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Advent

gesendet am 05.12.2004 von Dr. Hans Frisch
 

Advent, Advent, ein Lichtlein brennt - heute brennt schon das zweite Licht am Adventskranz. Vor dem Bahnhof leuchtet ein gewaltiger Weihnachtsbaum, die Straßen sind geschmückt mit Girlanden und Figuren aus Lichtern, die Kaufhäuser funkeln von Millionen Lichtern, immer mehr Vorgärten werden Kunstwerke aus Lichterketten. Lohnt es sich da von vier Kerzen auf einem grünen Kranz zu reden?
Der erste Adventskranz hatte 23 Kerzen und hing im "Rauhen Haus" von Johann Hinrich Wichern in Hamburg
Der erste Adventskranz hatte 23 Kerzen und hing im "Rauhen Haus" von Johann Hinrich Wichern in Hamburg

Vor 165 Jahren ; Der erste Adventskranz

Es waren ja zuerst 23 Kerzen - 19 kleine und vier große, die standen auf einem Holzring, und jeden Abend im Dezember wurde eine zusätzlich angesteckt. Nur in einem Haus auf der ganzen Welt gab es dies. Johann Hinrich Wichern hatte es eingeführt, um die Jungen, die er aus schwierigsten Verhältnissen geholt und in sein „Rauhes Haus“ in Hamburg aufgenommen hatte, um denen zu einer Weihnachtsstimmung zu helfen. Das hat sich bewährt, es wurde zum festen Brauch.

Bald wurde der Holzring mit Tannenzweigen geschmückt - und so entstand der Adventskranz.

Immer mehr Familien übernahmen diesen Brauch, in evangelischen Kirchen wurden Adventskränze aufgehängt und 1938 auch zum erstenmal in einer katholischen Kirche von München. Auf den Kränzen waren nur die vier großen Kerzen für die Sonntage, an den Tagen dazwischen sorgte bald der Adventskalender für steigende Erwartung.

Was vor 165 Jahren als die Idee eines Mannes begann, ist in fast allen Wohnungen Deutschlands und auch bei vielen Familien auf der Welt zum festen Brauch geworden, so als gehörte das seit jeher zur Weihnachtszeit.

Die Adventszeit ist viel älter

Als Festzeit ist Advent aber viel älter als der Adventskranz - schon vor über 1500 Jahren wurde eine Fastenzeit eingeführt, 40 Tage vor Epiphanias, dem 6. Januar, denn das war zuerst das Weihnachtsfest. Als dann Weihnachten auf den Tag der Wintersonnenwende gelegt wurde, blieb unsere Adventszeit übrig und aus dem Ernst des Fastens wurde die wachsende Vorfreude auf das Fest.

So ist die feierliche Adventszeit entstanden - was aber da gefeiert wird, ist weitgehend unbekannt, und das ist auch nicht so einfach zu beschreiben wie bei anderen Festen. Nach der Musik wollen wir es trotzdem versuchen.

* * * Musik * * *

Wenn der Kaiser aus Rom seine Provinzen besuchte, war „Adventus“

„Adventus“ das heißt „Ankunft“. Adventfeste wurden gefeiert, wenn ein Kaiser aus Rom eine Provinz besuchte. Die Stadt war dann geschmückt, die Massen jubelten dem Herrscher zu, Hymnen wurden gesungen, anbetende Gedichte wurden vorgetragen. „Sei gegrüßt, Anbetungswürdiger, du Sohn Gottes, du Retter und Heiland“ - das waren noch die bescheidenen Aussagen dabei.

Nur die Juden stimmten nicht ein. Sie warteten auf eine andere Ankunft - nicht der Herrscher aus Rom, sondern der Herr aus dem Himmel sollte kommen - nicht der „Sohn des Jupiter“, sondern der „Menschensohn“ sollte von dem Gott Israels gesandt werden. Nicht das römische Reich mit der „Pax Romana“, dem Frieden Roms, sondern das Reich Gottes als ewiges Friedensreich sollte auf der Welt herrschen, nicht ein Kaiser von Rom, sondern der Messias, der „Gesalbte Gottes“ auf dem Thron Davids.

Die Vision des Volkes Israel

"Englischer Gruß" in der Nürnberger Lorenzkirche
"Englischer Gruß" in der Nürnberger Lorenzkirche

Diese Vision war alt, sie hat das Volk Israel begleitet durch seine sehr bewegte Geschichte und hat gerade in Katastrophen Licht und Hoffnung gespendet. Von Propheten wurde sie wachgehalten und weiter gestaltet, so, daaa zur Zeitenwende ganz konkrete Vorstellungen kursierten, wie und wann das kommen soll.

Wer den „Englischen Gruß“ in der Lorenzkirche (Nürnberg, Bild rechts) betrachtet, der begegnet dieser Hoffnung. Eine junge Frau jener Zeit hört eine Engelsbotschaft: „Du wirst einen Sohn bekommen, der wird auf dem Thron Davids sitzen“ - und sie weiß sofort, was ihr da verkündet wird - der, auf den alle warten. Und sie sagt Ja dazu.

Johannes der Täufer
Jacopo Sansovino
Johannes der Täufer, ca. 1530–1550
(Zum Vergrößern anklicken)

Wenn wir von Johannes dem Täufer hören, auch dann begegnen wir der Erwartung des jüdischen Volkes: „Das Himmelreich ist nahe herbeigekommen“ verkündet der dort unten am Jordan - und in Scharen laufen die Menschen hin, um sich taufen zu lassen, weil sie Anteil haben wollen an dem Reich. So sind auch „Mariä Verkündigung“ und „Johannes der Täufer“ Themen, die in Adventpredigten immer wieder auftauchen.

