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"Türkei ist nicht reif für die EU"

Menschenrechtler und Islam-Experten schlagen Alarm

07.08.04: "Türkei ist nicht reif für die EU", sagen nicht irgendwelche "frommen Chaoten", sondern Menschenrechtler und Islam-Experten der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM). Christen würden weiterhin diskriminiert. Im Juli wurde sogar ein christlicher Bürgermeister umgebracht.

Zweifel an Reformwillen

Menschenrechtler und Islam-Experten sehen bisher die Kriterien für eine Aufnahme der Türkei in die Europäische Union (EU) als nicht erfüllt an. Die Diskriminierung christlicher Minderheiten bestehe fort, erklärte die IGFM in Frankfurt. Sie forderte die Europäische Union deshalb auf, strikt an der Erfüllung der Beitrittskriterien festzuhalten, zu denen gleiche Rechte für alle Bürger gehören. Trotz Reformansätzen müsse am Durchsetzungswillen der türkischen Regierung gezweifelt werden.

Anlass für die Stellungnahme der IGFM ist der Jahrestag des Lausanner Abkommens vom 24. Juli 1923, nach dem nicht-muslimische türkische Staatsbürger die gleichen bürgerlichen und politischen Rechte genießen wie Muslime. Der Bevölkerungsanteil der Christen schrumpfte im Verlauf des 20. Jahrhunderts durch Völkermord, Vertreibung und Verfolgung von rund 20 Prozent auf 0,3 Prozent. Die verbliebenen rund 80.000 armenischen und rund 15.000 syrisch-orthodoxen Christen genießen nach wie vor nicht die gleichen Rechte wie Muslime, so die Menschenrechtsorganisation.

Ermordung eines christlichen Bürgermeisters

Die Ermordung des christlichen Bürgermeisters Gevriye Aslan am 17. Juli in dem Dorf Dayro Du Slibo belege ferner, dass Christen, die auf Einladung der türkischen Regierung in ihre Dörfer zurückkehrten, ihres Lebens und Eigentums nicht sicher seien. Die IGFM forderte die EU auf, angesichts der anstehenden Entscheidung über Beitrittsverhandlungen mit der Türkei, die menschenrechtswidrige Unterdrückung von Leben und Kultur der Christen in der Türkei zu benennen.

Gesetze haben nichts verbessert

Eine anhaltende Benachteiligung von Christen in der Türkei beklagt auch das Institut für Islamfragen der Deutschen Evangelischen Allianz. So genannte EU-Harmonisierungsgesetze der türkischen Regierung und die darin enthaltenen Regelungen zur Religionsfreiheit hätten nicht dazu geführt, die Situation der Christen zu verbessern. Nach wie vor komme es zu Enteignungen kirchlichen Eigentums. Vor allem armenische Stiftungen seien davon betroffen. Außerdem verhinderten die Behörden durch komplizierte und langwierige Genehmigungsverfahren weithin den Bau von Kirchen. Die Ausbildung von Geistlichen sei seit 1970 verboten.

Völkermord an 2 Millionen Christen wird nach wie vor tabuisiert

Ferner tabuisiere die Türkei den Völkermord an 1,5 Millionen Armeniern und etwa 500.000 assyrischen Christen während des Ersten Weltkrieges. Allein die Erwähnung werde strafrechtlich verfolgt. Das 1999 gegründete Institut für Islamfragen will Christen besser über den Islam informieren und Christen zu einem Dialog mit Muslimen befähigen. Leiter sind die Islamwissenschaftlerin Christine Schirrmacher, Bonn und der Islamkundler Andreas Maurer, Uster in der Schweiz. Vorsitzender des Instituts ist Pastor Horst Marquardt aus Wetzlar.

Quelle: idea

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