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Jahreslosung 1999
gesendet am 24. Januar 1999 von Dr. Hans Frisch
 

Jesus Christus spricht :
Siehe, ich bin bei euch alle Tage
bis an der Welt Ende.
Matthäus 28,20

Ein neues Jahr hat angefangen - und eine neue Jahreslosung gibt es. Das erste wissen alle, daß Zweite die meisten - und mancher wird schon eine Predigt oder anderes über die Jahreslosung gehört haben.

Noch 342 Tage bis 2000 - kann man schon hier und da in Anzeigen sehen - wie im vergangenen Jahr die Tage bis zum Euro gezählt wurden.
Die Zeit wird eingeteilt, als ob in der Sekunde des Jahreswechsels wirklich etwas ganz Neues anfinge. (Für die Computerwelt könnte das in 342 Tagen allerdings zutreffen.) Die wirklichen Einschnitte in unserem Leben sind andere: Der erste und der letzte Schultag, der Anfang einer Berufsausbildung, Beginn einer Freundschaft, Abschied und Wiederkehr, die erste Liebe, Hochzeit, Geburt, Tod. Und das sind auch die Momente, die in der Erinnerung lebendig bleiben. Letzte Worte beim letzten Abschied werden oft sogar literarisch über liefert - wie Goethes letzte Worte: "Mehr Licht". Oder, wie unsere Jahreslosung: "Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende."

Bei Goethe meinen kritische Geister, er wollte sagen in seinem sächsisch-thüringischen Dialekt: "Mer liecht so schlecht" - und habe nur noch die beiden ersten Worte geschafft. Solche Schwierigkeiten bestehen bei der Jahreslosung nicht. Jesus lag nicht dem Sterben, er verabschiedete sich von den Jüngern zur Himmelfahrt. Auf die letzten Worte lohnt es sich zu hören! Und da dürfen wir nicht fahrlässig das machen, was er da einige mit Goethes Worten tun: Sie durch Zufügen oder Weglassen entstellen.

"Jesus Christus spricht: Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende." so lautet die Losung, und da ist schon etwas zugefügt und etwas weggelassen! Am Ende vom Matthäusevangelium steht: "Und siehe, ich bin bei euch alle Tage."

Nun gut: Daß Jesus Christus da spricht, das darf dazu gesagt werden - aber, darf man zwei von den letzten Worten unterschlagen?
Na und - wird jetzt mancher denken - was solls? "und siehe!" was meint das schon?
Ich habe einmal nachgezählt - "und siehe" kommt 23 mal vor im Matthäusevangelium - es meint in der Regel die Fortsetzung einer Erzählung und verbindet das Neue mit dem Bisherigen.

"Und siehe, eine Stimme aus der Wolke sprach: Dies ist mein lieber Sohn" als Jesus getauft war.
"Und siehe, der Vorhang im Tempel zerriß" -als Jesus am Kreuz starb.
Aber nur dreimal sagt es Jesus selbst: "Und siehe, hier ist mehr als Jona"; "Und siehe, hier ist mehr als Salomon" - so redet er von sich im Streit mit den Schriftgelehrten.
Ja, und dann beim Abschied: " Und siehe , ich bin bei euch". Wie ein Haken verbindet das und den Zuspruch mit dem Vorangegangenen - wenn der Haken abgeschnitten ist, dann wird die Aussage frei, zur beliebigen Verwendung - und beliebig wurde sie auch benutzt in den Äußerungen, die ich darüber gehört habe: "Immer und in allem ist Gott mit uns" und ein Ausblick auf die Möglichkeit eines Weltendes in der ökologischen Katastrophe - das war die gutgemeinte Quintessenz.
Nach der Musik wollen wir einmal hinschauen, mit welchem vorangehendem Text das "und siehe" die Losung verbindet.

Musik

Die letzten vier Verse im Matthäusevangelium sind in den meisten Bibelausgaben überschrieben mit: "Der Missionsbefehl" - und wenige Textabschnitte im Neuen Testament haben eine schärfere Kritik erfahren (und ein schlimmeres Mißverständnis erlebt) als diese Schlußverse. Matth. 28; 16 - 20
In diesen gesamten Zusammenhang wird die Jahreslosung gebunden durch: "Und siehe"

"Gehet hin - und ich bin bei euch" - das könnte auch so mißverstanden werden, wie es auf dem Koppelschloß von deutschen Soldaten stand, die hingingen in den Krieg: "Gott mit uns".

Auch die Kreuzritter dürften sich ähnlich Mut und Trost zugesprochen haben auf ihrem blutigen Gang nach Jerusalem; sogar Eroberungkriege christlicher Herrscher in heidnischen Ländern wurden unter diese Losung gestellt - wer sich von den besiegten Heiden dann nicht taufen ließ, die er war selbst schuld an seinem Tod. Kaum ein ernst zu nehmender Christ wird diesen Mißbrauch des Missionsbefehls (wenn man diesen Zuspruch zu nennen will) verteidigen - und man braucht nur etwas hin zu schauen und sieht, dabei ging es nicht um Mission sondern um Macht.

Der Zuspruch, den Jesus seinem Jüngern zum Abschied schenkte, beginnt aber: "Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden". Schon deshalb kann Machtstreben sich nie auf Jesus berufen. Und die Gewalt, mit der Jesus Menschen überwindet ist Liebe, Erbarmen, Geduld - offenbart am Kreuz. Das hatten die Jünger eben erst begriffen. Das hieß für diese Männer, den Menschen die Augen öffnen für die Erlösung durch den Gekreuzigten und Auferstandenen - und so hat das neue Zeitalter auch angefangen: Voller Begeisterung, erfüllt vom Heiligen Geist hielt Petrus seine erste öffentliche Predigt vor den versammelten Pilgern beim Pfingstfest im Tempel - und viele wurden zu Jüngern - und ließen sich taufen.

Der Widerstand in den etablierten Kreisen wurde sofort wach - mancher der Jünger starb damals in Jerusalem als Märtyrer.Und sie gingen hin, - rings um Jerusalem, auch in den Nachbarländern wurden Menschen zu Jüngern des auferstanden Herrn im Himmel. Paulus - ein ernsthafter Verfolger der neuen Sekte - er wurde zum Brandstifter des Glaubens in ganz Kleinasien und auch in Griechenland. Über all entstanden Gemeinden von Jüngern die sich taufen ließen auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Und nirgends auch nur die Andeutungen von Druck oder gar Gewalt! Nur Gewalt, vernichtende Gewalt, gegen die Christen. Die Bewegung, ging weiter durch alle Jahrhunderte, bis heute. Auch mich hat die Botschaft so erreicht und zu einem Jünger gemacht. Alle die sich auf diesem Weg wagten, auch alle die dabei Widerstand und Verfolgung erlebten, denen gilt Jesu Zuspruch: Und siehe, ich bin bei euch alle Tage. Daß daneben eine andere Bewegung entstand, die mit der siegverheißenden Vision eines römischen Kaisers begann und über unsagbaren Mißbrauch der Jesusworte bis in unsere Zeit reicht, das ist furchtbar.

Doch wird der Zuspruch, den Jesus seinen Jüngern gab, durch diesen Mißbrauch nicht ungültig. Auch wir sollen hingehen, den Menschen die Augen öffnen für die Erlösung durch den gekreuzigten und auferstanden Herrn und uns darauf verlassen, daß er bei uns ist bis an der Welt Ende.

Dr. Hans Frisch

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