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Leserbrief

Bundeswehrsoldaten nach Afghanistan?

Offener Brief an alle Mitglieder des Verteidigungsausschusses im Deutschen Bundestag

Sehr geehrte/r ...
für Ihre Arbeit als Mitglied des Deutschen Bundestages möchte ich Ihnen zunächst herzlich danken!

Sehr besorgt bin ich allerdings über die Entscheidung des Bundeskabinetts, Bundeswehrsoldaten im Krieg gegen den Terror einzusetzen. Ich kann die uneinschränkte Meinung pro Afghanistan-Krieg nicht nachvollziehen.

Ich bin bestimmt kein Pazifist. Ich habe mich 1974, als der Trend eher in eine andere Richtung ging (gegen NATO) für zwei Jahre bei der Bundeswehr verpflichtet. Aber die Rolle der Bundeswehr hat sich still und heimlich verändert. Das ist Ihnen als Mitglied des Verteidigungsausschusses sicher schon länger bewusst als mir.

Fällt uns "zivilisiertem“ Westen denn nichts anderes ein, als Terror mit Krieg / Terror zu beantworten?

  • Krieg sollte das letzte Mittel sein ! Wo waren - und sind - die ersten Mittel ?

  • Das Taliban-Angebot der Auslieferung an ein Drittland hat man nicht einmal ansatzweise aufgegriffen.

  • Warum kann man nicht einmal laut über die Forderung "Abzug des amerikanischen Militärs von moslemischen Boden" von Bin Laden nachdenken?

Der politische Weg wurde gar nicht erst beschritten! Jeder Moslem fühlt sich dabei nicht ernst genommen und bekommt die Wut. Treiben wir mit unserer Ignoranz nicht friedliche Moslems in die Hände von Exstremisten?

Mit dem Afghanistan-Krieg haben die USA die Spirale der Gewalt nur weitergedreht. Wenn man Bin Laden greifen oder töten kann, stehen 10 neue Bin Ladens auf ! Jetzt sind die Taliban auf dem Rückzug. Aber sie werden im Untergrund weiterkämpfen. Einen Märtyrer können sie jetzt gut gebrauchen!

Gibt es überhaut stichhaltigen Beweise, dass Bin Laden der Drahtzieher der Terroranschläge vom 11. September ist?

Wenn sich unser Bundeskanzler und unser Außenminister mit unseren "Streitkräften" weiterhin beim amerkanischen Präsidenten anbiedern, wird der weltweite Zorn der moslemischen Welt auch uns treffen. Wollen wir, Deutschland, an diesem Joch ziehen?

Kann man den USA nicht auf andere Weise in ihrem Schmerz, in ihrem verletzten Stolz helfen?

Was innere Sicherheit / Terrorbekämpfung angeht, ist Ihre Fraktion sehr gut aufgestellt. Aber seit dem Kosovo-Krieg frage ich mich:

Gibt es im Deutschen Bundestag überhaupt noch so etwas wie Friedenspolitik?

Die Ziele des Krieges gegen Afghanistan sind nicht einmal klar. Zunächst ging es darum, Bin Laden zu fassen. Jetzt will man ein Land - und vor allem die Frauen und Mädchen - befreien und hat noch nicht einmal ein Konzept, wie es danach weitergehen soll !

Es lässt den Verdacht aufkommen, dass es den Amerikanern wieder um ganz andere Dinge geht (vgl. Golfkrieg).

Wer so vorgeht wie die Amerikaner in Afghanistan,
der dämmt nicht den Terror ein,
sondern er fördert Terror.

Was kann man tun, denn das Ding ist ja kaum noch aufzuhalten ?

War es gut, auf Grund eines Terroanschlages - und sei er auch noch so groß - den Verteidigungsfall zu erklären? Kann man den Beschluss korrigieren ?

Wann fangen wir an, bei den Themen, die die Amerikaner vorgeben, selber zu denken und Europa-Politik zu machen? Wenn wir immer nur nach der Wallstreet schielen, kommt der Euro nie in Fahrt.

Was hat Amerika dazu getrieben, den Afghanistan-Krieg zu beginnen?

      • Rache ?

      • Hochmut ?

      • oder "höhere" Interessen ?

Sie sollten sich als Mitglied es Deutschen Bundestages nicht davon anstecken lassen !

Wenn keiner die Politik der Amerikaner - öffentlich - hinterfragt, dann werden Sie bei den Wahlen 2002 die Quittung bekommen. Die einzige Oppositionspartei im Deutschen Bundestag zu dem Thema ist leider die PDS. Die "uneingeschränkte Solidarität" mit Amerika treibt dann viele bewussten Christen zu den Splitterparteien.

Lassen Sie sich nicht von Ihrer Parteispitze unter Druck setzen!
Hören Sie auf Ihr Gewissen!
Ich wünsche Ihnen gute, das heißt offene Gespräche!
Nutzen Sie die letzten 48 Stunden!

Herzliche Grüße

Uwe Schütz, 13.11.2001

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