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Dreikönige

gesendet am 08.01.1998 von Dr. Hans Frisch
 

Wer von uns ist zum Jahreswechsel nicht irgendwelchen astrologischen Angeboten begegnet? Gemessen an dem Umfang dieses Marktes fallen die seltenen kritischen oder klärenden Aussagen von Fachleuten - wie der Artikel vom Leiter der Nürnberger Sternwarte in den NN (Nürnberger Nachrichten) - kaum ins Gewicht. Auch das Kirchenjahr hat ganz am Anfang die Astrologie stehen - denn die "Heiligen Drei Könige" - das waren Sterndeuter aus Babylon. Aber langsam:

Da kam vor einigen Jahren ein Patient zum Röntgen, ein Ingenieur, der bei einer Grippe starken Luftmangel bekommen hatte. Die Röntgenaufnahme zeigte ein stark vergrößertes Herz, Zeichen einer virusbedingten Herzmuskelentzündung. Ob Wasser im Rippenfellraum war, das wollte ich mit einer Durchleuchtung klären. "Sie brauchen das Hemd dazu nicht ausziehen", sagte ich. Er wunderte sich. "Ich kann durchschauen, ich sehe z.B., daß Sie Zwilling sind". Er wunderte sich noch mehr. "Das können Sie auch sehen", sagte ich und zeigte ihm auf dem Monitor den Schatten seines goldenen Kettenanhängers. "Ach so", löste sich sein Erstaunen. "Wissen Sie, was das bedeutet?" "Das ist mein Sternkreiszeichen". "Ja, aber war dahintersteht?" "Nein - wissen Sie es?" Er hörte mit Interesse zu.

Die Astrologie hat ihren Ursprung wohl in Babylon

Ich will es hier etwas ausführlicher erzählen als dort im Durchleuchtungsraum. Die geistigen Vorfahren unseres "Christlichen Abendlandes" sind die Juden - durch "das Buch" - die Bibel.
Aufgeschrieben in der endgültigen Form wurde dieses Buch während der Gefangenschaft in Babylon. Grundlage der babylonischen Weltsicht war die Sternendeutung: Sonne, Mond und Sterne waren Gottheiten, sie hatten direkte Beziehung zu den Menschen, besonders zu den Herrschern und bestimmten das Geschehen in der Welt.

In diesem Umfeld schrieben die Juden in ihrem Schöpfungsbericht: "Gott machte Lampen, eine große Lampe für den Tag und eine kleine Lampe für die Nacht, dazu die Sterne." Das ganze babylonische Götterheer - Lampen, die unser Gott an den Himmel gehängt hat. Zum Glück konnte die babylonischen Stasi nicht hebräisch lesen. "Hier liegt die Wurzel unserer abendländischen Weltsicht, unseres Denkens - und wir leisten uns in der Astrologie wieder den Rückfall in altbabylonische Religion".

Sehr aufmerksam hörte der Ingenieur zu. Da habe ich ihm die wichtigste astrologische Geschichte erzählt, die ich kenne: So wie die Erschaffung von Sonne, Mond und Sternen am Anfang des Alten Testamentes steht, so steht diese Geschichte am Anfang des Neuen Testamentes - nach der Musik versuche ich sie zu erzählen.

Musik

In Babylon wurden die Ereignisse 1.200 Jahre zuvor vorhergesagt

In Babylon hatte die Astrologie ihren Ursprung. Es war die offizielle Religion, die Staatsreligion. Wer einen Eindruck davon bekommen will, der sollte im Pergamonmuseum von Berlin das Ischtartor und die Löwenstraße erleben. Einen ersten Kontakt mit dieser Sternenkunde bekam das Volk Israel bei seinen Zug durch die Wüste. Der König von Moab wollte dem Volk den Durchzug durch sein Land verwehren, meinte aber, dazu brauche es magische Hilfe. Er bestellte einen berühmten Magier aus Babylon, der sollte einen Fluch auf das Volk legen.
Doch Bileam fluchte nicht, er segnete wieder und wieder. Schließlich sprach er den bedeutsamen Spruch von dem Stern. "Ich sehe ihn, aber noch nicht jetzt, ich schaue ihn, aber nicht von nahe. Ein Stern wird aufgehen aus Jakob und ein Zepter in Israel, der wird Moab die Schläfe zerschlagen." Der Spruch blieb unvergessen. Einige 100 Jahre später schlug König David die Moabiter vernichtend - was lag näher als den Stern zu seinem Zeichen zu machen - den Davidstern "magen david".

Doch der Glanz seines Reiches erlosch, neue Hoffnung war notwendig, und sie verband sich mit dem alten Sternenspruch "ein König wie David wird kommen, dann wird Gottes Macht und Gerechtigkeit wieder strahlen in Israel" - das war die Hoffnung, je dunkler die Zeiten, um so heller. Doch auch in Babylon ging die Entwicklung weiter. Ob für Bileam damals schon die Planetenstellung Anlaß für seinen Sternspruch war, das wissen wir nicht - aber, daß die sternenkundigen Priester im Sonnentempel von Sippar aufmerksam die Planetenbahnen mit ihren Konjunktionen beobachteten, mit gewissenhaften Deutungen der Wirkungen auf das Erdgeschehen, das wissen wir, denn die Bibliotheken dieser Astronomen-Astrologen sind erhalten geblieben. Sie bestanden aus gebrannten Tontafeln mit Keilschrift.

