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Bauen in Ostjerusalem

Streit um Wohnbauprojekt in Ostjerusalem - US-Regierung verlangt Stopp

Streit um Ostjerusalem
Der Streit um jüdisches Siedeln in Ostjerusalem, denn Araber dürfen in Westjerusalem Wohnungen kaufen Foto: israelnetz.de

20.07.09: Israel soll ein Bauprojekt des amerikanisch-jüdischen Millionärs Irving Moskowitz in Ostjerusalem stoppen. Das verlangt die amerikanische Regierung. Deshalb wurde der israelische Botschafter in Washington, Michael Oren, ins US-Außenministerium bestellt.

In den vergangenen Jahren hatte Moskowitz durch ein Wohnungsbauprojekt auf dem Ölberg Aufsehen erregt. Dieses Mal ist der Zankapfel allerdings ein Areal um das Shepherd Hotel, das der siedlungsfreudige US-Millionär im Stadtteil Sheich Dscharrah 1985 gekauft hat. Moskowitz will das Hotel, in dessen unmittelbarer Nähe mehrere Regierungsgebäude und das nationale Polizeihauptquartier liegen, abreißen und stattdessen einen Wohnkomplex bauen.

Für zwanzig Appartements und ein dreistöckiges unterirdisches Parkhaus hat er jetzt nach langem Warten von der Jerusalemer Stadtverwaltung die Baugenehmigung erhalten. Ein pikantes Detail ist, dass das Anwesen ursprünglich dem Hitlerfreund und ehemaligen Jerusalemer Großmufti Haj Amin el-Husseini gehört hat. 1945 bis 1967 diente es als Hotel. In letzter Zeit war es von der israelischen Polizei gemietet. Die Gegend um Sheich Dscharrah hat auch strategische Bedeutung, weil sie den Scopusberg und die Hebräische Universität mit Westjerusalem verbindet.

Premierminister Netanjahu: "Jerusalem ist keine Siedlung"

Schon Botschafter Oren hatte dem State Departement erklärt, Baugenehmigungen würden in Ostjerusalem gehandhabt wie in jedem anderen Teil Israels auch. Da gebe es keinen Unterschied. Kurze Zeit später polterte dann sein Chef, Premierminister Benjamin Netanjahu, deutlich vernehmbar, Jerusalem sei keine Siedlung. Bei seiner letzten Begegnung mit US-Präsident Barack Obama habe er diesen wissen lassen, dass man sich in Jerusalem keinerlei Einschränkungen auferlegen lasse.

Seinem Kabinett erklärte Netanjahu dann vor laufenden TV-Kameras: "Ich möchte noch einmal unterstreichen, dass das vereinigte Jerusalem die Hauptstadt des jüdischen Volkes und des Staates Israel ist." Die jüdische Souveränität über die Stadt stehe nicht zur Debatte und die israelische Regierung betreibe eine "Politik einer offenen Stadt".

Netanjahu: Araber dürfen überall siedeln

"Es gibt kein Verbot für Araber, sich Wohnungen im Westteil der Stadt zu kaufen", so Netanjahu weiter: "Dasselbe muss für Juden gelten, die Wohnungen in Ostjerusalem kaufen wollen." Damit spielte der israelische Premier auf die Tatsache an, dass nach israelischen Fernsehberichten allein in den vergangenen Wochen 250 arabische Familien Wohnungen in jüdischen Vierteln Jerusalems gekauft haben, "wogegen niemand etwas gesagt" hätte. "Man stelle sich nur einmal vor", stellte sich Netanjahu vor, "was passieren würde, wenn Juden verboten würde, in bestimmten Teilen von New York, London, Paris oder Rom zu wohnen oder Wohnungen zu kaufen."

Hintergrund ist der Streit um einen absoluten Siedlungsstopp

Im Hintergrund dieser jüngsten Auseinandersetzung stehen fieberhafte Verhandlungsbemühungen des US-Sondergesandten George Mitchell, zumindest auf israelischer Seite einen absoluten Siedlungsstopp zu erreichen. Im Gegenzug sollten nach amerikanischen Vorstellungen angeblich arabische Staaten den Israelis Überflugrechte und die Eröffnung diplomatischer Missionen in ihren Ländern gewähren. Die Amerikaner befürchten, dass selbst eine sehr eingeschränkte israelische Bautätigkeit in den umstrittenen Gebieten auf der arabischen Seite ihrer eigenen Glaubwürdigkeit als unparteiische Vermittler schaden könnte.

