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C. S. Lewis

gesendet am 3. Oktober 2000 von Heiko Müller
 

Am 29. November 1898 wird Clive Stapleton Lewis im nordirischen Belfast geboren. Sein Vater ist Rechtsanwalt, seine Mutter eine Pfarrerstochter. Sein Bruder Warren ist damals 3 Jahre alt. Schon früh entdeckt er seine Vorliebe für Geschichten. Zusammen mit Bruder Warnie entsteht ein Fantasieland mit Tieren in Kleidern und Rittergeschichten - und Eisenbahnen und Dampfschiffen. Es soll ein modernes Fantasieland sein, findet sein Bruder Warnie.

Clive Staples will irgendwann nur noch Jack genannt werden. Seinen richtigen Vornamen hat er nie gemocht. In dem großen Haus, wo er ab seinem 7. Lebensjahr wohnt, wimmelt es von Büchern. Stapelweise stehen sie überall auf den Treppenabsätzen herum, und keiner verbietet es Jack, sie auch zu lesen.

Bald fängt er selber mit dem Schreiben und Illustrieren an. Mit 10 Jahren stirbt seine Mutter an Krebs. Jack kommt nach England aufs Internat. Eine schwierige Zeit für ihn. Er scheitert und kehrt nach einigen Schulwechseln nach Hause zurück, wo er schließlich privat unterrichtet wird. Mr Kirkpatrick ist sein Lehrer, der "große Knock", wie Jack ihn nennt. Er hat seine ganz eigene Unterrichtsmethode in Sachen Fremdsprachen. Er liest Jack einfach ein paar Zeilen aus Homer im Original vor, übersetzt sie kurz und erklärt knapp, was auf den nächsten Seiten passiert. Dann drückt er Jack ein Lexikon in die Hand und lässt ihn alleine weitermachen. Nach etwas Eingewöhnung kommt Jack Lewis mit dieser Methode voran. So lernt er Griechisch, Latein, Französich, Italienisch und etwas Deutsch. Er entdeckt seine Leidenschaft für die nordische Mythologie, liest deutsche Heldensagen und hört Wagner-Schallplatten. Mit 16 schreibt sein Lehrer an Jacks Vater: "Man kann einen Schriftsteller oder einen Gelehrten aus ihm machen."

Mit 18 Jahren meldet sich Jack Lewis zur Armee. Die einzige christliche Literatur, die der überzeugte Atheist bis dahin gelesen hatte, hat er sich zufällig am Bahnhofskiosk gekauft: George MacDonalds Märchenroman "Phantastes", der ihn fasziniert. Im Krieg leidet Jack bald unter einer Infektionskrankheit und kommt ins Lazarett. Dort liest er die Pater-Brown-Geschichten von Chesterton. Er schreibt später über diese Zeit: "Ein junger Mann, der Atheist zu bleiben wünscht, kann nicht vorsichtig genug mit seiner Lektüre sein. Überall lauern Fallen - 'aufgeschlagene Bibeln, Millionen Überraschungen, feine Netze und Finten'. Gott ist, wenn ich das sagen darf, sehr skrupelos."

Nach dem Abschlussexamen in Oxford erhält er 1925 eine Stelle im Magdalen-College. Seine Studenten schätzen ihn als scharfzüngigen Diskussionspartner und exzellenten Redner. Er trifft auf den überzeugten Katholiken John Ronald Reuel Tolkien. Jeden Dienstag geht es in den Pub zum Frühshoppen. Sie werden der harte Kern eines Stammtisches, der einer neuen literarischen Gattung den Weg bahnt: der Fantasy. Tolkien, der sprachbegabte Anglistikprofessor, und Jack werden Freunde. Tolkien drängt ihn so weit, dass Jack schließlich seinen Atheismus aufgibt. Im Sommer 1929 glaubt Jack Lewis immerhin, dass es so etwas wie einen Gott gibt. Eines Tages fährt er, wie so oft, mit dem Bus den Headington-Hill hinauf:

