Jude, aber kein Zionist
             Meir Hirsch kämpft mit einer ultra-orthodoxen Partei gegen 
              den Staat Israel
            22.05.2010: Der als ultra-orthodox 
              geltende jüdische Rabbiner Meir Hirsch lebt seit über 
              fünfzig Jahren in Jerusalem. Ein Visum hat der 54-jährige 
              amerikanische Staatsbürger nicht. Streng genommen ist er illegal 
              im Land, obwohl er das nicht müsste, denn das israelische Rückkehrrecht 
              garantiert allen Juden automatisch mit der Einreise die israelische 
              Staatsbürgerschaft. Doch der ultra-orthodoxe Rabbiner weigert 
              sich. Er will keinen Pass von einem Staat, dessen Existenz er nicht 
              akzeptiert. 
            Gründung des Staates Israel 1948 sei "absolut gegen 
              die Thora" und Unrecht
            Israel Meir Hirsch gehört 
              der Partei Neturei Karta an, den "Wächtern der Stadt", 
              einer Splittergruppe innerhalb der ultra-orthodoxen jüdischen 
              Gemeinde Israels. Die kleine, jedoch lautstarke Gruppierung ist 
              radikal antizionistisch und betrachtet die Gründung 
              des Staates Israel 1948 als Unrecht. "Das ist absolut gegen 
              die Thora", sagt Hirsch auf Jiddisch. Weil auch das moderne 
              Hebräisch eine Erfindung des Zionismus ist, hat er die Sprache 
              nie gelernt. 
            Der jüdische Staat nicht durch Menschenhand, sondern wenn 
              der Messias komme
             Die Errichtung des Staates 
              Israel sei ein Vorgriff auf das messianische Zeitalter, sagt er. 
              Erst wenn der Messias wieder komme, dürfe im verheißenen 
              Land ein jüdischer Staat entstehen - durch göttliche Fügung 
              und nicht durch Menschenhand. Israel Meir Hirsch folgt in der Leitung 
              der Partei seinem am 2. Mai im Alter von 86 Jahren verstorbenen 
              Vater Mosche Hirsch nach. Ein schwieriges Erbe, denn Mosche Hirsch 
              war eine schillernde Figur. 
            Die anti-zionistischen Partei unterhält enge Beziehungen 
              zur Palästinensischen Führung
             Geboren im New Yorker 
              Stadtteil Brooklyn, immigrierte Mosche Hirsch 1957 nach Israel. 
              In den 1980er Jahren trat er mit Palästinenserführer Jassir 
              Arafat in Kontakt, der sich damals im tunesischen Exil befand. Der 
              PLO-Chef ernannte Hirsch zu seinem "Berater für jüdische 
              Angelegenheiten". Nach dem Oslo-Abkommen von 1993 und der Errichtung 
              der Autonomiebehörde war Hirsch Arafats "Minister für 
              jüdische Angelegenheiten" und nahm an Kabinettsitzungen 
              teil. Zu Hirschs Tod schickte Palästinenserpräsident Mahmut 
              Abbas einen Beileidsbrief an die Familie. Die enge Verbindung der 
              antizionistischen Partei mit den Palästinensern wird religiös 
              begründet. "In der Thora heißt es, dass das jüdische 
              Volk unter den anderen Völkern im Heiligen Land leben darf", 
              sagt Nachfolger Israel Meir Hirsch. "Die Juden haben also kein 
              Recht, das Land der Palästinenser gegen deren Willen zu bewohnen." 
             Yehuda Goodman, Ethnologieprofessor 
              an der Hebräischen Universität in Jerusalem und Experte 
              für strenggläubige Juden in Israel, hält den Einfluss 
              der Partei für sehr gering. "Neturei Karta ist eine Sekte, 
              die traditionell schon immer mit den Feinden Israels zusammenarbeitet", 
              sagt er. "Innerhalb der ultra-orthodoxen Gemeinde sind sie 
              aber eine Minderheit." 
            Ein Schild an Mosche Hirschs Haus stellt klar: "Ein Jude, 
              aber kein Zionist"
             Ebenso wie sein Vater 
              trägt auch Israel Meir Hirsch seine Gesinnung öffentlich 
              zur Schau. Neben der Klingel an seinem Haus im ultra-orthodoxen 
              Jerusalemer Stadtviertel Mea Schearim stellt ein Schild auf Hebräisch, 
              Arabisch und Englisch klar: "Ein Jude, aber kein Zionist". 
              Die Hirschs lehnen jedes Zusammenwirken mit dem jüdischen Staat 
              ab. Sie wählen nicht, sie nehmen keine Sozialleistungen an, 
              sie haben keine Krankenversicherung und ihre Kinder gehen auf privat 
              finanzierte Religionsschulen. Größe und Einfluss der 
              Gruppierung lassen sich nur schwer beurteilen. Während Rabbiner 
              Hirsch von weltweit 100.000 Sympathisanten ausgeht, schätzt 
              die israelischen Zeitung "Haaretz", dass der Partei weltweit 
              nur "einige Dutzend Familien" angehören. 
            "Unsere Ideologie ist: Ein Staat für zwei Nationen" 
            
             Israel Meir Hirsch will 
              das Erbe seines Vaters unverändert fortsetzen. "Wir fahren 
              nach Ramallah und planen gemeinsame Aktionen gegen die Mauer im 
              Westjordanland und für die Rechte der Araber in Ostjerusalem", 
              sagt Hirsch. "Wenn die Palästinenser auf die Straße 
              gehen, dann gehen wir mit." Mit linken Israelis, die sich ebenfalls 
              für die Palästinenser einsetzen, will Hirsch nicht zusammenarbeiten. 
              "Die Linken wollen eine Zweistaatenlösung", sagt 
              er. "Unsere Ideologie ist: Ein Staat für zwei Nationen." 
              Das Heilige Land könne man nicht trennen. 
             Auch den Kontakt der 
              Partei mit dem iranischen Präsidenten Ahmadinedschad will Rabbiner 
              Hirsch weiter pflegen. 2006 hatte für Schlagzeilen gesorgt, 
              als eine Delegation der ultra-orthodoxen Juden an einem Kongress 
              in Teheran teilnahm, auf dem der Holocaust geleugnet wurde. Israel 
              lässt die staatsfeindliche Splittergruppe trotzdem gewähren. 
              Neturei Karta stelle keine Bedrohung für die Sicherheit des 
              Staates dar, erklärt Ethnologieprofessor Goodman die Passivität. 
              In der israelischen Öffentlichkeit werde viel toleriert, fährt 
              er fort, "so lange es sich dabei um das Judentum handelt." 
            Quelle: Jesus.de-Newsletter 
              vom 19.05.2010 /epd 
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