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Das Kalenderblatt

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KW 2 / 2023

Eine Kalenderwoche weiter

 

„Die Wohnung ist unverletzlich“

Vor 25 Jahren: CDU/CSU, FDP und SPD beschließen den „Großen Lauschangriff“

08.01.1998, 20-Uhr-Tagesschau, die 1. Meldung von Dagmar Berghoff: "Der Kompromiss zum großen Lauschangriff steht. Koaliton und SPD konnten sich in der vergangenen Nacht letzte Hindernisse aus dem Weg räumen." Foto: Screenshot von ARD / aref
22.09.2011: Papst Benedikt XVI. spricht auf seiner Deutschlandreise im Deutschen Bundestag. Er zitiert dabei den Hl. Augustinus: „Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande“ Foto: Screenshot von Tagesschau in der ARD / aref

08.01.1998: Nach jahrelangem Streit einigen sich die Regierungskoalition aus CDU/CSU und FDP mit der oppositionellen SPD spät in der Nacht auf einen Kompromiss, der auf richterliche Anordnung das akustische Abhören von privatem Wohnraum erlaubt. Sie verständigen sich darauf, dass Geistliche, Strafverteidiger und Abgeordnete grundsätzlich nicht abgehört werden.

Acht Tage später stimmen 2/3 des Bundestages für die entsprechenden Änderungen von §13 / Grundgesetz.

* * *

Kritiker meinten damals, die Grundgesetz-Änderung sei der Beginn eines Überwachungsstaates, für die Befürworter sollte es die Wunderwaffe zur Bekämpfung organisierter Kriminalität werden. Doch die Bilanz nach drei Jahren war ernüchternd: Bei nicht einmal der Hälfte der untersuchten Fälle lieferten Abhörwanzen verwertbare Ergebnisse. Es sei nicht so einfach, wie man es in Filmen sieht, unbemerkt in eine Wohnung einzudringen und die Wanzen so zu platzieren, dass sie funktionieren, aber unbemerkt bleiben.

Ende der 1990er-Jahre war es ein zähes Ringen um die Einschränkung von Grundrechten und um den richtigen Weg. Aber das ist für mich echte Demokratie. Schockierend wie schnell heute Grundrechte eingeschränkt werden, wenn es ein Problem gibt.

„Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande“ (Zitat von Hl. Augustinus), sagte Papst Benedikt XVI. 2011 bei seiner Rede vor den Abgeordneten des Deutschen Bundestages. Bei den Grundfragen des Rechts, in denen es um die Würde des Menschen gehe, reiche das Mehrheitsprinzip nicht aus.

Benedikt XVI erinnerte dann an den jungen König Salomon, dem zu biblischer Zeit bei seiner Amtsübernahme eine Bitte freigestellt wurde. Und Benedikt fragte die Abgeordneten: „Wie wäre es, wenn uns, den Gesetzgebern von heute, eine Bitte freigestellt wäre? Was würden wir erbitten? Ich denke, auch heute könnten wir letztlich nichts anderes wünschen als ein hörendes Herz – die Fähigkeit, Gut und Böse zu unterscheiden und so wahres Recht zu setzen, der Gerechtigkeit zu dienen und dem Frieden.“

Autor: Uwe Schütz
Sprecher: Heiko Müller
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