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Epiphanias
gesendet am 06.01.03 von Dr. Hans Frisch
 

Weihnachten - Neujahr - Epiphanias - Ein Dreiklang

Weihnachten - Neujahr - Epiphanias - es ist wie ein Dreiklang. Wer regelmäßig AREF hört und ein gutes Gedächtnis hat, der erinnert sich an die Sendung zu Trinitatis, dem Tag der Dreieinigkeit. Wir hatten damals von der besonderen Bedeutung der Drei gesprochen und auch vom Dreiklang: Wie der erste Ton erklingt, der zweite eine Spannung erzeugt - und der dritte die Harmonie herstellt. Vielleicht gelingt das auch mit den drei Festtagen, sie in Spannung und in Harmonie zu bringen.

Den ersten Ton, Weihnachten, haben wir wohl noch im Ohr. Lasst uns einmal versuchen, ihn mit dem dritten, mit Epiphanias, zusammen zu hören. "Es geschah aber zu der Zeit, dass ein Gebot vom Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde" - "dass alle sich in Listen eintragen lassen" übersetzt eine neuere Bibelausgabe. Diese Listen sind nicht erhalten. Die Ruinen der Pracht von Rom sind Reste des Reichtums, der mit solchen Steuerlisten aus den Provinzen des römischen Weltreichs gepresst wurde.

Sternlisten und Steuerlisten

"Als Jesus geboren war in jüdischen Lande kamen Weise aus dem Morgenland und sprachen: 'Wir haben seinen Stern gesehen' ". Auch bei diesen Weisen, antiken Astronomen, die damals selbstverständlich eher Astrologen waren - gab es Listen, die sind erhalten, denn sie sind in Keilschrift auf Tontafeln geschrieben. Generationen von Sternbeobachtern haben die Bewegung der Sterne, vor allem der Planeten im Tierkreis, aufgeschrieben, haben berechnet wie die Stellung in der Zukunft sein wird und haben ergründet, was daraus folgt für die Geschehnisse auf Erden. Diese Listen sind ausgegraben in dem astronomischen Sonnentempel Sippar am Euphrat. Die Konstellationen von Jupiter und Saturn im Jahr 7 vor unserer Zeitrechnung sind nachzulesen auf den Tafeln, die im Staatlichen Museum Berlin liegen.

In Bethlehem und im ganzen Römischem Reich wurde mit aller Gewalt, auch mit Folter und Denunziationen, die Zuordnung von steuerpflichtigem Besitz - vor allem Grundbesitz - zu steuerpflichtigen Personen ermittelt, damit der Glanz Roms noch strahlender werde.

Gebot und Botschaft

Am Euphrat wurde mit aller Kraft, mathematisch, astronomisch und astrologisch, erforscht, was und wen die strahlende größte Konjunktion von Jupiter und Saturn im Sternbild der Fische anzeigt. Beim Kaiser Augustus ging es um ein Gebot - bei den Weisen um eine Botschaft.

Die vielen Millionen Steuermünzen der Schätzung sollten in Rom Reichtum und Pracht vergrößern und die Macht des Kaisers mehren - die Botschaft der unendlichen Berechnungen und Beobachtungen am Euphrat kündigten die Geburt eines Herrschers an, der Frieden, Wohlstand und Glück für alle Völker der Erde bringen würde. Während der römische Statthalter Cyrenius von Syrien die Volkszählung im Orient organisierte, bereiteten sich im Sonnentempel von Sippar die Weisen auf ihre Reise nach Jerusalem vor - vielleicht brachen sie gerade auf, als Josef und Maria sich auf den Weg nach Bethlehem machten, der Stadt Davids. So kommt es durch Kaisergebot und Sternenbotschaft zu der Begegnung in Bethlehem.

( Musik )

AREF zum Dreikönigstag

Seit 15 Jahren sendet AREF - also dürfte auch schon 15 mal Sendung am Dreikönigstag gewesen sein. Ich durfte schon zweimal erzählen, was damals geschehen ist (und was geschehen sein könnte). Von den astronomischen Hintergründen der dreimaligen Konjunktion von Jupiter und Saturn, damals im Zeichen der Fische, von der astrologischen Bedeutung und Deutung, von dem Weg der babylonischen Weisen durch die Steinwüste nach Jerusalem, ihrer Enttäuschung, der Begegnung mit Herodes, dem Stern über ihrem Weg nach Bethlehem und der große Freude, von der Anbetung, von dem Befehl im Traum, dem König Herodes nichts mitzuteilen und auch von dem Kindermord des Königs. Das kann man nachlesen im Matthäusevangelium und sich vorstellen mit etwas Fantasie und Hintergrundwissen. Wer will kann auch im Internet unter www.aref.de die Sendung vom vorigen Jahr noch einmal anklicken.