"Mir wurde bewusst, dass ich etwas auf Abstand hielt oder etwas aussperrte. Oder, wenn Sie so wollen, dass ich irgendeine steife Kleidung trug, wie ein Korsett oder gar eine Rüstung, als wäre ich ein Hummer. Ich spürte, wie mir dort und in diesem Moment eine freie Wahl angeboten wurde. Ich konnte die Tür öffnen oder verschlossen lassen; ich konnte die Rüstung ablegen oder anbehalten. Keine der Alternativen wurde mir als Pflicht dargestellt; und an keine waren Drohungen oder Verheißungen geknüpft, obwohl ich wusste, dass ich mich auf etwas Unberechenbares einließ, wenn ich die Tür öffnete oder das Korsett abnahm. Die Wahl schien von tiefgreifender Bedeutung zu sein, doch sie war gleichzeitig auch merkwürdig emotionslos. Ich wurde nicht von Wünschen oder Ängsten getrieben. Ich entschied mich, aufzumachen, die Rüstung abzulegen, den Zügel zu lockern. Ich sage 'Ich entschied mich', doch es schien eigentlich gar nicht möglich zu sein, das Gegenteil zu tun. Auf der anderen Seite waren mir keinerlei Motive bewusst. Sie könnten einwenden, dass ich hier nicht frei handeln konnte, doch ich neige eher zu der Auffassung, dass dies einer vollkommen freien Handlung ähnlicher war als das meiste andere, das ich je getan habe. Notwendigkeit ist vielleicht nicht das Gegenteil der Freiheit, und vielleicht ist ein Mensch am freiesten dann, wenn er, statt Motive vorzubringen, nur sagen kann: 'Ich bin, was ich tue.'"

"Die totale Kapitulation, der absolute Sprung ins Dunkel wurde gefordert. Die Wirklichkeit, mit der sich kein Vertrag schließen lässt, kam jetzt über mich. Die Forderung lautete nicht einmal 'Alles oder nichts'. Das Stadium, glaube ich, war vorüber, als ich meinen Panzer abschnallte und nun der Schneemann zu schmelzen begann. Jetzt lautete die Forderung nur: Alles. Man muss sich mich allein in meinem Zimmer in Magdalen vorstellen, Nacht für Nacht, wo ich, sobald sich mein Geist für eine Sekunde von meiner Arbeit abwandte, das stete unerbittliche Nahen dessen spürte, dem nicht zu begegnen ich so ernstlich gewünscht hatte ... Im Sommersemester 1929 gab ich nach, gab zu, dass Gott Gott war und kniete und betete; vielleicht in jener Nacht der verworfenste und widerwilligste Bekehrte in England."

"Ich weiß noch sehr gut, wann, aber kaum wie ich den letzten Schritt tat. Eines sonnigen Morgens wurde ich nach Whipsnade gefahren. Als wir aufbrachen, glaubte ich nicht, dass Jesus Christus der Sohn Gottes sei, und als wir den Zoo erreichten, glaubte ich es. Dabei hatte ich die Fahrt eigentlich nicht mit Denken zugebracht. Auch nicht in starken Emotionen. 'Emotional' ist vielleicht das Wort, mit dem man manche der wichtigsten Ereignisse am wenigsten beschreiben kann. Es war eher so, wie wenn ein Mensch nach langem Schlaf immer noch bewegungslos im Bett liegt und sich bewusst wird, dass er nun wach ist." Das erste christliche Buch von C.S.Lewis entsteht: "The Pilgrim's Regress", was übersetzt ist mit: "Die Flucht aus Puritanien", eine fantastische Reise durch alte und neuzeitliche Philosophien.

In Oxford gibt es 1939 einen Klub mit Schriftstellern, Dozenten und Ärzten, der sich "Inklings" nennt, was eigentlich Andeutungen heißt. Wenn man will, kann man es aber auch als Tintenkleckser übersetzen. Die Mitglieder haben den Namen absichtlich so gewählt. Natürlich sind auch Jack und Warnie Lewis, deren Hausarzt und auch JohnR.R. Tolkien hier vertreten. Man trifft sich zweimal die Woche zu Bier, Pfeife und Whisky. Es wird heiß diskutiert, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Und so bilden die Inklings die Brutstätte für Tolkiens "Herr der Ringe" und die "Narnia-Chroniken" von Jack. Der zweite Weltkrieg kommt, es herrscht Biernot. Und so trifft sich die illustre Gesellschaft auch schon mal zum Tee im Wohnzimmer bei Jack und Warnie.

