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Religion im 3. Reich und Glaube

gesendet am 21.11.2004 von Dr. Hans Frisch
 

Religiöser Missbrauch im Dritten Reich

Vielleicht erinnert sich dieser oder jene an meinen Beitrag zum Film "Der Untergang" vor einigen Wochen. Die beklemmende Frage war:

„Wie konnten aufrechte, tapfere Männer, hoch dekorierte Generäle bis zum bitteren und fürchterlichen Ende einem offensichtlich nicht mehr zurechnungsfähigen Führer Gehorsam leisten?“

In der Phantasie hatten wir einen jungen Mann begleitet aus dem Ersten Weltkrieg durch die zwanziger Jahre mit ihren Wirren und Katastrophen bis zu den Reichsparteitagen in Nürnberg.

Hitler präsentiert sich auf den Reichsparteitagen als Retter und Erlöser

Man muss sich die Filme ansehen. In einem Lichtdom von 150 Flakscheinwerfern rings um das Zeppelinfeld präsentierte sich der Führer als Retter und Erlöser des Volkes dort oben auf der Tribüne. Es war eine religiös aufgeladene Atmosphäre - und nicht wenige werden hier (oder bei anderen ähnlichen Feiern) ein heiliges Gelöbnis geleistet haben: „Unsere Ehre heißt Treue.“

Lichtdom um das Nürnberger Zeppelinfeld. 150 Flakscheinwerfer leuchteten bis zu 8 km hoch in den Himmel, wo sie sich durch die Lichtstreuung zu einer Kuppel vereinigten. Quelle: www.nuernberg.de Adolf Hitler präsentiert sich im Lichtdom in Nürnberg als Retter und Erlöser

Diese Treue war leicht, beim siegreichen Vormarsch nach Osten, sie wurde geprüft mit zunehmenden Schwierigkeiten und Verlusten - und zuletzt, da hätte das Aufgeben der Treue die Einsicht und das Bekenntnis verlangt: „Wir sind einem Verbrecher gefolgt, haben Millionen junger Menschen geopfert und die Vernichtung über unsere Städte gebracht.“

Ich hatte behauptet, und behaupte weiter:

„Der Gehorsam war im religiösen Bereich der Menschen eingepflanzt, und deshalb so bindend.“

Ich habe es selbst als Junge miterlebt und kenne das Gefühl.

"Es war nicht die Religion, es war nicht lebendiger Glaube, was die Nazis missbrauchten, es waren die religiösen Bedürfnisse, die religiösen Anteile die jeder Mensch hat. Und da wird für mich die Frage des Films beklemmend aktuell: Verbindliche Religion und lebendiger Glaube sind eine Randerscheinung in unserer westlichen Welt. Welche Möglichkeiten ergeben sich aus den unbefriedigten religiösen Bedürfnissen, aus den leeren religiösen Anteilen der vielen Menschen für einen Mißbrauch? Der Aufmarsch überzeugter Neonazis läßt etwas ahnen, von dem, was kommen kann - aber ganz andere Szenarien sind denkbar, und vieles, was scheinbar nicht damit zusammenhängt und in die Katastrophe führen kann, hat letztlich hier die Wurzeln - in der fehlenden Verbindlichkeit des Religiösen und in den unbefriedigten tiefen Bedürfnissen, die mit Erfolg, Reichtum und Macht nur oberflächlich zu stillen sind. Nicht die Verdrängung des Religiösen bannt die Gefahren sondern die bewußte Klärung - und die ist im christlichen Abendland nur möglich in der Klärung unserer Beziehung zu Jesus Christus. Das wäre ein Thema für eine neue Sendung."

Das war der Schluss meines Beitrages - und das soll jetzt das Thema sein. Bei wenig Themen sind so viele Missverständnisse möglich wie bei dem Thema Religion. Da ist es hilfreich, zuvor die Begriffe zu klären.

Was ist Religon?

Religion - das ist ein Phänomen, das die Menschheit begleitet von den Ursprüngen. Die ersten Zeugnisse menschlicher „Kultur“ sind Gräber – viel älter als die Pyramiden und als dieTerrakottaarmee - und das sind Zeichen einer Hoffnung, eines Denkens, eines Glaubens über den Tod hinaus.

Zu den schönsten und wichtigsten Bauwerken gehören Tempel und Heiligtümer - Orte, wo die Menschen dem Heiligen, der Gottheit, begegnen wollten und begegneten. Stonhenge mit seinen gewaltigen Monolithen, griechische Tempel mit der unglaublichen Harmonie von Säulen und Giebeln, die Dome der Gotik und auch die Sebalduskirche mit den himmelanstrebenden Säulen und Gewölben im Ostor - sie lassen ahnen, wie wichtig Religion für die Menschheit war.

Nach der Musik wollen wir schauen, ob wir die Quelle, den Ursprung dieser Kraft ahnen können und wo sie geblieben ist.

Musik

Wir haben nachgedacht über das Menschheitsphänomen Religion. Neben dem Phänomen der Macht hat Religion die Geschichte durch alle Zeitalter geprägt. Wir können sicher sein, dass etwas so Starkes und Konstantes seine Wurzeln in grundlegenden menschlichen Bedürfnissen hat. Mag am Anfang das Rätsel des Todes nach Antworten verlangt haben, die im Glauben an ein Jenseits gefunden wurden - bald tauchte die Sehnsucht, das Verlangen auf, mit dem, was da hinter dieser Grenze ist, Beziehung aufzunehmen, schon im Leben.

