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"Cap Anamur hat mir das Leben gerettet"

Benjamin Robat: "Mein Leben war bisher ein einziger Krieg"

28.07.04: Benjamin Robat ist einer der Flüchtlinge, die die Cap Anamur aus Seenot rettete und könnte in der Aufarbeitung der Cap-Anamur-Odyssee ein Kronzeuge sein.. Nach einer stern.de-Reportage ist er acht Monate zuvor aus Nigeria geflüchtet. Muslimische Milizen hatten seine Frau auf dem Weg in die Kirche umgebracht. Benjamin musste sich schon als elfjähriger alleine durchschlagen, immer in Angst vor den Konflikten zwischen Christen und Muslimen in Nigeria: "Mein Leben war bisher ein einziger Krieg." Am zweiten Dezember erreichte er Libyen, putzte für fünf Dinar im Monat 45 Appartements. Hier sah er keine Zukunft für sich. In Europa erhofft er ein besseres Leben, ob Italien, Deutschland oder Malta ist ihm egal.

Als Benjamin Robat das Boot sah, schickte er Stoßgebete gen Himmel

Als er das Boot am Strand liegen sah, schickte Benjamin Robat Stoßgebete gen Himmel. 1000 Dollar hatte er bezahlt. Eine sichere Überfahrt war ihm versprochen worden auf einem großen Schiff. Aber alles was Benjamin sah, war ein Schlauchboot, acht Meter lang, drei Meter breit. Er stand mit 36 anderen West-Afrikanern um zwei Uhr früh an einem Strand an der Küste Libyens in der Nähe der Stadt Zuhara, und es gab für niemanden mehr ein Zurück an diesem 18. Juni: "Da habe ich mein Leben in Gottes Hand gegeben."

Einer der Männer, mit dem er am Strand steht, weiß, wie man den Motor im Boot anwirft. Er hat einen Kompass und keine Ahnung, wie man ihn bedient. Die Schlepper geben ihnen zwei Anweisungen mit: "Sagt, dass ihr aus dem Sudan kommt, sonst werdet ihr zurückgeschickt." Und: "Fahrt nach Norden, immer geradeaus." Niemand hat Trinkwasser dabei.

"Die Wellen waren so hoch. Ich hatte mit Gott abgeschlossen"

Die Cap Anamur liegt zu der Zeit wegen eines Motorschadens im Hafen von Malta und ist mehrfach zu Testfahrten unterwegs, auch am 20. Juni. Südlich von Lampedusa sichtet der Kapitän ein Schlauchboot voller Menschen, ein Mann schwenkt ein Hemd, die anderen rufen, springen auf. Zwei Tage waren sie unterwegs, hatten die Orientierung verloren: "Die Wellen waren so hoch. Ich hatte mit Gott abgeschlossen", sagt Benjamin. Der erste Mann, den die Cap Anamur an Bord nimmt, bricht sofort zusammen. Insgesamt nimmt die Krankenschwester Birgit Geiger fünf der Schiffbrüchigen ins Hospital. Sie erholen sich jedoch schnell.

Nach internationalem Seerecht ist ein Kapitän verpflichtet, Schiffbrüchige aufzunehmen

Nach internationalem Seerecht ist ein Kapitän verpflichtet, Schiffbrüchige aufzunehmen. Dieses Recht stammt von 1910 und wurde 1979 das letzte Mal präzisiert. Doch das Gesetz sagt nicht, wann und wo die Schiffbrüchigen wieder an Land gebracht werden müssen. Üblicherweise ist dies der nächstgelegene Hafen oder der nächste Hafen auf der zuvor festgelegten Schiffsroute. Gesetzlich verpflichtend ist dies jedoch nicht. Die Cap Anamur hielt sich nicht an Gepflogenheiten, fuhr mit den 37 Afrikanern an Bord sogar größere Strecken, bevor sie in Porto Empedocle einlaufen wollte. Illegal ist dies nicht doch wurde daraus ein "gefährlicher Präzedenzfall", wie die deutschen und italienischen Innenminister Otto Schily und Guiseppe Pisanu übereinstimmend verlauten ließen.

Er ist jetzt in einem offenen Heim in einem kleinen Ort nahe Agrigent untergebracht

Autor: Uwe Schütz; Quelle: stern.de

 

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