"Offensichtlich unbegründet"
            Klage vor dem BVG zum Bundeswehreinsatz im Kosovo ohne Erfolg
            23.10.2009: Die Klage 
              der Linkspartei vor dem Bundesverfassungsgericht gegen den Kosovoeinsatz 
              ist gescheitert. Nach der einseitigen Unabhängigkeitserklärung 
              des Kosovo und der Abspaltung des Kosovo war kein sofortiges neues 
              Mandat für den Einsatz der Bundeswehr erforderlich.  
            Das Bundesverfassungsgericht 
              erklärte die Organklage jetzt für "offensichtlich 
              unbegründet", nutzte den Fall aber zu einem Grundsatzbeschluss 
              (s.u.). Er verdeutlicht, wann ein Auslandseinsatz bei veränderten 
              Bedingungen ein neues Mandat benötigt und wann nicht. So entfalle 
              die Bundestagszustimmung zu einem Militäreinsatz nur dann, 
              wenn eine im Parlamentsbeschluss ausdrücklich genannte rechtliche 
              oder faktische Bedingung wegfällt. Bloße Zweifel am Fortbestehen 
              der Bedingung genügen nicht. In Zweifelsfällen könne 
              der Bundestag aber die Rückholung der Truppen beschließen. 
              Mit diesen Regeln wollen die Verfassungsrichter vor allem Rechtssicherheit 
              schaffen. Ein Bundestagsmandat für Auslandseinsätze soll 
              nur in ganz eindeutigen Fällen vor Ablauf seiner Frist enden. 
               
            Kosovo-Einsatz möglich, solange ein Mandat des Sicherheitsrats 
              der Uno vorliege
            Im Kosovobeschluss des 
              Bundestags hieß es: "Die Kräfte können eingesetzt 
              werden, solange ein Mandat des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen 
              [
] vorliegt." Gemeint war die Resolution 
              1244, die seit 1999 Grundlage der KFOR-Truppe ist. Nach Ansicht 
              der Verfassungsrichter ist die Resolution "jedenfalls formal" 
              noch in Kraft. Sie berufen sich darauf, dass die Regierung des Kosovo 
              wie auch die Staaten, die für die KFOR Soldaten stellen, von 
              der Fortgeltung ausgehen. Die Linke hatte die weitere Anwendbarkeit 
              von Resolution 1244 nach der Unabhängigkeitserklärung 
              des Kosovo infrage gestellt.  
            Die Verfassungsrichter 
              ließen offen, ob sie die Abspaltung des Kosovo und die deutsche 
              Anerkennung des neuen Staates für zulässig halten. Das 
              Gericht habe keine allgemeine Völkerrechtsaufsicht über 
              die Bundesregierung. Diese Zurückhaltung entspricht der bisherigen 
              Rechtsprechung des Gerichts.  
            Die Unabhängigkeit des Kosovo ist international umstritten
            Im Februar 2008 erklärte 
              sich der Kosovo unter Loslösung von Serbien einseitig für 
              unabhängig und wurde seither von zahlreichen Staaten, darunter 
              die Bunderepublik Deutschland, völkerrechtlich anerkannt. Die 
              Loslösung 
              des Kosovo von Serbien ist international umstritten. Im Oktober 
              2008 forderte die UN-Generalversammlung den Internationalen Gerichtshof 
              in Den Haag zu einem Gutachten über die Zulässigkeit der 
              Abspaltung auf. Nach der Unabhängigkeitserklärung hielt 
              die Bundesregierung an dem laufenden militärischen Engagement 
              der Bundeswehr fest.  
            Hiergegen richtete sich 
              das Organstreitverfahren der Fraktion DIE LINKE. Sie ist der Ansicht, 
              dass sich durch die kosovarische Unabhängigkeitserklärung 
              tatsächliche und rechtliche Umstände wesentlich verändert 
              hätten, und beantragt festzustellen, dass vor der Fortsetzung 
              des KFOR-Einsatzes der Bundeswehr eine erneute Zustimmung des Deutschen 
              Bundestages hätte eingeholt werden müssen.  