Aber auch Netanjahu hat praktisch zeitgleich ein geplantes Treffen mit Mitchell "bis mindestens" Ende Juli vertagt. Bei der Jerusalem-Frage hat die amerikanische Regierung sich ganz offensichtlich mit einem breiten israelischen Konsens angelegt. Selbst die Oppositionspartei Kadima äußerte sich durchweg mit der Linie des Regierungschefs einverstanden. Jerusalem ist die rote Linie, über die nicht diskutiert wird.

Ein Rückzug der Israelis auf die Waffenstillstandslinien von vor dem Sechstagekrieg im Juni 1967, wie ihn die internationale Gemeinschaft heute theoretisch fordert, würde bedeuten, dass mehr als 700.000 Israelis ihre Häuser räumen müssten. Im Gegensatz zum Westjordanland aber hat Israel den Großraum Jerusalem annektiert und zur Hauptstadt erklärt.

Definitonsproblem: Was ist eine Siedlung?

Der aktuelle Streit ist ein Paradebeispiel dafür, wie unterschiedliche Definitionen davon, was "legal" und was "illegal" ist, was als "Siedlung" gilt und was als legitime israelische Ortschaft, eine große Unschärfe in der Diskussion verursachen. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Frage, welche Rolle die Terminologie spielt. So hat sich die israelische Seite offensichtlich davon verabschiedet, ein "natürliches Wachstum" der bestehenden Siedlungen zu fordern. Spätestens seit der Netanjahu-Rede Mitte Juni fordern offizielle Sprecher der israelischen Regierung nur noch ein "normales Leben" für die Israelis auf umstrittenem Boden.

Derweil kritisierte die "Zionistische Organisation Amerikas" (ZOA) die Israelpolitik von Präsident Obama. ZOA-Präsident Morton A. Klein äußerte sich enttäuscht darüber, dass eine jüdische Delegation bei einem Treffen mit dem amerikanischen Präsidenten nicht klar gesagt habe, dass "die Siedlungsfrage nichts mit dem Erreichen eines echten Friedensabkommens" zu tun habe. Vielmehr werde die Siedlungsdiskussion dazu benutzt, vom wahren Grund für das Versagen des Friedensprozesses abzulenken.

Den eigentlichen Grund dafür, dass ein israelisch-palästinensischer Friede nicht in Sicht ist, sehen die amerikanischen Zionisten darin, dass die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) sich nach wie vor weigere, anti-israelische Terroristen zu verhaften oder Terrorgruppen zu verbieten. Ferner kreiden sie die anti-israelische Hetze in palästinensischen Schulen und Medien und die Verherrlichung von Terroristen an.

"Es ist absolut rassistisch und antisemitisch", so Klein, "zu verbieten, dass Juden innerhalb ihrer eigenen Gemeinden in Judäa und Samaria bauen dürfen, während die Araber überall bauen dürfen, selbst in Israel." Morton Klein trifft damit ziemlich genau die Stimmung eines beträchtlichen Teils der jüdischen Bevölkerung Israels, der die amerikanischen Forderungen als "rassistisch" zurückweist.

Der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erekat wiederholt derweil sein altes Mantra: "Der israelische Siedlungsbau unterminiert den Friedensprozess!" Zudem unterstellte er dem israelischen Regierungschef, genau zu wissen, dass ein Friedensabkommen ohne Ostjerusalem als palästinensische Hauptstadt unmöglich sei. Premierminister Salam Fajjad fordert von den USA "einen Plan und einen Zeitrahmen… um jüdische Siedlungen und israelische Offensiven zu beenden und ernsthafte Verhandlungen zu erreichen".

Sowohl Juden als auch Araber investieren Unsummen in Jerusalem in Immobilien

Jerusalem wird in jüngster Zeit offensichtlich zu einem Brennpunkt des arabischen-jüdischen Landstreits. Es sind nicht nur Juden, die mit Unsummen Immobilien in Jerusalem unter strategischen Gesichtspunkten aufkaufen. Die Araber stehen ihnen an dieser Stelle in nichts nach - und auch die Sponsoren fehlen nicht. So soll laut israelischem Fernsehen Sheich Kardawi aus Abu Dhabi Millionenbeträge zur Verfügung gestellt haben, um in Jerusalem Immobilien aufzukaufen.

Johannes Gerloff, Journalist in Jerusalem, 20.07.2009

mehr bei uns:
19.01.2006 : Zankapfel Jerusalem
25.11.2005: Was wird aus Ost-Jerusalem?

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