Und während in Palästina die Erwartung auf einen verheißenen Retter, auf den Messias - den Davidsohn und "Sternensohn" immer brennender wurde - da wuchs in Babylon eine Erwartung in gleicher Richtung, aus astrologischem Ursprung. Schon viele Jahre im voraus konnten die Sternenpriester die Bahn der Planeten am Fixsternhimmel berechnen - und da bahnte sich Großes an: Jupiter der Stern des Königs, wird bald dreimal dem Saturn begegnen, dem Stern des Westlandes, dem Stern der Juden; und das im Sternbild der Fische, dem Haus des Saturn.

War schon die dreimalige Begegnung der beiden Planeten auf ihrer langsamen Bahn ein großes Ereignis - "die größte Konjunktion" wird sie genannt - so war diese Konjunktion im Sternbild der Fische das allergrößte, was sich am astrologischen Sternenhimmel zeigen konnte. "Wenn das und das am Himmel geschieht, dann wird im Westlande (also in Palästina, westlich von Babylon) ein großer König aufstehen. Dann wird Gerechtigkeit, Frieden und Freude in allen Landen herrschen und alle Völker beglücken", so heißt es auf Keilschrifttafeln, die sich mit dem Sternenereignis befassen.

Im Jahre 7 vor unserer Zeitrechnung trat die größte aller Konjunktionen ein, und die Priester-Astrologen machten sich auf den Weg

Als im Jahre 7 vor unserer Zeitrechnung diese größte aller Konjunktionen eintrat, da war den Priester-Astrologen klar, was zu tun war. Sie machten sich auf den Weg nach Westen, denn nach Palästina hatte der Stern gewiesen. Weihegeschenke aus ihrem Tempel - schon längst bereitgestellt für das errechnete und erwartete Ereignis - nahmen sie mit nach Jerusalem: Gold Weihrauch und Myrrhe. 1.200 km ist der Weg von Mesopotamien bis nach Jerusalem - schließlich waren sie am Ziel der Reise.

Vom Ölberg sahen sie Jerusalem vor sich, im Glanz der Abendsonne leuchtete der Tempel. Herodes der Große hatte ihn neu bauen lassen aus weißem Marmor mit goldenen Zinnen - und Herodes der Große - das mußte der Vater des erwarteten Weltenkönigs sein. Doch als sie in die Stadt einzogen und nach dem "neugeborenen König der Juden" fragten, da begegneten sie zunächst Unverständnis. "Herodes ist alt und er hat keinen neugeborenen Sohn". Als sie weiter fragten, nach dem verheißenen großen Weltkönig, vielleicht sogar nach dem Messias, da stand vor ihnen Erschrecken und Angst. "Psst! Redet nicht vom Messias, Herodes bringt euch um". Doch das Psst half nichts, die allgegenwärtigen Spitzel des Königs hatten die Frage schon erlauscht und weitergemeldet. "Als das der König Herodes hörte, erschrak er und mit ihm ganz Jerusalem, und er ließ zusammenkommen alle Hohenpriester und die Schriftgelehrten des Volkes und er forschte von ihnen wo der Christus geboren werden sollte. Und sie sagten ihm in Bethlehem" und zitierten den Propheten Micha. So berichtet das Matthäus-Evangelium. Woher der Schreck bei einer solchen Frage? Warum ein solcher Aufwand zur Klärung?

Stellt euch vor: Neben euch ein Pulverfaß - und da zündet jemand ein Streichholz an, ahnungslos. Was würdet ihr machen? "Das Streichholz ausschlagen!" Natürlich! Jerusalem, ganz Palästina war ein Pulverfaß. Beherrscht von römischen Besatzern regte sich überall der Widerstand. Zeloten schlugen hier und da blitzschnell zu mit tollkühnen Überfällen auf die römischen Trupps und auf römische Lager, Sikkarier - "Dolchmänner", töteten römischen Soldaten, wo sie diese einzeln antrafen - und reihenweise wurden Kreuze aufgerichtet, an denen die starben, derer die Besatzer habhaft wurden.

In Qumran am Toten Meer lebten ganz fromme Juden, die dort in klösterlicher Absonderung warteten auf das Kommen des Messias, der sie führen würde in der letzten Schlacht der Söhne des Lichts gegen die Söhne der Finsternis - damit das Reich Gottes anbrechen könnte in seinem Volk. Wenn da ein Führer auftreten würde, legitimiert durch die Schrift der Bibel oder durch ein Zeichen des Himmels, ein Führer, der alle Kräfte des Widerstandes und allen Protest vereint hätte - der Aufstand würde losbrechen. Und Herodes kannte Rom, auch die führende Schicht in Jerusalem wußte, daß für die gewaltsame Befreiung von der Weltmacht Rom keine Chance bestand. Der Aufstand mußte in die Katastrophe führen - und jetzt wurde von der Geburt dieses Führers gesprochen und das Zeichen des Himmels gezeigt.

