegen Mohammed-Karikaturen eskalieren

Erste Tote bei Protesten gegen Mohammed-Karikaturen

06.02.06: Die gewalttätigen Proteste in der islamischen Welt gegen die umstrittenen Mohammed-Karikaturen haben erste Menschenleben gefordert. In Afghanistan starben drei Demonstranten, in Libanon kam ein Mensch um.

UN-Generalsekretär Kofi Annan, Bundeskanzlerin Angela Merkel und andere Politiker riefen erneut zu Gewaltverzicht und Dialog auf. In Teheran war für den Abend eine Großdemonstration im Botschaftsviertel angekündigt.

Botschaften gestürmt und in Brand gesetzt

Am 4. Februar setzen Demonstranten in Syriens Hauptstadt Damaskus ungehindert die norwegische und die dänische Botschaft in Brand. Auch die Vertretungen Schwedens und Chiles im selben Haus gehen in Flammen auf. UN-Generalsekretär Kofi Annan ruft Muslime zur Annahme der Entschuldigung von «Jyllands Posten» auf. Am 5.. Februar legten wütende Muslime am dänischen Konsulat in der libanesischen Hauptstadt Beirut Feuer.

Botschaften sind Hoheitsgebiet des jeweiligen Landes

Ausländische Botschaften gelten als exterritorial, sie müssen darum nach internationalem Recht besonders geschützt werden. Gastländer haben laut dem «Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen» von 1961 die Pflicht, Missionen ausländischer Staaten «vor jedem Eindringen und jeder Beschädigung zu schützen und (...) zu verhindern, dass der Friede der Mission gestört wird».

Trotzdem kam es immer wieder zu Zwischenfällen. Zu den bekanntesten Übergriffen gehört die Besetzung der US-Botschaft in Teheran im Jahre 1979. Damals waren 444 Tage lang 52 Menschen in der Gewalt islamistischer Geiselnehmer. Dieses Geiseldrama in der iranischen Hauptstadt vergiftet bis heute die Beziehungen zwischen Teheran und Washington.

IGFM mahnt Journalisten zur Besonnenheit

Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) mahnt die Journalisten der Welt zur Besonnenheit und bittet, auf weitere Abdrucke und Nachdrucke der Karikaturen zu verzichten. Die Ablehnung, aber auch die Zustimmung von in Deutschland lebenden Muslimen zur Gewalt als Reaktion auf die Mohammed-Karikaturen bewiesen, wie wenig weit das Wissen um die Grenzen des Rechtes auf Meinungsfreiheit ausgeprägt sei. Die IGFM hält es für zwingend erforderlich, Menschenrechte zum integralen Bestandteil der religiösen Unterweisung in der Schule zu machen und eingehenden Gesprächen über die Achtung der Menschenrechte mit einbürgerungswilligen Ausländern nicht auszuweichen.

Christen in islamischen Länder in akuter Gefahr

Der Streit um Meinungsfreiheit darf nach Auffassung der IGFM nicht auf dem Rücken von Menschen ausgetragen werden, die als Unbeteiligte potentielle Opfer radikaler Islamisten werden wie z.B. die einheimischen Christen in islamischen Ländern. Als angebliche Träger westlichen Gedankenguts müssen Christen in einigen islamischen Staaten als Stellvertreter für die Politik der USA oder Europas herhalten. Die Art der Solidaritätskundgebungen zahlreicher Zeitungen mit der dänischen Zeitung Jyllandsposten erschwere die Hilfe für bedrängte Christen. Durch Öffentlichkeitsarbeit namentlich bekannt gemacht, könnten einheimische Christen vermehrt Opfer von Extremisten werden.

Statt Provokation besonnenes Handeln für Meinungs- und Religionsfreiheit

Die IGFM warnt vor jeder Art von Provokation. Nur besonnenes Handeln kann das bedrohte Recht auf Meinungsfreiheit und die Religionsfreiheit der Christlichen Minderheiten schützen. Die unreflektierte Diskussion, ob Meinungs- oder Religionsfreiheit das höhere Rechtsgut sei, spiele denen in die Hände, die die Menschenrechte von religiösen, kulturellen, historischen oder anderer Faktoren abhängig machen wollen, um ihre menschenrechtsverachtende Politik ungestört fortsetzen zu können. Diese Gefahren drohen nach Auffassung der IGFM aus angeblich religiösen Gründen nicht nur im Iran und in arabischen Ländern, sondern auch in Afrika, Indonesien und Pakistan.

IGFM erinnert an Massaker wegen der Miss-World-Wahlen in Nigeria

Die IGFM erinnert in diesem Zusammenhang an den Fall des Schriftstellers Salman Rushdie und an das Massaker in Nordnigeria im Jahr 2002. Nach der Veröffentlichung eines Kommentars, den 2002 die nigerianische Journalistin Isiama Daniel in der angesehenen Zeitung „This Day“ anlässlich der Miss World Wahlen in der nigerianischen Hauptstadt Abudja veröffentlicht hatte, explodierte in den Nordprovinzen und der Hauptstadt Abudja die Gewalt. Die Journalistin hatte die aggressive Ablehnung dieser Veranstaltung durch islamistische Führer in Nordnigeria kritisiert und gemeint, Mohammed hätte gegen die Schönheitskonkurrenz nichts einzuwenden gehabt, sondern die Schönste der Schönen geheiratet. Der Kommentar wurde zum Anlass blutiger Übergriffe genommen.

Über 200 Menschen kamen daraufhin bei Übergriffen gegen die christliche Minderheit ums Leben, tausende Christen mussten in den Süden fliehen. Mehrere Redaktionsgebäude wurden niedergebrannt, über die Journalistin und zwei Kollegen wurde eine Fatwa verhängt, christliche Einrichtungen in Nordnigeria wurden zerstört und sind bis heute nicht wieder errichtet.

AREF, 06.02.2006

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