Psalm 119gesendet am 26.10.2008 von Dr. Hans Frisch | 
     
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 Als erstes wurde ein Werk vorgestellt über den Psalm 119. Der Künstler war anwesend - Milos Navratil. Die Installation war so beeindruckend, dass ich sie vorstellen möchte. Die Mittel sind sehr konkret, sodass die Fantasie nicht strapaziert wird: Eine zirka zwei Meter hohe Wand aus vier annähernd handbreiten Kieferbrettern 
        mit schmalen Zwischenräumen, aufgestellt mit seitlichen Fußbrettern. 
        Im oberen Drittel ist mittig ein Rad befestigt, von einem Fahrrad. Es 
        reicht seitlich knapp über den Rand der Bretter hinaus. An den Speichen 
        sind fahnenartig schmale Papierstreifen befestigt - 176 insgesamt, denn 
        so viel Verse hat dieser Psalm 119. Auf jedem Streifen ist ein Vers aufgedruckt, 
        in verschiedenen Schriftarten. Beim Lesen des Psalms, kann man einen ähnlichen Eindruck bekommen. 155 mal kommen in den 176 Versen Begriffe vor wie "Gesetz", "Gebote", "Mahnungen", "Gericht". Als ich das Rad drehte, stand der Vers 92 vor mir: "Wenn dein Gesetz nicht mein Trost gewesen wäre, so wäre ich vergangen in meinen Elend." Schon früher hatte ich mich gewundert, wie jemand ein Gesetzbuch in so hohen Tönen loben kann. "Wenn in einer gesetzlosen Zeit ein gutes, klares Gesetz gegeben wird, das kann schon begeistern" - so dachte ich damals. Doch jetzt sah ich plötzlich klarer: Das Gesetz, die "Thora" - das ist die Urkunde des Bundes, den Gott mit dem Volk Israel geschlossen hat, mit dem Volk, dass er sich auserwählt hat. Nicht, weil es das größte oder das beste Volk gewesen wäre 
        - es war wohl das kleinste, eben geflohen aus der Knechtschaft in Ägypten, 
        also ein Volk entflohener Sklaven, und, wenn man die weitere Geschichte 
        liest, wahrlich nicht das beste - eher im Gegenteil. "Ich habe dich 
        erwählt, weil ich dich liebe" sagt Gott zum Volk. * * * Musik * * *  | 
  
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       Wer die Begeisterung des Psalmisten über das Gesetz nicht nachvollziehen 
        kann, der sollte einmal das Grundgesetz der Bundesrepublik vergleichen 
        mit dem entsprechenden Gesetz aus der Nazizeit. Das Gesetz, das der Psalm 
        immer wieder lobt und preist ist die Bundesurkunde Gottes mit seinem auserwählten 
        Volk. Das Grundgesetz hat 146 Artikel - in der Thora sind 613 Einzelgesetze, die das Leben des heiligen Volkes ordnen, bestimmen und schützen, wie die Umgebung eines Heiligtums. Wer diese Tabugrenze überschreitet, also wer ein Gebot übertritt, er ist draußen, er gehört nicht mehr zum heiligen Volk. Schätze einmal, wie viele Generationen lang er noch ein Volk haben wird mit diesem Gesetz? Vielleicht gibt es nach 100 Jahren noch einige einzelne Heilige - wahrscheinlich haben aber alle irgendwann ein Gebot übertreten. Doch, das Gesetz - und damit das jüdische Volk - ist schon über 3.000 Jahre alt. "Wer ein Gebot übertritt und es erkennt, der soll eine Ziege 
        oder eine Schaf als Sündopfer bringen, er soll es schlachten vor 
        dem Heiligtum. Der Priester kommt dann heraus, nimmt etwas von dem Blut 
        des Tieres und streicht es an die Hörner des Altars - "und ihm 
        wird vergeben." Das heißt, er gehört wieder dazu! 
 