Obwohl die Ankündigung der Geburt ja neun Monate vor Weihnachten liegt und das Auftreten von Johannes dem Täufer 30 Jahre später war - sie gehören doch zusammen und zur Weihnachtszeit. Für Maria erfüllte sich, was der Prophet Jesaja verheißen hatte: „Eine junge Frau wird schwanger werden und einen Sohn gebären…..“ Johannes war angekündigt als der Prophet, welcher das Kommen des Messias verkündet und vorbereitet. Ohne Maria und ohne Johannes ist die Ankunft, der „Adventus“ von Jesus als Erlöser undenkbar - sie sind wirklich Adventgestalten.

* * * Musik * * *

Der heutige Kult um Prominente und Idole erinnert an alte Zeiten

Von römischen Adventfeiern und von jüdischen Adventhoffnungen haben wir gehört - auch von der Einführung der Adventszeit in der frühen Christenheit und von der Herkunft des Adventskranzes. Was hat das mit uns zu tun?

Wer die Lobeshymnen auf Hitler und auf Stalin ansieht, der wird vieles von dem vorfinden, was in Rom und seinen Provinzen dem Herrscher dargebracht wurde - und hier und da auf der Welt ist so etwas immer noch lebendig. Der Kult um manche Prominente und Idole erinnert durchaus auch daran.

Die jüdischen Adventhoffnungen sind verborgener und komplizierter. Einige Male waren die Juden sich gewiss: „Das ist der Messias“ - und jedesmal war es eine schwere Enttäuschung. Am schlimmsten 100 Jahren nach Jesu Tod - da war Bar Kochba, der „Sternensohn“ aufgetreten, hatte sogar vom Rabbi Akiba das Zeugnis: „Er ist der Messias“ - und hatte die Juden in einem gewaltigen Aufstand gegen die römischen Besatzer geführt. Nach der Niederschlagung dieses Aufstandes hatten die Juden keine Heimat mehr in ihrem Land, Judäa wurde vom Kaiser Hadrian in „Palästina“ umbenannt.

Was ist aus der Erwartung der Maria und aus der Botschaft von Johannes dem Täufer geworden ?

Die Heimkehr der Juden in dieses Land wie auch der Name Palästina, sie bringen uns mitten in unsere Gegenwart. Bleibt die Frage, was ist aus der Erwartung der Maria, aus der Botschaft von Johannes dem Täufer geworden.

Zunächst nicht viel: Das Kind wurde geboren und wuchs heran als braver, intelligenter Junge - 30 Jahre wurde er alt und nichts besonders geschah.

Johannes taufte die Massen - und vom Reich Gottes wurde nichts sichtbar. Er hatte auch Jesus getauft und war sicher: „Das ist er, mit dem es losgeht“ - aber als er im Kerker lag, da kamen ihm doch Zweifel: „Bist du der kommen soll, oder sollen wir auf einen anderen warten“ läßt er Jesus fragen - und der antwortet nur mit dem Hinweis auf seine Heilungen, seine Wunder und seine Predigt.

Schließlich ist er am Kreuz gestorben, und auch die Jünger haben keine Hoffnung mehr. Da geschieht etwas, was die Jünger als Auferstehung erlebt haben. Ihr Meister begegnet ihnen, und öffnet ihnen die Augen und das Herz für den wirklichen Kern der Prophetenverheißungen: „Musste nicht Christus solches leiden?“ fragte er, und die Jünger wissen die Antwort: Vom „leidenden Gottesknecht“ hatte Jesaja gesprochen, von dem der unsere Krankheit auf sich nimmt, der für uns gemartert und geschlagen wird, der für uns stirbt. „Die Strafe liegt auf ihn, auf daß wir Frieden haben.“

Da begreifen sie: Das Ende am Kreuz ist der Anfang vom Reich Gottes.

Voller Begeisterung warteten sie darauf, dass der Auferstandene, dessen Himmelfahrt sie miterlebt hatten, wiederkommt in Macht und Herrlichkeit, so dass alle Völker ihn erkennen und anerkennen als Herrn und Erlöser. Sie verkauften Häuser und Grundstücke und lebten aus der gemeinsamen Kasse – „Urkommunismus“ wird das verklärend genannt. Das ging natürlich nicht gut - doch überall im griechisch-römischen Raum entstanden Gemeinden von Christen, die unterstützten die Muttergemeinde in Jerusalem. Das Wiederkommen von Jesus ließ auf sich warten - doch die Botschaft von der Erlösung durch den Gekreuzigten und Auferstanden, die blieb lebendig, ging durch die Welt bis heute - auch bis in mein Leben.

Immer wieder haben Menschen die „Zeichen der Zeit“ gedeutet und gemeint: „Jetzt ist es soweit, die Ankunft steht vor der Tür“. Eine Gemeinde hat sich sogar den Namen „Adventisten“ gegeben.

Ich habe Freunde, die ziemlich genau wissen, wie es sein wird, wenn ER kommt - alles aus der Bibel heraus gelesen - mit ihnen verbindet mich nicht diese Überzeugung sondern die erfahrene Erlösung durch Jesus Christus.

Da öffnet sich eine neue Dimension der Adventhoffnung - wer die so nicht teilen kann, der darf aber wissen: Wenn er nicht kommt in der Zeit meines Lebens, werde ich zu ihm kommen am Ende meines Lebens.

Darüber nachzusinnen und darüber miteinander zu sprechen, das wäre keine schlechte Beschäftigung im Advent, wir sollten uns dafür Zeit frei halten.

Dr. Hans Frisch

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