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Israel - 4.000 Jahre in 2x 5 min.

gesendet am 13. Februar 2011 von Dr. Hans Frisch
 

FAZ titelte: "Fluch des Pharao"

Als ich am vorigen Samstag die FAZ aus dem Briefkasten holte, stutzte ich. Auf der ersten Seite schaute mich ein Gesicht an - fast genau das gleiche wie am Vortag. Erst die Überschrift zeigte, dass es kein Irrtum war. "Fluch des Pharao" stand am Freitag über dem Bild, und jetzt "Fluch des Pharao II". Natürlich ging es ausführlich um Ägypten - und einleuchtend wurde dargestellt, wie Mubarak wohl meint, dass er, wie einst der Pharao, Garant für Bestand und Wohlergehen des Landes ist. Darum kam auch der Ruf auf: "Der Pharao muss weg!"

Fast pausenlos und endlos sind im Fernsehen Gesprächsrunden zu dem Thema. Experten aller Art kommen zu Wort, und wieder und wieder sind Bilder aus Kairo zu sehen, zunehmend auch Bilder aus der arabischen Welt im Osten, wo es auch schon brodelt. Mittendrin das kleine Israel - mit schier unlösbaren Problemen, zunehmend kritisch betrachtet und beurteilt, drohend beschimpft aus dem Iran, der Atommacht werden will. Kein Wunder, dass die Frage nach den Folgen für Israel auch immer wieder in den Diskussionen gestellt wird. Wir haben darauf auch keine Antwort, und an den Gesprächen der Experten können wir uns nicht beteiligen - doch wollen wir versuchen, die frühen geschichtlichen Wurzeln der heutigen Situation zu betrachten.

Die Geschichte beginnte am Euphrat, also im heutigen Irak

Der Anfang liegt in Ur, eine uralte Stadt am Unterlauf des Euphrat (also im heutigen Irak). Dort war Abraham geboren, dort hatte er die Stimme des einen Gottes gehört, war ausgezogen aus seiner Heimat und seiner Verwandtschaft mit ihren vielen Göttern, bis nach Kanaan, dem späteren und heutigen Israel. Doch zunächst zog er weiter bis nach Ägypten, als ob er den Raum der späteren Geschichte abschreiten wollte - zwischen Euphrat und Nil. Danach lässt sich nieder in dem verheißenen Land, d.h., er lebt hier als Nomade im Land der Kanaaniter und der Perisiter, und er hört die Verheißung Gottes: 1 Mose 13,15 + 16

Blick auf und schau von der Stelle, an der du stehst, nach Norden und Süden, nach Osten und Westen. Das ganze Land, das du siehst, will ich dir und deinen Nachkommen für immer geben. Ich mache deine Nachkommen zahlreich wie den Staub auf der Erde. Nur wer den Staub auf der Erde zählen kann, wird auch deine Nachkommen zählen können.

Das mit den Nachkommen ließ aber auf sich warten. 100 Jahre war Abraham alt, als Sahra ihm endlich einen Sohn gebar - Isaak. Bei Isaak dauerte es auch, dann bekam er zwei Söhne - Zwillinge. Jakob und Esau (eigentlich umgedreht, denn Esau wurde zuerst geboren, hat aber später sein Erstgeburtsrecht für ein Linsengericht an Jakob verkauft). Isaak und Jakob, beide holten ihre Frauen vom Euphrat.

Mit den Kindern von Israel beginnt die Geschichte des Volkes

Jakob hat schließlich zwölf Söhne. Nach einem Kampf mit dem Engel bekommt er den Namen "Israel", "Gottesstreiter" - und mit den Kindern Israels beginnt die Geschichte des Volkes. Dieser Anfang liegt in Ägypten.

Wer die Geschichte von Joseph kennt, der weiß, wie die Jakobsfamilie nach Ägypten kam. Eine Hungersnot trieb sie dorthin, wo Joseph inzwischen der mächtigste Minister geworden war. Der gab seinen Brüdern fruchtbares Land im Nildelta - und fruchtbar wurden auch die Familien in den nächsten 400 Jahren. Als sie schließlich auszogen - spektakulär unter der Führung des Mose - da waren sie schon ein Volk. Auf der Sinaihalbinsel, dort auf dem Berg Horeb, da wurden sie zum Volk Gottes durch einen heiligen Bundesschluss.
40 Jahre dauerte es bis sie im gelobten Land ankamen - doch das war bewohnt und musste erst erobert werden.

Musik

Die Geschichte des Volkes beginnt mit der Flucht aus Ägypten

Die Geschichte des Volkes Israel beginnt mit der Flucht aus Ägypten - eigentlich schon früher, mit einer Verheißung. Aus einem brennenden Dornbusch heraus hört Mose Gottes Stimme - des Gottes Abrahams Isaaks und Jakobs: "Führe mein Volk aus der Knechtschaft in Ägypten, in ein Land, darin Milch und Honig fließt."
Es gibt Filme über Mose und den Exodus - wie schon gesagt, dauerte es 40 Jahre ehe sie in dem Land ankamen, das sie dann erst noch erobern mussten von den Kanaanitern, den Amoritern, den Perisiternern, den Hiwittern und den Jebusitern. Auch das dauerte seine Zeit, und die Kämpfe waren mit dem Sieg noch lange nicht zu Ende.