            Der Bundestag hat sich 
              in seiner Mehrheit von den Zweifeln bisher nicht beeindrucken lassen. 
              Er hat jährlich das Bundeswehrmandat für die KFOR-Truppe 
              - gegen die Stimmen der Linken - verlängert .  
            Die Bundeswehr beteiligt sich seit 1999 an der KFOR-Mission im 
              Kosovo
            Seit 
              1999 beteiligt sich die Bundeswehr an der internationalen KFOR-Mission 
              im Kosovo, 
              die auf der Grundlage eines UNO-Mandats unter der Führung der 
              NATO steht und 
              ein Wiederaufflammen der gewaltsamen Kämpfe zwischen Serben 
              und Kosovo-Albanern zu verhindern sucht.   
            Grundsatzbeschluss des Bundesverfassungsgerichts zu Bundeswehreinsätzen
            Der Zweite Senat des 
              Bundesverfassungsgerichts hat den gegen die Bundesregierung gerichteten 
              Antrag mit Beschluss vom 13. Oktober 2009 gemäß § 
              24 BVerfGG zwar verworfen, aber gleichzeitig einen Grundsatzbeschluss 
              gefasst: 
            In der Rechtsprechung 
              des Bundesverfassungsgerichts ist geklärt, dass die Bundeswehr 
              ein Parlamentsheer ist. Deshalb bedarf jeder Einsatz bewaffneter 
              Streitkräfte der grundsätzlich vorherigen konstitutiven 
              Zustimmung des Deutschen Bundestages. Aus diesem sogenannten Parlamentsvorbehalt 
              folgt, dass die Bundesregierung eine erneute Zustimmung des Deutschen 
              Bundestages zu einem Streitkräfteeinsatz herbeiführen 
              muss, wenn tatsächliche oder rechtliche Umstände wegfallen, 
              die der Zustimmungsbeschluss als notwendige Bedingungen für 
              einen Einsatz nennt. Für die Frage, wann ein neuer Zustimmungsbeschluss 
              des Deutschen Bundestages erforderlich wird, sind im vorliegenden 
              Fall Aspekte der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit maßgeblich 
              zu berücksichtigen.  
            Danach kann ein parlamentarischer 
              Zustimmungsbeschluss seine Wirkung nicht schon dann verlieren, wenn 
              der Fortbestand von Umständen, an die der Bundestag seine Zustimmung 
              geknüpft hat, lediglich zweifelhaft wird. Vielmehr verlangt 
              der Parlamentsvorbehalt, dass in Zweifelsfällen der Bundestag 
              die endgültige Bewertung der in Rede stehenden Umstände 
              selbst verantwortet. Er hat - als Herr seiner Zustimmungsentscheidung 
              - die verfassungsrechtliche Möglichkeit, Zweifel über 
              das Fortbestehen seiner Zustimmung selbst auzuräumen. Gegebenenfalls 
              kann er dazu das ihm zustehende Rückholrecht ausüben, 
              einen Streitkräfteeinsatz also förmlich beenden. Entbehrlich 
              - im Sinne einer automatischen Wirkungslosigkeit der Zustimmung 
              - ist ein derartiger Rückholbeschluss nur dann, wenn die Umstände, 
              auf die sich die Zustimmung bezieht, offensichtlich wegfallen. Dieser 
              Evidenzmaßstab ist von Verfassungs wegen geboten, weil das 
              Grundgesetz die Bundesregierung anderenfalls einem Dilemma aussetzte: 
              Sie müsste bei jeder strittigen Veränderung der tatsächlichen 
              oder rechtlichen Umstände eines Einsatzes neue Zustimmungen 
              des Bundestages rein vorsorglich beantragen, um sich nicht durch 
              ein Unterlassen dem Vorwurf der Verfassungsverletzung auszusetzen. 
               
            Quelle: Presseinformation 
              des Bundesverfassungsgerichts (Az.: 2 BvE 4/08) 
            Autor dieser 
              Webseite: Uwe Schütz 
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