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Das Verhältnis der Kirchen zum Freitod im Wandel

Für Unternehmer Adolf Merckle wird es am 12. Januar eine Trauerfeier geben

07.01.09: Für den Unternehmer Adolf Merckle (u.a. Fa. Ratiopharm), der sich am Montag, 05.01.2009, das Leben genommen hat, wird es am
kommenden Montag, 12. Januar, in der Stadtkirche Blaubeuren eine Trauerfeier geben.

"Adolf Merckle hat für seine Familie und seine Firmen gelebt und gearbeitet", teilte seine Familie laut der Süddeutschen Zeitung am Dienstag mit. "Die durch die Finanzkrise verursachte wirtschaftliche Notlage seiner Firmen und die damit verbundenen Unsicherheiten der letzten Wochen sowie die Ohnmacht, nicht mehr handeln zu können, haben den leidenschaftlichen Familienunternehmer gebrochen, und er hat sein Leben beendet."

Der frühere Bischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Gerhard Maier, hält die Ansprache. Dass es überhaupt eine kirchliche Feier für einen Menschen gibt, der sich das Leben genommen hat, ist geschichtlich betrachtet nicht selbstverständlich.

Augustinus: Nachfolger Jesu dürfen sich dem Leiden nicht entziehen

Unter dem Einfluss von Kirchenvater Augustinus (354-430) gilt der Freitod als Sünde, als eine Handlung, die Christen verwehrt ist. Das Gebot «Du sollst nicht töten» gelte auch im Blick auf die eigene Person, befand der Theologe. Da der Gründer der Kirche, Jesus Christus, leiden musste, dürften sich seine Nachfolger dem Leiden nicht entziehen, argumentierte Augustinus.

Kirche verweigerte Selbstmördern über Jahrhunderte ein kirchliches Begräbnis

Diese Ansicht führte dazu, dass die Kirche Selbstmördern über Jahrhunderte ein kirchliches Begräbnis verwehrte. Selbst auf dem kirchlichen Friedhof war kein Platz für Selbstmörder, sie wurden in ungeweihter Erde verscharrt. «Eselsbegräbnis» nannte man diese Bestattungsform. Diese Bezeichnung wurzelt im Alten Testament, wo es beim Propheten Jeremias (Kapitel 22, Vers 19) heißt: «Er (der Verfluchte, Jojakim, König von Juda) soll wie ein Esel begraben werden, geschleift und hinausgeworfen vor die Tore Jerusalems.»

Überzeugung setzt sich durch, dass sich ein Christ durch Freitod nicht um das Seelenheil bringt

Die Protestanten übernahmen diese Praxis, die mancherorts bis ins 20. Jahrhundert hinein geübt wurde. Seither setzte sich in Theologie und Kirchen allerdings die Ansicht durch, dass die göttlichen Verheißungen stärker sind als das schuldhafte Verhalten von Menschen. Die christliche Ethik hält zwar bis heute die Selbsttötung nicht für eine christliche Handlung. Doch ist inzwischen die Überzeugung verbreitet, dass sich ein Christ dadurch nicht um sein Seelenheil bringt. Im Katechismus der katholischen Kirche wird der Selbstmord als «schwere Verfehlung gegen die rechte Eigenliebe» bewertet.

Immerhin gibt es auch prominente Christen, die eigenmächtig aus dem Leben geschieden sind. Der evangelische Liederdichter Jochen Klepper (1903-1942) etwa, Autor des Adventsliedes «Die Nacht ist vorgedrungen». Klepper war mit einer Jüdin verheiratet, der die Deportation durch die Nationalsozialisten drohte. Um diesem Schicksal zu entgehen, vergiftete sich das Ehepaar mit seiner Tochter mit Gas.

Zahl der Selbsttötungen in Deutschland sinkt

Insgesamt hat die Zahl der Selbsttötungen in Deutschland in den vergangenen Jahren ständig abgenommen. 2007 waren es 9.402 und damit nur halb so viele wie 1980. Andererseits starben 2007 mehr Menschen durch die eigene Hand als durch Verkehrsunfälle (4.949) und Tötungsdelikte (2.347) zusammen.

Quelle: jesus.de-Newsletter vom 07.01.09 / epd

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