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Palästinenser haben gewählt

Abbas ist der neue Vorsitzende der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA)

Zwei Monate nach dem Tod von Jassir Arafat haben die Palästinenser gewählt. Mahmud Abbas von der Fatah-Partei, der auch Arafat angehörte, ist der neugewählte Vorsitzende der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA). Abbas hat bei der Wahl am Sonntag 62,3 % der Wählerstimmen erhalten. Das teilten palästinensische Wahlbeamte am Montagnachmittag nach der Auszählung in allen 16 Wahlbezirken mit.

Wie die Tageszeitung "Ha´aretz" berichtet, haben etwa 20 % der Wähler für Abbas' größten Herausforderer, Mustafa Barghuti, gestimmt. Die restlichen Stimmen verteilen sich auf die übrigen fünf Kandidaten für den Vorsitz der Palästinensischen Autonomiebehörde.

Hamas erkannt Wahl trotz Boykott an

Unterdessen gab die radikal-islamische Hamas bekannt, dass sie mit Abbas (Abu Masen) zusammenarbeiten werde. Allerdings äußerte sie Zweifel daran, dass die Wahl regulär abgelaufen sei. Dagegen spreche die Tatsache, dass die Wahllokale spontan zwei Stunden länger geöffnet blieben als geplant. Zuvor
hatte die Terrorgruppe zum Wahlboykott aufgerufen.

Reaktionen aus Israel

Der israelische Staatspräsident Mosche Katzav hat die kommenden Monate nach der Palästinenserwahl als "die schicksalhaftesten in den israelisch-palästinensischen Beziehungen" bezeichnet. Natan Scharansky, Minister ohne Geschäftsbereich, kritisierte indes, dass die Wahl vom Sonntag "nicht wirklich frei" gewesen sei.

Katzav hoffe, "dass die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) gleich morgen eine neue Anti-Terror-Politik einführt". Der neugewählte Vorsitzende der PA, Mahmud Abbas, könne "ein neues Kapitel in der Geschichte des Nahen Ostens schreiben". Laut "Jerusalem Post" sagte Katzav dies am Sonntag vor einer Delegation einer japanisch-israelischen Vereinigung.

Wenn Abbas (Abu Masen) sage, dass der Terror eine Tragödie für die Palästinenser sei, dann glaube er ihm, so Katzav. "Es ist ebenso eine Tragödie für sie wie für uns", fügte er hinzu. Es sei nicht genug, wenn Abbas sich lediglich gegen den Terrorismus ausspreche: "Als Führer seines Volkes muss er auch etwas tun. Jetzt kann er nicht länger sagen, dass Arafat ihn daran hindere, etwas gegen den Terror zu unternehmen."

Der Friedensprozess könne nun wiederbelebt werden und zu einem unabhängigen Staat Palästina führen. Israel werde nicht mehr gezwungen sein, militärisch gegen Palästinenser vorzugehen, kündigte Katzav an. "Die kommenden Monate sind die schicksalhaftesten in den israelisch-palästinensischen Beziehungen."

Der Chef der Arbeitspartei (Avoda), Schimon Peres, nannte Abbas einen "weisen Mann", der fähig sei, sein Volk zum Frieden zu führen. "Wir können nicht nur das Negative hervorheben", sagte Peres und drückte seinen Optimismus aus, dass die Wahl des "moderaten" Kandidaten einen Wandel bei den Palästinensern herbeiführen könne. Er fügte jedoch hinzu: "Der Messias wird heute nicht kommen." Man müsse nun hoffen, dass die Palästinenser Reformen durchsetzten und die Terroristen entwaffneten.

Premierminister Ariel Scharon kündigte an, Abbas anzurufen und ihn zu Gesprächen einzuladen, sobald das offizielle Wahlergebnis feststehe. Dabei solle auch über die Sicherheitskoordinierung im Gazastreifen gesprochen werden. Es gebe 30.000 Sicherheitsangestellte der PA in Gaza, und diese könnten leicht dorthin stationiert werden, von wo aus Mörsergranaten auf Israel abgefeuert werden, hieß es aus dem Büro des Premiers.

Außenminister Silvan Schalom kündigte an, mit Abbas beim ersten Treffen auch über die Freilassung von Gefangenen sprechen zu können, wenn er dies wolle.

Glückwünsche für Abbas aus aller Welt

Nachdem das vorläufige amtliche Endergebnis der Wahl zum neuen Vorsitzenden der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) bekannt gegeben wurde, haben zahlreiche Staatschefs aus der ganzen Welt Mahmud Abbas zum Wahlsieg gratuliert.

US-Präsident George Bush gratulierte Abbas am Montag per Telefon und lud ihn zu einem Besuch im Weißen Haus ein - eine Geste, die er dessen Vorgänger, dem verstorbenen Jasser Arafat, verweigert hatte:

"Ich freue mich, ihn hier in Washington begrüßen zu dürfen, wenn er kommen will", so Bush vor Journalisten im Oval Office. Die israelische Regierung müsse nun die Vision von zwei friedlich nebeneinander existierenden Staaten weiter verfolgen. Sie müsse die Palästinenser dabei unterstützen, die entsprechenden Staatsorgane aufzubauen, so Bush weiter. Die palästinensische Führung müsse die Sicherheitskräfte neu ordnen, "um die wenigen zu bekämpfen, deren Philosophie es nach wie vor ist, Israel zu zerstören".

Kein Wahlbetrug, aber keine freie Wahl

Natan Scharansky bezeichnete die Palästinenserwahl vom Sonntag als "nicht wirklich frei". "Freie Wahlen können nur in Gesellschaften abgehalten werden, in der die Menschen frei sind, ihre Meinung ohne Angst äußern können. Das ist in der Palästinensischen Autonomiebehörde nicht der Fall", so das Kabinettsmitglied. Wenn Hunderte von internationalen Beobachtern den Wahlen beiwohnten und sie als frei bezeichneten, sagten sie damit im Grunde nur, dass es keinen Betrug gegeben habe. Die palästinensische Gesellschaft bleibe trotzdem eine "Gesellschaft der Furcht", so Scharansky. "In einer freien Gesellschaft zählt jede Stimme, und nicht nur die des Hasses gegen Israel". Zudem wisse man in einer freien Gesellschaft den Namen des Siegers nicht Wochen vor der Wahl. Er fügte hinzu: "Diese Wahl kann der Neubeginn eines demokratischen Prozesses sein, aber nur, wenn wir nicht der Illusion erliegen, dass es dort bereits Demokratie gibt."

Um Unregelmäßigkeiten zu verhindern, waren etwa 6.000 internatinale Beobachter zu den Wahlen gereist. Die palästinensischen Parlamentswahlen wurden für den 17. Juli angesetzt.

Autor: Uwe Schütz, Quelle: israelnetz.de-Newsletter

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