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Paul Gerhardt war nicht nur ein begnadeter Liederdichter, sondern auch ein treuer und unbeugsamer lutherischer Christ.
1657 kam er nach Berlin. Die Stelle als Diakon an St. Nikolai hätte die Krönung seines Lebens sein können, aber sie endete im Desaster. Die ersten fünf Jahre verwaltete Gerhardt friedlich sein Amt angesehen und beliebt in allen Kreisen. Dann trafen ihn die Ereignisse, die entscheidend in sein äußeres und inneres Leben eingreifen sollten.
Das damalige Deutschland 
  bestand noch aus vielen Kleinstaaten. Im religiösen Bereich herrschte die 
  Formel: "cuius regio eius religio", wessen Region, dessen Religion. 
  D. h. das Glaubensbekenntnis des jeweiligen Landesfürsten war Maßgebend 
  für das seiner Untertanen. 
  Das Herrschergeschlecht der Hohenzollern war zum reformierten Bekenntnis übergetreten. 
  Seine Untertanen folgten dem Herrscher aber nicht, sondern blieben in der Regel 
  Lutheraner. Der Kurfürst fördert die Reformierten und so wird die 
  lutherische Elite am Hofe nach und nach ausgebootet.
  Deshalb zieht sie gern über die Reformierten auch von der Kanzel herab 
  her. Aber der Kurfürsten will den Konfessionsfrieden im eigenen Land, weshalb 
  er die gegenseitigen Lästereien, ja Verdammungen abzustellen sucht.
Schon 1615 erlässt 
  er ein Edikt, das den Bestand des Luthertum garantiert und damit den Grundsatz: 
  "cuius regio eius religio" bereits zu diesem Zeitpunkt durchbricht. 
  Das von der Staatsräson geforderte Nebeneinander von Luthertum und Calvinisten 
  führt zu ständigen Streitereien. Der Kurfürst unterstützte 
  die Reformierten, denen aber in der Bevölkerung der Rückhalt fehlte. 
  
  Gerhard erarbeitete ein vorzügliche lutherische Gutachten aus für 
  das vom Kurfürsten 1662 ausgeschriebene Religionsgespräch zwischen 
  den lutherischen und reformierten Predigern Berlins. Darin zeigt er sich als 
  scharsinniger Theologe, gewandter Dialektiker und blendender Verfechter der 
  lutherischen Lehre. Aber auch als Hardliner, der den Reformierten das Christsein 
  abspricht.
Da die Kampfstimmung 
  in beiden Lagern wächst, ergriff der Kurfürst offen für die Reformierten 
  Partei und will die lutherischen Geistlichen durch ein Edikt zu Toleranz und 
  Anerkennung der reformierten Lehre verpflichteten. 
  Zur Toleranz waren die Lutheraner bereit, die zweite Forderung jedoch ging ihnen 
  gegen das Gewissen. Sie konnten die Echtheit des evangelischen Glaubens nur 
  in der Form der lutherischen Lehre anerkennen. Jahrzehntelang hatte man in Glaubenskriegen 
  um den reinen Gauben gekämpft. Jetzt zurückzuweichen, wäre ihnen 
  wie Verrat vorgekommen. 
Da Paul Gerhardt aus innerer Überzeugung auf das Luthertum verpflichtet war, konnte er die kurfürstliche Verordnung nicht durch seine Unterschrift anerkennen. Auch stand er als Mitverfasser und Mitunterzeichner der lutherischen Eingaben beim Kurfürsten als einer der Wortführer der Unerschütterlichen in deren vorderster Reihe.
Nach langem Hin 
  und Her hatten dann aber die meisten Pfarrer doch unterschrieben, sicherlich 
  schweren Herzens, aber sie dachten an Amt und Brot, Familie und Kinder. Die 
  anderen wurden 1666 aus ihrem Amt entlassen. Paul Gerhardt erging es nicht anders. 
  Aber er wurde ein Jahr später wegen der vielen Bittschriften und Bemühungen 
  der Bürgerschaft und des Magistrats, wieder in sein Amt eingesetzt. 
  Paul Gerhardt war darüber nicht glücklich. Die Unterschrift war ihm 
  zwar erlassen, aber der Kurfürst erwartete von ihm, dass er sich auch so 
  den Verordnungen fügen werde. Praktisch bedeutete dies die Anerkennung 
  der kurfürstlichen Maßnahmen auch ohne Unterschrift. Darum nahm Gerhardt 
  zwar seine Amtsgeschäfte wieder auf, aber nicht die Predigttätigkeit.
Der Magistrat wandte sich an den Kurfürsten mit der Bitte, er möchte ihm den Gehorsam gegen die Verordnungen erlassen und ihm gestatten, seien Gemeinde im Luthertum zu unterweisen. Der Große Kurfürst hatte nun die Sache satt und Paul Gerhardt musste um seines Gewissens und Bekenntnisses willen endgültig auf sein Amt verzichten. Und so stand er im Alter von 61 Jahren ohne Amt und Einkommen da.
Roger Hofeditz
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  bei uns:
  Paul Gerhardt, der Liederdichter, Teil 
  1  
  Paul Gerhardt, der Liederdichter, Teil 
  2
  Paul-Gerhard-Biographie
  Paul Gerhardt, der Theologe
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  Geburtstag von Paul Gerhardt
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