Weil die Grenze nicht zu überschreiten ist, weil das, was dahinter ist immer verborgen bleibt und weil es alle Vergänglichkeit überdauert - deshalb war es ein heiliges Geheimnis, und der Zugang dazu verlangte heilige Handlungen, heilige Räume und heilige Personen, die eine Verbindung herstellen können.

Die Größe und Schönheit der heiligen Räume, die Bedeutung und Macht der Heiligen Priester und die Farbigkeit, die Pracht, die Lebendigkeit der heiligen Feste lassen ahnen, was für eine unerschöpfliche Kraftquelle diese religiöse Sehnsucht in den Menschen ist. Deshalb haben alle Mächtigen diese Kraftquelle für sich genutzt - vielleicht ist wirkliche Macht ohne diese Kraft gar nicht möglich.

Wir brauchen gar nicht in die Geschichte zu sehen, um zu wissen, dass da furchtbarer Missbrauch möglich ist und nicht ausbleiben kann - und wirklich, die Geschichte ist voll davon. Heilige Kriege, Kreuzzüge, Menschenopfer der Azteken und Inkas, Massenselbstmorde, und, und, und...

Abschaffung der Religion, weil sie Unheil schafft?

Eine Illusion ist die Vorstellung, nur der Glaube an Gottheiten könnte so etwas mit sich bringen. Die Führer der französischen Revolution versprachen gerade das Heil durch die Abschaffung Gottes - und sie brauchten dazu die Guillotine, weil die Scharfrichter sonst die blutige Arbeit nicht geschafft hätten. Es war wie das Vorspiel zu einer Revolution, die endgültig die Religion abschaffen wollte zum Heil der ganzen Menschheit. Die Zahl der Menschenopfer, die Stalins Heilsversprechen gekostet hat übertrifft noch die Opfer, die für Hitlers „tausendjähriges Reich“ starben - und beide übertreffen weit alle Opfer, die je im Namen der Religion gebracht wurden.

Unter den Opfern dieser gottlosen Religionen waren viele, die wegen ihres Glaubens an Gott in den Tod gingen. Ich glaube, wir ahnen, dass die Abschaffung der Religion nicht das religiöse Bedürfnis, die religiöse Sehnsucht im Menschen abschafft, so wenig, wie die Abschaffung der Ehe das sexuelle Verlangen abschaffen würde.

Gibt es einen Gott und gibt dieser Gott sich uns erkennen?

Die entscheidende Frage ist: „Gibt es auf diese Sehnsucht und dieses Verlangen eine gültige Antwort - gibt es einen Gott, und gibt dieser Gott sich uns erkennen?“.

Die Antwort auf diese Frage entscheidet, ob aus religiöser Sehnsucht Glaube wird. In vielerlei Gestalt ist diese Frage mit JA beantwortet worden in der Menschheitsgeschichte, und verschiedene solcher Antworten gibt es unter uns – „verschiedene Religionen“ nennen wir das.

In der Bibel finden wir die Geschichte, wie Gott sich Abraham ganz persönlich offenbart hat, wie seine Nachkommen an dieser Offenbarung festgehalten haben, wie sie zu einem Volk wurden und einen Bund geschlossen haben mit Gott, wie sie diesen Bund mehr schlecht als recht durch die Jahrhunderte gehalten haben - und dass Gott sie unabänderlich liebte - oft in Trauer und Zorn.

Diese Liebe galt nicht nur seinem auserwählten Volk, aber in der Geschichte vom Volk Gottes sollte seine Liebe zu allen Menschen sichtbar und erkennbar werden. „Als die Zeit erfüllt war“, als das religiöse Fragen weit genug geklärt war, da wagte Gott den letzten Beweis seiner Liebe. Jesus erklärt es einem jüdischen Ratsherren in einem nächtlichen Gespräch so:

„So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab,
damit alle die an ihn glauben nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.“ (Johannes 3, 16)

„Eingeborener Sohn“, das heißt: Gott hat nichts mehr, was er einsetzen könnte um seine Liebe zu offenbaren! Wenn das so ist, dann entscheidet sich an unserer Antwort auf diese Offenbarung, ob unsere religiöse Sehnsucht an das Ziel kommt.

Wenn wir die Antwort verweigern, versäumen oder verschlafen, bleiben unsere religiösen Bedürfnisse durchaus lebendig - und der bunte Markt der religiösen Angebote zeigt, wie gut damit Geschäfte zu machen sind.

Gebe Gott, dass es bei den Geschäften bleibt und nicht wieder ein Verführer kommt, der Erlösung und Heil verspricht. Ahnungen von Bedrohungen und Katastrophen, die einem solchen Rattenfänger wieder Zulauf verschaffen würden, sind durchaus vorhanden.

Ein Problem ist - das kann ein Massenzulauf werden, wie damals bei den Nazis in Nürnberg und in ganz Deutschland. Die Beziehung zu Jesus Christus aber ist immer die Antwort eines Einzelnen auf das Angebot Gottes im Evangelium.

Dr. Hans Frisch

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Film "Der Untergang" unter der Lupe von Dr. Hans Frisch