Doch nicht umsonst hieß Herodes "der Große". Mit sicherer Hand übernimmt er die Regie. Einberufung der Expertenkommission - "Bethlehem ist der Ort". Ein Wink an den Geheimdienstchef - und plötzlich sind unsere Weisen zwangsvorgeführt bei Herodes, dem König, vor dem Jerusalem zittert. Doch ihr Schreck löst sich: Der erste, der sich wirklich interessiert für ihre Kunde ist dieser König - und er hilft ihnen: "Geht nach Bethlehem - es ist nicht weit - und wenn ihr das Kind gefunden habt, gebt mir Bescheid, damit ich es auch verehren kann" so sagt er und bringt sie durchs Tor aus dem Palast an der Stadtmauer direkt auf den Weg. "Zwei Stunden, geradeaus nach Süden, da findet ihr Bethlehem". So machen sie sich aus zum letzten Teil ihrer langen Reise - sie sind wieder froh geworden nach der Enttäuschung in Jerusalem.

Es dunkelte schon, als sie aus dem Palast traten an der Hohen Mauer mit den drei Türmen. Der Weg ging leicht abwärts, im Westen stand noch das Abendrot. Vorne zog sich die Mauer im Bogen nach links und als sie dahin kamen, da öffnete sich vor ihnen ein weites Tal und gab den Blick auf den südlichen Himmel frei. Da stand das Sternenzeichen, direkt über ihrem Weg und jetzt wurde ihnen bewußt, was sie in den unruhigen engen Gassen Jerusalems fast vergessen hatten: Jetzt ist der Zeitpunkt des Stillstandes, der Umkehr des Jupiter bei seiner Bahn am Fixsternhimmel. Noch einmal wird er zurücklaufen zum Saturn und ihm begegnen. "Er blieb stehen im Gehen" steht in dem Bericht - und:

"Da freuten sie sich, eine große Freude gar sehr" - das ist die präzise Übersetzung. Ihre Freude wuchs noch. Als es völlig Nacht wurde - da ging immer deutlicher von den beiden Planeten ein Lichtkegel aus, als wollten sie das Ziel beleuchten. Als unsere Reisenden sich dann dem Hügel näherten, auf dem Bethlehem liegt, da schien es, als ob sich da oben der Stern und die Häuser von Bethlehem begegneten im Schein des Lichtkegels. Wahrscheinlich kannten sie das "Zodiakallicht" - ein Sichtbarwerden der Planetenebene mit dem angereicherten kosmischen Staub, welcher das Sonnenlicht reflektiert, ein Lichtphänomen am südlichen Nachthimmel - doch in dieser einmaligen Situation war es wie eine himmlische Bestätigung ihrer Hoffnung.

Und da oben in Bethlehem fanden sie das Kind. Kein Zweifel war möglich: "Du bist es, den schon unsere Väter und Vorväter erwarteten, den uns die göttlichen Sternenzeichen angekündigt und zu dem sie uns geführt haben. "Und sie beteten es an und brachten ihre Gaben: Gold, Weihrauch und Myrrhe". Soweit hatte ich dem Patienten die Geschichte erzählt, etwas kürzer als hier und nicht durch Musik unterbrochen.

Kreuz oder Sternzeichen

"Sehen Sie", sagte ich, "wenn die Sterne jemals eine eindeutige Aussage gemacht haben, dann die: "Dieses Kind ist der von Gott gesandte Führer für die Menschen". Das heißt doch: "Jetzt dreht euch nicht mehr um nach uns, den Sternen, sondern hört auf ihn". Interessiert hatte er zugehört. Später beim Diktat holte ich aus der Archivtüte eine alte Aufnahme zum Vergleich. Damals war er noch gesund gewesen; bei der Röntgenaufnahme hatte er seine Kette nicht abgenommen, so daß sie mit fotografiert war - doch der Anhänger war damals ein Kreuz.
Einige Tage darauf kam der Patient wieder zur Kontrolluntersuchung, es ging ihm wesentlich besser. "Ich muß Ihnen etwas zeigen", sagte ich und holte die alte Aufnahme aus der Röntgentüte. "Sehen Sie, was Sie damals für ein Zeichen trugen als es Ihnen gut ging, das waren nicht die Zwillinge." "Ich trage sie nicht mehr", sagte er. Da habe ich mich gefreut.

Oft muß ich an ihn denken, denn oft begegnen mir Menschen mit ihrem Sternkreiszeichen. Selten sage ich etwas dazu - nur wenn jemand Kreuz und Sternenzeichen zusammen an einer Kette hat, da fordere ich ihn schon einmal, auf sich zu entscheiden zwischen Glauben und Aberglauben - manche verstehen es.

Dr. Hans Frisch