Von 12 Stämmen blieb nur einer übrig

Von fast 100 Jahren berichtet das Buch der Richter. Immer wieder heißt es: "Die Israeliten taten, was dem Herrn missfiel" - sie feierten die Opferfeste der Landesgötter mit, Feste mit Wein, Weib und Gesang - und vergaßen den Gott, der sie aus Ägypten gerettet hat. Als Folge unterlagen sie dem Angriff von Nachbarstämmen - dann taten sie Buße, und unter der Führung eines von Gott berufenen Richters konnten sie sich befreien. Schließlich wurde ein König gewählt, zuerst Saul, danach David, und Israel wurde zur Großmacht, für kurze Zeit. Bald kam es zur Spaltung: Zehn Stämme trennten sich von Juda, dem Königstamm mit Jerusalem. Doch all diese Stämme gingen unter bei der Invasion der Assyrer, übrig blieb nur Juda - und Jerusalem war die einzige große Stadt, die von Assur nicht erobert wurde. Deshalb ist danach die Rede vom "jüdischen Volk" und nicht mehr vom "Volk Israel".

Der letzte Stamm gerät in babylonische Gefangenschaft

In Juda gab es eine Reihe von Königen, die taten, was dem Herrn wohlgefiel, doch ebenso viele frönten dem Götzendienst. Politisch schlimmer war, dass sie mit Ägypten paktierten, obwohl sie einen Vasallenvertrag mit Babylon, der neuen Weltmacht am Euphrat hatten. Auch eine Strafexpedition des babylonischen Heeres, das eine Reihe hochstehender Geißeln mitnahm, änderte nichts.

Die Strafe war furchtbar, Jerusalem wurde erobert und zerstört, auch der Tempel. Das Volk, vor allem die Elite wurde nach Babylon in die Gefangenschaft geführt. "An den Wassern Babylons saßen wir und weinten" singt ein Psalm als Klagelied - also am Euphrat! Jetzt endlich merkte das Volk, dass die Propheten mit ihren Warnungen und Drohungen recht hatten.
Neue Propheten traten nun auf: "Tröstet, tröstet mein Volk" spricht Gott durch den Deuterojesaja - seine Texte gehören zu dem Schönsten, was in menschlicher Sprache geschrieben ist. Er verheißt die Befreiung und Rückkehr, er verspricht die Vergebung in den erschütternden Versen vom leidenden Gottesknecht, der die Schuld des Volkes auf sich nimmt und die Strafe stellvertretend erleidet.

Das Volk kehrt geläutert zurück, doch gerät unter Besatzung

Die Rettung kommt wirklich. Kyros, der Perser, Herrscher des neuen Weltreiches, schickt die Gefangenen Babylons nachhause, den Juden gibt er sogar Mittel und Beamte zum Aufbau des Tempels mit. Anders als die Flucht vom Nil am Anfang ist die Heimkehr vom Euphrat ein freudiger Marsch. Doch es bleibt unruhig. Alexander der Große besiegt Persien - auch Ägypten. Jetzt gehört Juda zum griechischen Reich.

Unter der Besatzung werden die Messias-Hoffnungen hellwach

Alexander ist tolerant und beliebt, seine Nachfolger sind es nicht. Wieder tobt Krieg, der Befreiungskampf der Makkabäer. Eine Reihe zweifelhafter bis fürchterlicher jüdischer Könige folgt, bis das Land unter römische Besatzung kommt. König von Roms Gnaden in Jerusalem wird Herodes, unter seiner Herrschaft wird Jesus geboren. Es ist der Beginn einer Zeitenwende - und wieder zwischen Mesopotamien und Ägypten, denn vom Euphrat kommen die weisen Sterndeuter. Ihre Botschaft und ihre Weihegabe sind für Maria wohl die Bestätigung: "Dieses Kind ist der Messias." Zugleich sind sie Ursache für die Flucht nach Ägypten - an den Nil. Sie hatten Herodes von dem Stern des Messias erzählt, nicht ahnend, welche Folgen das haben musste.

Nach Herodes haben römische Statthalter das Sagen im Süden der Provinz Judäa und in Jerusalem. Unter dem Prokurator Pilatus stirbt Jesus am Kreuz. Dabei hatten so viele gehofft, er wäre der verheißene Retter, der Messias - und sehr viele waren bereit zum Aufstand gegen die Römer. Doch Jesus sah sich als "leidenden Gottesknecht", der durch seinen Tod Vergebung bringt. Nach dem Tod am Kreuz geschahen eigenartige Dinge, den Jüngern erschien der auferstandene Jesus. Sie erkannten: "Er ist wirklich der Messias!" (griechisch "der Christus"). Und beim Pfingstfest, 50 Tage später, da begreifen es 3.000 der Festpilger im Tempel. Die Gemeinde Christi war geboren.

