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TV-Moderator sprach mit Gefangenen von Guantánamo

Ex-Guantanamo-Häftlinge sind psychisch gebrochen

Gefangene im US-Gefangenenlager Guantánamo auf Kuba

14.02.06: Ehemalige Häftlinge des US-Gefangenenlagers Guantánamo auf Kuba sind nach Recherchen des Autors und TV-Moderators Roger Willemsen häufig psychisch gebrochen, traumatisiert und mittellos. Willemsen, der Interviews mit fünf unschuldigen Ex-Häftlingen geführt hat, berichtete am Freitag, 10.02.2006, in Berlin von Folter und gezielten Demütigungen, denen die Männer ausgesetzt gewesen seien.

Zwei Russen, ein Jordanier, ein Palästinenser und ein Afghane sagten aus

Der TV-Moderator sprach mit zwei Russen, einem Jordanier, einem Palästinenser und einem Afghanen, die von den USA für unschuldig erklärt und aus dem Lager entlassen worden waren. Die Betroffenen seien zum Teil über Monate nicht verhört worden, hätten Medikamente bekommen, die Wahrnehmungsstörungen hervorriefen, oder seien von weiblichen Wachen sexuell provoziert worden. Die Dolmetscher seien zum Teil sehr schlecht gewesen. Willemsen betonte, dass sich alle Interviewten angestrengt hätten, wahrhaftig zu sein. Das habe sich daran gezeigt, dass sie sehr präzise gewesen seien und Suggestivfragen nach bestimmten Foltermethoden verneint hätten, wenn sie das nicht erlebt hätten. Für die Interviews sei kein Geld gezahlt worden.

Drei Jahre lang unschuldig im Guantánamo-Lager

Zu den Befragten gehört der Afghane Khalid Mahmoud al-Asmar, ein Gewürzhändler, der durch ein Bombardement in die Hände der Taliban geriet. Die Taliban hätten ihn in einen Keller des Gefängnisses in Masar-i-Sharif gesperrt, dessen Flutung er nur knapp überlebt habe. Anschließend wurde al-Asmar von den Amerikanern festgenommen und über mehrere Zwischenlager nach Guantánamo gebracht. Dort war er drei Jahre lang. Seine Familie erfuhr erst nach neun Monaten, wo er sich aufhielt.

Willemsen kritisiert die deutschen Medien

Willemsen kritisierte scharf, dass deutsche Medien bislang kein einziges Interview mit ehemaligen Guantánamo-Häftlingen veröffentlicht hätten. „Das ist kein Ruhmesblatt für den deutschen Nachrichtenjournalismus“, sagte der Autor, der seine Interviews als Buch mit dem Titel „Hier spricht Guantánamo“ publiziert hat. Willemsen ist auch Botschafter für amnesty international und hat einige Kontakte zu Ex-Häftlingen mit Hilfe der Menschenrechtsorganisation hergestellt.

Hintergrund

Die US-Regierung bezeichnet die zumeist aus Afghanistan oder arabischen Ländern stammenden Häftlinge als "feindliche Kämpfer". Nach ihrem Standpunkt stehen ihnen die in den USA geltenden verfassungsmäßigen Rechte nicht zu, da sie außerhalb der USA (auf Kuba) inhaftiert sind. Der Großteil der Häftlinge wird verdächtigt, das gestürzte radikal-islamische Taliban-Regime in Afghanistan oder die El-Kaida des Moslem-Extremisten Osama bin Laden unterstützt zu haben. Verteidigungsminister Donald Rumsfeld nannte sie "die Schlimmsten der Schlimmen". Die bislang bekannt gewordenen Einzelfälle sprechen jedoch gegen diese Behauptung. Laut Amnesty International wurden die meisten der über 600 Häftlinge aus 42 Ländern vielmehr willkürlich festgenommen und verschleppt.

Buch: Roger Willemsen: Hier spricht Guantanamo. Roger Willemsen interviewt Ex-Häftlinge. Verlag Zweitausendeins

Quelle: jesus.de / epd

AREF, 14.02.2006