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Frauenfußball-WM

gesendet am 3. Juli 2011 von Dr. Hans Frisch
Dr. Hans Frisch über Fußball-WM und das Stadion-Phänomen 

Die WM läuft – Haben wir etwas davon?

Das Berliner Olympiastadion
Das Berliner Olympiastadion, Foto: wikipedia.de, Nikolai Schwerg unter GNU-Lizenz

Frauenfußball kannte das Olympiastadion in Berlin schon: Seit 16 Jahren wird das Endspiel um den deutschen Pokal dort ausgetragen. Doch komplett gefüllte Sitzreihen, das hat es dabei noch nicht gegeben. Diesmal war es eben die Eröffnung der Weltmeisterschaft – trotzdem sind auch optimistische Planer überrascht von den Besuchermassen – 73.000, und das bei Preisen zwischen 30 und 120 €. 100 € hätte ich auch bezahlt! Doch was hätte ich dafür bekommen, wo es doch im Fernsehen umsonst ist und viele Szenen in Nahaufnahme und mit Replay?

Ich wäre dabei gewesen! Selbst das tolle Gemeinschaftserlebnis mit 120.000 auf der Fanmeile in Frankfurt kann das nicht aufwiegen. Aber noch einmal: was hätte ich davon? Es muss doch etwas sehr wichtiges sein, dass so viele es sich so viel kosten lassen, oft noch Anreise und das Hotel. Kaum einer wird es benennen können, und doch sind alle froh. So geht es auch in Wimbledon und beim Autorennen in Spanien. Erst recht wird es beim Endspiel so gehen, besonders wenn unsere Mädchen dabei sein sollten.

Die Spiele sind alt – und gehen immer weiter

Die Kette solcher Events wird weitergehen, und sie ist schon sehr lang. Beim ersten englischen Turnier im Frauenfußball vor 116 Jahren waren 53.000 zahlende Zuschauer. Über die Zahl der Zuschauer bei den alten Azteken, die ihren Ball mit dem Hinterteil kickten, ist nichts bekannt. Die massiv gebauten Spielplätze zeigen aber, wie wichtig diese Spiele waren. Sicher spielte damals Religion eine Rolle. Die Vermutung, dass der Sieger dem Sonnengott geopfert wurde, ist wahrscheinlich falsch. Doch sollte man denn Gott einen Verlierer anbieten?

Feuerhalter in den Umgängen des Berliner Olympia-Stadions Foto: wikipedia.de, Kanakari Lizenz, „Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen Deutschland

Die Olympischen Spiele sind noch älter, sie waren auch religiös – doch auch recht geschäftlich mit allerhand Machenschaften. Dem Publikum war das egal.

Der Ursprung war heilig

Der Ursprung sind sicher Heilige mythische Spiele, eingebunden in den Jahreslauf mit Saat und Ernte, Sommer und Wintersonnenwende. Der Mensch konnte sich so mit dem Zeitlauf der Natur verbinden – und vieles spricht dafür, dass er meinte, seine Opfer sorgen dafür, dass die Saat aufgeht und dass die Sonne nicht ganz untergeht im Winter, wenn das richtige Opfer im richtigen Moment gebracht wird. Gewaltige Steine wurden aufgerichtet zur genauen Beobachtung des Sonnenlaufs zur Bestimmung des richtigen Zeitpunktes.

Wer in dem Steinkreis von Stonehenge steht, der spürt welche unvorstellbaren Anstrengungen die Menschen auf sich nahmen, um an diesem heiligen Ort den Sonnenaufgang bei der Wintersonnenwende zu erleben.

Im Olympiastadion fing es damals an - mit einem Theater

Da sind wir weit weggeraten von Olympiastadion, obwohl die Architektur mit den Türmen irgendwie ähnlich wirkt Doch hier ist alles anders, die Steine sind nur vorgeblendet Kalksteinplatten, die Sichtachse geht nach Westen, zum Sonnenuntergang, die Heiligkeit bei der Olympiade 1936 war gewaltiges Theater, trotzdem grüßten alle einziehenden Mannschaften den großen Führer. Der grausame Spuk ist vorüber, die Kriegsschäden am Stadion sind beseitigt und es ist ein Ort für herrliche Spiele geworden – fast könnte man sagen für Heilige Spiele.

Musik

 

Olympia-Stadion in Berlin nach dem Umbau für die Fußball-WM 2006
Foto: wikipedia.de, Sandro Schachner unter der Creative Commons-Lizenz Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen

Eine teure Schau, ein großes Geschäft

10 Millionen Euro hat allein die Ausrichtung der Fanmeile in Frankfurt gekostet - was mögen die Gesamtkosten der WM sein? Was für ein Geschäft - besonders, wenn man bedenkt, dass dabei noch ein satter Gewinn für die Veranstalter rauskommt. Die Frage am Anfang war: mit was wird da gehandelt? Natürlich: „There’s no business like show business“, und eine tolle Schau ist es schon. Die Spielerinnen würden dabei entschieden protestieren, sie ziehen keine Schau ab, sie kämpfen.

73.000 können sagen: „Wir waren dabei, als der wunderbare Kopfball in die lange Ecke ging - das erste Tor dieser WM; wir waren Teil der Welle, die durch die Sitzreihen; wir haben mitgejubelt, als beim Abpfiff der Sieg feststand.“

Einmalige, kostbare - heilige Augenblicke

Solche Augenblicke sind eingebrannt in den Lauf unserer Biografie, wir erinnern uns genau an das Davor und das Danach - sie sind einmalig, unwiederholbar, kostbar.

