| Großvater 
              der Nation: Ariel ScharonJohannes Gerloff aus 
              Jerusalem über den israelischen Ministerpräsidenten
               
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                | Premierminister 
                    Ariel Scharon. Foto: Johannes Gerloff |  Mit dem Schlaganfall, 
              den Ariel Scharon in der Nacht zum 5. Januar 2006 erlitten hat, 
              geht eine Ära zu Ende. "Arik", wie ihn Freund und 
              Feind salopp zu nennen pflegen, ist ein Phänomen. Kaum einem 
              anderen Politiker Israels wurden so furchtbare Gräueltaten 
              nachgesagt.  Trotzdem ist Ariel Scharon 
              in den vergangenen Jahren zum populärsten Premierminister in 
              der Geschichte des modernen Staates 
              Israel geworden, zu einer Vaterfigur, der auch die schärfsten 
              Kritiker Achtung zollen, zum Großvater der Nation. Während Neoliberale 
              und Kryptoantisemiten in Europa und Amerika noch davon träumten, 
              Scharon Kriegsverbrechen nachweisen zu können, ihn als zynisch 
              und böse charakterisierten, schwärmten Araber von 
              Kairo bis Damaskus längst von seiner Stärke, und der ägyptische 
              Präsident Hosni Mubarak steht mit seiner Meinung nicht allein: 
              "Nur Scharon kann Frieden bringen!" Der palästinensische 
              Verhandlungsminister Saeb Arekat klagt: "Ich weiß nicht, 
              ob wir in Israel jemand anderes haben, mit dem wir reden können." 
              In Israel meint ein politischer Gegner unter der Hand: "Arik 
              verbreitet durch seine Person eben eine Aura der Sicherheit." 
              Es gibt heute im Staat Israel niemanden, der das Vakuum ausfüllen 
              kann, das er hinterlässt. Das steht schon vor seinem Tode in 
              der israelischen Öffentlichkeit fest. Ariel Scharons Biografie 
              ist die Geschichte des Staates IsraelGeboren am 27. Februar 
              1928 in der Landwirtschaftssiedlung Kfar Malal als Ariel Scheinermann 
              schloss er sich bereits als Teenager der jüdischen Untergrundarmee 
              im britischen 
              Mandatsgebiet Palästina, der Haganah, an. Im 
              Unabhängigkeitskrieg 1948 
              zeichnete er sich als unerschrockener Kompanieführer in verlustreichen 
              Schlachten aus. Innerhalb weniger Wochen 
              wurde Ariel Scharon in den 50er Jahren als Anführer der "Einheit 
              101" zur Legende. Mit Terrormethoden bekämpfte diese Eliteeinheit, 
              die bald den Grundstock der israelischen Fallschirmjäger bildete, 
              im jordanisch besetzten Judäa und Samaria und im ägyptisch 
              besetzten Gazastreifen 
              den arabischen Terror. "Es ist unwichtig, 
              was die Welt über Israel sagt. Entscheidend ist, dass wir im 
              Land unserer Väter existieren können. Und wenn wir den 
              Arabern nicht zeigen, dass die Ermordung von Juden einen hohen Preis 
              kostet, werden wir nicht überleben." Mit diesen Worten 
              wurde er in den 50er Jahren vom damaligen israelischen Premierminister 
              David Ben-Gurion empfangen. Offensichtlich war das die prägende 
              Maxime des Sicherheitspolitikers Scharon, der sich andererseits 
              immer darüber im Klaren war, dass Israel nur durch Gespräche 
              und Verständigung in einem arabisch-islamisch dominierten Nahen 
              Osten überleben wird. Am Sechstagekrieg 
              beteiligte sich Scharon im Rang eines Brigadegeneral als Kommandeur 
              einer Division im Sinai. Vor seiner Pensionierung war er noch Kommandeur 
              des Südabschnitts der israelischen Armee. Im Jom-Kippur-Krieg 
              standen die Einheiten Scharons kaum 100 Kilometer vor der ägyptischen 
              Hauptstadt Kairo. Das Bild des verwegenen Militärkommandeurs, 
              der mit Kopfbinde seinen Pflichten in der Wüste am Suezkanal 
              nachkommt, steht bis heute als Symbol für die militärischen 
              Ideale Israels. In mehr als 30 Jahren 
              als Politiker war Ariel Scharon Landwirtschafts-, Verteidigungs-, 
              Handels- und Industrie-, Wohnungsbau-, Infrastruktur- und Außenminister 
              und seit Februar 2001 Regierungschef. Bei der Gründung des 
              Likud durch Menachem Begin war Ariel Scharon eine der treibenden 
              Kräfte im Hintergrund und vor wenigen Wochen gründete 
              er noch seine eigene Partei "Kadima", die innerhalb weniger 
              Tage atemberaubende Umfrageergebnisse erreichte. Ariel Scharon hat in 
              seinem Leben tiefe Krisen durchlebtNach dem Feldzug "Frieden 
              für Galiläa" 1982 ermordeten im Juni des Jahres christliche 
              Libanesen in den südlich von Beirut gelegenen Flüchtlingslagern 
              Sabra und Schatila mehr als 1.000 Palästinenser. Scharon war 
              in dieser Zeit Israels Verteidigungsminister und die israelische 
              Armee Besatzungsmacht im Libanon. Eine Untersuchungskommission der 
              israelischen Regierung befand ihn indirekt dieses Massakers verantwortlich, 
              was zu Scharons Rücktritt aus der Regierung führte. Seine erste Frau Margalith 
              kam bei einem Autounfall 1962 ums Leben. Ihr einziger Sohn Gur starb 
              im Oktober 1967 durch eine Kugel, als er mit einem Freund mit einem 
              Gewehr spielte. Nach dem Tod Margaliths heiratete Ariel Scharon 
              ihre jüngere Schwester Lilly, mit der er zwei Söhne, Omri 
              und Gilead, hat. Lilly starb im Jahre 2000. In den vergangenen Jahren 
              machten Scharon Korruptions- und Veruntreuungsvorwürfe gegen 
              seine Söhne zu schaffen. Am liebsten zeigte sich 
              Ariel Scharon als Landwirt, auf seiner "Chavat HaSchikmim", 
              der "Maulbeerbaum-" oder "Sykomoren-Farm", im 
              nördlichen Negev, auf dem Traktor, mit Schafen und Rindern. 
              Er verkörperte wie kaum ein anderer den säkularen Zionismus, 
              der konkret die Hand anlegt, um das Land aufzubauen. Trotzdem gibt es wohl 
              kaum so viele und prominente Gebetsversprechen aus aller Welt, wie 
              für die Gesundung dessen, der als "Symbol für das 
              nicht-religiöse Israel" steht. Unter den bekennenden Fürbittern 
              sind das amerikanische Präsidentenpaar George und Laura Bush, 
              US-Außenministerin Condoleezza Rice, die israelischen Politiker 
              Benjamin Netanjahu und Schimon Peres, der palästinensische 
              Premier Ahmed Qrea, sowie der Siedlerrabbi Josef Elnekaveh, den 
              Scharon im vergangenen Jahr aus seinem Heim im Gazastreifen vertrieben 
              hat, zu nennen. Der aschkenasische Oberrabbiner Jona Metzger rief 
              im israelischen Fernsehen dazu auf, für den Regierungschef 
              Psalmen zu beten. Dabei sei besonders wichtig, seinen eigentlichen 
              Namen nach jüdischer Tradition zu nennen: Ariel Ben Vera. Autor: Johannes 
              Gerloff, Korrespondent in Jerusalem, mit freundlicher Genehmigung, 
              2006 |