 * * * Musik * * *  | 
  
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 Da steht die Wand aus vier Brettern - und da, wo auf der anderen Seite das Gesetz sich dreht, ist das Kreuz von Golgatha - das Lamm Gottes als Opfer für unsere Schuld. Wer das Opfer annimmt für sich, dem gilt: "Und ihm wird vergeben." Er wird aufgenommen in den heiligen Neuen Bund. Eine geniale Darstellung. Das klingt dir zu einfach? Auf der einen Seite das Gesetz, die Gebote, die Gerechtigkeit und das Gericht - und auf der anderen Seite die Liebe, die Vergebung, die Gnade. Das schließt sich doch gegenseitig aus - absolute Gerechtigkeit und absolute Gnade. Und das ist das stärkste an diesem Werk, der Künstler hat das dargestellt. Er hat es spürbar gemacht, buchstäblich "begreifbar". 
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 Doch auf dem bedrohlichen Stein ist ein rot gemaltes Herz sichtbar - wie die Hoffnung auf einen barmherzigen Richter. Von dem Stein zieht der Faden weiter zum Kreuz, er umschlingt den Körper des Gekreuzigten - der ist auf der Seite blutig rot, und rot hängt der Faden unter den Kreuz hinunter. Dort sind im unteren Drittel der Wand zwei Klemmen angebracht, an einer ist das Zeitungsbild eines wahrscheinlich Aids- kranken Kindes in einem Slum, darunter ein Kind in einer Steppenlandschaft, als ob es verdurstet.  | 
  
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 Wer die Lieder von Paul Gerhard hört oder singt, die Passionen von Bach, oder die Psalmen und die Evangelien liest, der spürt etwas von der Süßigkeit, die durch diese Botschaft in die Welt und in unser Leben kommt, durch die Botschaft, die der Künstler so eindrucksvoll dargestellt hat. Wer will, kann am nächsten Sonntag in die Baptistengemeinde am Südring kommen - gegenüber der ehemaligen SS Kaserne, und sich das Werk betrachten. Der Gottesdienst beginnt um 10:00 Uhr. Wer mich anruft, mit dem mache ich auch einen Termin in der Woche aus. Alle andern können sich wenigstens die Fotos im Internet ansehen unter ww.aref.de, da steht auch meine Telefonnummer am Ende dieses Beitrags. 0911 594361.  | 
  
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Im 
        letzten Gottesdienst wurde in unserer Gemeinde eine Predigtreihe über 
        die Psalmen gestartet - zusammen mit der Ausstellung von Künstlern, 
        die Bilder zu dem Thema gemacht hatten. Zumeist mannshohe schmale Formate.
Wer 
        das Alte Testament liest, wird sehen, wie das wieder und wieder notwendig 
        wurde und wieder und wieder geschah - mit Einzelnen und mit dem ganzen 
        Volk.
Kommen 
        wir zurück zu dem Rad mit dem Psalm 119. Auf der Nabe des Rades steht 
        rot der Buchstabe A - und wenn man das runde Rad als O sieht, so lautet 
        die Botschaft: A und O, Alpha und Omega - Anfang und Ende im griechischen 
        Alphabet. So bezeichnet sich Jesus in der Offenbarung: "Ich bin das 
        A und das O, der Anfang und das Ende." Die Bretterwand wurde umgedreht, 
        und auf der Rückseite war ein Kruzifix sichtbar. Die Achse des Rades, 
        um die sich der ganze Psalm über das Gesetz dreht, ist der Mittelpunkt 
        des Kreuzes. Ein starkes Bild.
Oben 
        an der Bretterwand, da hängt ein Stein - es sind drei Granitwürfel, 
        wie in einem Netz zusammengebunden - er wirkt bedrohlich wie ein drohendes 
        Gericht. Aus der Nähe sieht man, der schwere Stein hängt an 
        einem Zwirnfaden, und der ist gespannt wie eine Saite, man berührt 
        ihn nur vorsichtig, weil man das Gefühl hat, er könnte reißen.

Da 
        könnten viele, viele Bilder hängen aus vielen Zeitungen. Bilder 
        einer verlorenen, erlösungsbedürftigen Welt, auch dein Bild 
        und mein Bild. Mit dieser Welt, mit diesen Menschen, ist der Gekreuzigte 
        verbunden durch das Blutband - doch das hängt locker, als Angebot, 
        als Rettungsseil. Um die Zeitungsbilder herum sind Papiertaschen angeklebt, 
        in denen Schokoladenriegel stecken. Wer will, darf darinnen ein köstliches 
        Angebot sehen und sich einen Riegel nehmen.