Musik

In 2 mal 5 Minuten haben wir jetzt in zwei Jahrtausende geschaut - "vor Christus"; jetzt bleiben uns 5 Minuten für 2.000 Jahre nach Christi Geburt. Mit Israel haben die nicht viel zu tun - könnte man meinen - zumindest die 1948 Jahre bis zur Gründung des heutigen Staates Israel. Und: hatte die Zeitenwende damals etwas mit Christus zu tun? (Wir wissen, "Christus" heißt "der Messias" auf Griechisch). Mit Christus nicht, aber sehr viel mit Messias.

Aus Judäa wird Palästina

Eine wilde - schließlich verzweifelte Messiashoffnung war Auslöser des Aufstandes der Juden gegen Rom. 100 Jahre nach der Kreuzigung kam es zum letzten, gewaltigen Kampf, dem "Bar Kochba Aufstand". "Sternensohn", "Bar Kochba" nannte sich der Anführer, der sich als Messias ausgab, vom berühmten Rabbi Akkiba bestätigt. Danach "wurde den Juden die ganze Welt zur Heimat und ihr Herz zum einzigen Tempel den sie besaßen", so schließt eine zweibändige "Geschichte Israels". Jerusalem war dem Erdboden gleichgemacht, darüber eine neue römische Stadt gebaut, die bei Todesstrafe kein Jude betreten durfte. Auf dem Zionsberg stand ein Jupitertempel. Selbst der Name "Judäa" war ausgelöscht, "Palästina" hieß es jetzt, "Land der Philister".

Um das zu verhindern, hatte damals die Priesterschaft den Tod Jesu beschlossen - zu viele hielten ihn für den Messias, besonders die rebellischen Galiläer, und für die hieß "Messias" "Aufstand". Nun war die politische Messiaserwartung zusammengebrochen, doch durch den neuen Messiasglauben an Christus begann ein neues Zeitalter, ein "christliches".
Dessen Tempel stand in Rom, es eignete sich das jüdische Alte Testament an, gewissermaßen als Erbe. Zeitweise herrschte sogar ein christlicher König im "Königreich Jerusalem".
Die Kämpfe um das Heilige Land konnte schließlich der Islam für sich entscheiden, 400 Jahre gehörte es zum osmanischen Reich, bis nach dem Ersten Weltkrieg. Neben vielen Einwanderern wohnten immer auch Juden in ihrer eigentlichen Heimat, und die Hoffnung und Sehnsucht nach Jerusalem blieb lebendig im Herzen der Juden auf der ganzen Welt. "Nächstes Jahr in Jerusalem" war jedes Jahr das Schlusswort des Passahfestes. So blieben sie trotz Zerstreuung und Verfolgungen ein Volk.

Schließlich trieb die drohende Vernichtung viele in ihre alte Heimat - die zionistische Vision des Theodor Herzl und der organisierte Zionismus hatten den Weg gewiesen und gebahnt.
Durch den Zusammenbruch des osmanischen Reiches nach dem Ersten Weltkrieg wurde England Mandatsmacht in Palästina, und förderte die Rückkehr. Der Holocaust erzeugte den gewaltigen Druck, der zur zahlreichen Einwanderung führte.

Der Beginn des Staates Israel

Nur der Anfang war friedlich. Die Feudalherren des Landes verkauften gern schlechtes Land für gutes Geld an die Zionisten - doch bald war daraus gutes Land geworden durch harte Arbeit, durch modernes Know-how verbunden mit Kapital. Dieses Land gehörte nun den Juden - die bisherigen Pächter konnten allenfalls bei ihnen arbeiten. So kam es zu sozialen Spannungen. Aus Nachbarländern, auch aus entfernten Gebieten kamen Gastarbeiter - wir erleben die Probleme, die sich daraus entwickeln, auch die Gefahren die durch Missbrauch und Hetze entstehen. Wahrscheinlich ist ein Teil der Problematik die Konfrontation abendländischer Kultur und Gesellschaftsordnung mit islamisch arabischer in einem Land - fast stellvertretend für das Abendland und die islamische Welt.

In Israel dürften angesichts der Lage in Ägypten sehr gemischte Gefühle herrschen

Damit sind wir in unserer Zeit angekommen. Gestern stand oben auf der Titelseite der FAZ: der Pharao geht. Gespannt schaut die Welt nach Ägypten und in die arabischen Länder; in Israel dürften sehr gemischte Gefühle herrschen. Noch einmal die Frage: hat das mit Christus irgendetwas zu tun? Damals und heute ist jede politische Messiasdeutung ein Irrtum, damals hat sie in die Katastrophe geführt, heute ist die Gefahr einer politischen Deutung des Christus immer noch real.

Jesus wollte und will nicht die menschlichen Verhältnisse verbessern, er will Menschen erlösen. Er ist gekommen, um "Sünder selig zu machen". Und wo das geschieht, da ändern sich auch Beziehungen und Verhältnisse, manchmal sogar bis ins Politische.

Dr. Hans Frisch