Lewis schreibt in dieser Zeit eine Serie für die anglikanische Wochenzeitung "The Guardian". Es sind die "Screwtape Letters", die "Dienstanweisung an einen Unterteufel", wie sie in der deutschen Übersetzung heißen. Die Serie hat großen Erfolg, und als sie 1942 als Buch veröffentlich wird, ist die erste Auflage schon vor dem Erscheinungsdatum restlos ausverkauft. Jack schreibt im Vorwort: "Ich habe nicht vor zu erklären, wie der Briefwechsel, den ich hier veröffentliche, in meine Hände geraten ist. Es gibt zwei Irrtümer über die Teufel, in die das Menschengeschlecht leicht verfällt. Sie widersprechen sich und haben doch dieselbe Auswirkung. Der eine ist, ihre Existenz überhaupt zu leugnen. Der andere besteht darin, an sie zu glauben und sich in übermäßiger und ungesunder Weise mit ihnen zu beschäftigen. Die Teufel selbst freuen sich über beide Irrtümer gleichmäßig. Sie begrüßen den Materialisten wie den Anhänger der schwarzen Magie mit dem selben Vergnügen ... Der Leser möge nicht vergessen, dass der Teufel ein Lügner ist. Nicht alles, was Screwtape zu sagen hat, soll und darf als bare Münze genommen werden, nicht einmal von seinem eigenen Standpunkt aus."

C.S. Lewis veröffentlicht 1950 den ersten Band seiner Narnia-Chroniken. Es sollen insgesamt 7 werden, in denen der Löwe Aslan das Land Narnia von der Herrschaft der bösen Hexe Jadis befreit. - Kinderbücher. Lewis schreibt dazu: "Kein Buch ist es wert, von einem 5-Jährigen gelesen zu werden, wenn es nicht ebenso von einem 50-Jährigen gelesen werden kann."

Es ist der 10. Januar 1950. In der Fanpost liegt ein Brief von einer Amerikanerin. Joy Davidman-Gresham. Es bleibt nicht der letzte Brief und Jack ist beeindruckt von Geist und Unterhaltsamkeit der Briefe. Joy kommt sogar zu einem Treffen nach England, und sie verbringen die Weihnachtsfeiertage zusammen. Später zieht die inzwischen geschiedene Frau mit ihren 2 Kindern nach England. Jack kümmert sich um ihren Unterhalt, aber eine Liebesbeziehung will der eingefleischte Junggeselle sich nicht zugestehen.

Als 1956 ihr Visum nicht mehr verlängerbar ist, entschließt sich Jack sie standesamtlich zu heiraten. Reine Formsache, bemerkt er. Seinen Freunden erzählt er nichts davon. Erst als Joy schwer an Krebs leidet, entdeckt er am Krankenbett die Liebe zu seiner Frau. Sie heiraten kirchlich, und Joy ist auf dem Wege der Besserung. Ein paar schöne Jahre bleiben beiden, bis 1960 der Krebs zurückkehrt. Joy stirbt. Jack schreibt sein Buch: "Über die Trauer". Mit ihm geht es gesundheitlich immer mehr bergab. Am 22. November 1963, dem Tag, an dem John Fitzgerald Kennedy ermordet wird, stirbt auch Clive Staples Lewis.

Sein Tod macht kein Aufsehen, die Welt ist abgelenkt. Über das Leid hat er einmal gesagt: "Heißt es denn nicht, dass Gott uns liebt? Und kann Gott wollen, dass wir leiden? Was wäre, wenn die Antwort hierauf "ja" lautet? Ich meine, dass es Gott nicht besonders interessiert, wie glücklich wir werden. Ich denke, er will uns fähig machen zu lieben und geliebt zu werden. Er will, dass wir erwachsene Menschen werden. Ich würde es so erklären: Gerade deshalb, weil Gott uns liebt, macht er den Menschen das Leiden zum Geschenk. Oder, um es anders zu sagen: Schmerz ist Gottes Megafon, mit dem er die taube Welt aufrüttelt. Verstehen Sie das? Wir sind wie Blöcke aus Stein, denen der Bildhauer mühsam menschliche Formen gibt. Die Schläge seines Meißels, die uns so sehr schmerzen, sind es, was uns vollkommen macht."

Heiko Müller

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