Ist dir das zu viel Bedeutung, die da in einige Augenblicke gelegt wird? Ich gehe sogar noch weiter: „Sie sind heilig!“ - doch das muss ich erklären!

Wir waren beim Blick in die Herkunft solcher Spiele, dem ersten Turnier des Frauenfußballs vor 116 Jahren begegnet, den heiligen Ballspielen der Azteken, den Olympischen Spielen, den frühen mythischen heiligen Spielen der Menschheit bis zu dem gewaltigen Steinkreis von Stonehenge.

Hier und jetzt! – Ein starkes Angebot

Immer ging es um den einen Augenblick, „hier und jetzt“ ist es geschehen, "hic et nunc" so beschreibt es der große Religionsforscher Eliade.

In das gleichmäßige Verfließen der Zeit kommen Fixpunkte, zu denen hin und von denen her die Zeit Struktur bekommt. Zwei Dinge braucht der Mensch – Streicheleinheiten und Zeitstrukturierung“, so sagt die Verhaltenspsychologie. Beides wird dort massiv erfahren, durch die Spielmomente und das Gemeinschaftserlebnis, und das ist seinen Preis wert! Wenn man bedenkt, dass diese Erfahrung nicht nur die im Stadion, sondern Millionen Menschen weltweit verbindet, dann ist kaum ein Preis zu hoch. Damit sind wir an einem wichtigen Punkt.

Der Preis wird bestimmt von Angebot und Nachfrage – ein hoher Preis trotz reichem Angebot signalisiert eine sehr große Nachfrage, und eine große Nachfrage spricht für einen Mangel. „Die Tage gehen dir ohne Nacht und Morgen, die Jahre halten ohne Schnee und Frucht, bedrohend das Unendliche verborgen“ so sagt es Gottfried Benn in dem Gedicht „Verlorenes Ich“ von dem Dahinleben in Berlin. Aber die Nacht vor und der Morgen am Tag des Spiels, die sind voll Bedeutung – und der WM Pokal des Jahres 2011 eine kostbare Frucht – nicht nur für die Frauenmannschaft.

Der Mangel bleibt - selbst nach einem Sieg

Der Pokal ist aus Silber und vergoldet – er wird lange blank bleiben. Ob sein Glanz anhält im Leben der Spielerinnen ist fraglich. Das Publikum wird bald Ausschau halten nach neuen Erfahrungen des“ Hier und Jetzt" und nach begeisterter Gemeinschaft. Denn der eigentliche Mangel, der die Nachfrage nach solchen Erfahrungen speist, der liegt in jedem Einzelnen und meldet sich wieder, schon beim Nachhausekommen - bei den Zuschauern und auch bei den Akteuren. Denn, wenn es nicht in unserem Leben heilige Momente gibt, in denen wir sagen „hier und jetzt“, und wenn wir nicht wirklich gestreichelt werden in Liebe, dann bleiben wir angewiesen auf die Angebote von außen - die wir uns hoffentlich leisten können.

Musik

Vom Frauenfußball zu Jesus

„Der Hans kann anfangen wo er will, er landete bei Jesus“, so sagt meine Frau von mir - und die muss es ja wissen. Von der WM im Frauenfußball ist der Weg gar nicht so weit über englischen Frauenfußball vor 116 Jahren zum Aztekenballspiel und zur Olympiade, zu frühen heiligen Festen und zum menschlichen Grundbedürfnis, Gemeinschaft erleben im Hier und Jetzt des heiligen Augenblicks (der leider nicht festzuhalten ist in der Wirklichkeit in der wir leben).

Es gibt Zeiten, in denen wir erfüllt sind von dieser Erfahrung auf Dauer – ihr erinnert euch daran, als eure Liebe noch heil und frisch war – diese heilige Zeit in eurem Leben? Oder erlebt ihr es zur Zeit? Wenn man das doch bewahren könnte!

Doch das Heilige ist schnell entheiligt, da genügt oft ein Wort, eine Tat oder sogar eine unterlassene Tat. Heilung bringt da eigentlich nur die Vergebung. Nicht nur Heilung, vergebene Schuld lässt die Liebe reifen - und schon wieder bin ich bei Jesus. Er behauptet: „Aus Liebe zu dir hat Gott mich in die Welt gesandt! Auch die ganz unten sind, ganz unten in den Augen der anderen oder ganz unten in eigenen Augen – jeder soll erkennen können, wie sehr er geliebt ist. Alles, was dagegen spricht ist, vergeben – dafür bin ich gestorben!“

Stell dir vor!

Stell dir vor, da ist wirklich Gott und Jesus hat tatsächlich Recht. Als er am Kreuz sagte: „es ist vollbracht“, da war das der heilige Augenblick, „Hier und jetzt hat Gott dir seine Liebe erklärt, und er lässt sich durch nichts davon abbringen.“ Wie das bei Liebeserklärungen ist, wir können sie annehmen oder ablehnen. Die Antwort aufschieben geht eigentlich nicht, und nur bei einem Ja wird Lebenswirklichkeit daraus.

Es könnte ja sein, dass einige im Hochgefühl leben, (wie hoffentlich unsere Mannschaft, wenn sie ihr Versprechen auf den schönen Plakaten erfüllt hat: "Jungs, wir rächen euch" und "3. Plätze sind was für Männer.") - der sollte das Hoch genießen, andere an seiner Begeisterung und seinem Glück teilhaben lassen – und diesen Beitrag im Internet lesen, wenn er wieder unten ist. Das Angebot Gottes bleibt gültig.