Ein dramatischer Besuch

Wir wollten versuchen, Weihnachten und Epiphanias zusammen zu hören - und waren an dem Punkt, wo Kaisergebot und Sternenbotschaft aufeinander treffen. In vielen Bildern, in Geschichten, Gedichten, Liedern und in manchem Brauchtum ist diese Begegnung, die "Anbetung der drei Könige", dargestellt - als rührende Episode, als bewegendes Ereignis, als wunderbare Führung. Die dramatische Bedeutung der Begegnung wird davon fast verdeckt: Durch ihr Auftreten in Jerusalem, ihre Fragen und ihre Antworten vor Herodes hatten die Weisen die verborgene Geburt im Stall von Bethlehem zum öffentlichen Ereignis gemacht - und damit die Eltern und das Kind zur Flucht gezwungen. So wurde das Kind aus allen familiären und heimatlichen Verbindungen herausgerissen und auf den Weg seiner Bestimmung gebracht.

Eine Flucht nach Plan

In einer noch früheren Sendung hatten wir die kleine Familie begleitet durch die Bergwüste der Halbinsel Sinai, von Herberge zu Herberge, und uns vorgestellt, wie Maria jeden Abend das helle Sternenzeichen über ihrem Weg sah, ein Zeichen, das die Weisen aus Babylon nach Bethlehem geführt hatte zur dem verheißenen Kind, zu ihrem Kind. Wir hatten uns ausgemalt, was für eine starke frühkindliche Prägung Jesus dadurch und auch durch die frühe Kindheit im ägyptischen Exil bekommen musste - eine Prägung die für uns verständlich macht, wie ein Mensch so eindeutig um seine Sendung wissen kann wie Jesus. Wer die Richtigkeit der Berichte in Frage stellt, der müsste eine einleuchtendere Erklärung geben können - wer sie als verlässlich ansieht, der wird mit mir staunen über die perfekte Regie im Zusammenspiel von Astronomie, Astrologie, Politik, Religion und Psychologie.

( Musik )

Im Brennpunkt der Geschichte

Kaisergebot und Sternenbotschaft führten zu der Begegnung in Bethlehem, derer wir am heutigen Feiertag gedenken. Das Gebot hatte Maria und Josef aus der Stadt Nazareth in das kleine Dorf Bethlehem gezwungen und hier in den engen Stall, wo der zur Welt kam, der die Welt retten sollte.

Die Botschaft der Sterne hatte die Weisen in Babylon auf eine weite Reise berufen, hatte ihnen einen großen wunderbaren Herrscher versprochen, einen Erlöser. Und sie konnten das Kind in der Krippe als diesen Herrscher erkennen. Ihre Geschenke: Gold Weihrauch und Myrrhe sind Gaben der Weihe, eigentlich eine Krönung.

Es ist wie eine Bewegung - sie führt von der himmlischen Verheißung in die Enge, und von der engen Krippe in die göttliche Bestimmung. Wie Strahlen, die sich in einem Brennpunkt sammeln und danach sich ausbreiten. Neujahr könnte Symbol für einen solchen Brennpunkt sein.

Eine Zeitreise zum Jahreswechsel

Wer auf der Nachtseite um die Erde kreisen würde mit der Geschwindigkeit der Erdumdrehung, der könnte an Sylvester 24 mal von Stunde zu Stunde, von Zeitzone zu Zeitzone einmal um den Erdball herum die Lichtzauber der Feuerwerke sehen. (Von dem Feuerwerk der Kriege sind sie leicht zu unterscheiden, sie dauern nicht so lange).

Wenn er etwas wartet, dann sieht er das Neujahr in China am 24. Januar, in Vietnam am 25. Januar, in Tibet am 25. Februar, im Iran am 20. März und so weiter durchs Jahr, in Afghanistan, in Indien, in islamischen Ländern, auf Thailand und an vielen andern Orten.

Sollte unser Beobachter eine Zeitreise in die Vergangenheit machen, dann könnte er solche Feste zurück bis in die Steinzeit beobachten. Eine Landung auf den Turm von Babylon wäre ihm zu empfehlen, denn dort war das Fest gewaltig - die Löwenstraße im Pergamon-Museum von Berlin und das Ischtartor lassen etwas erahnen von der Pracht der Prozessionen. Der Sylvesterrummel unserer Zeit verblasst gegen dieses Neujahrsfest.

Feste machen die Zeit fest

"Wozu der Aufwand?" wird mancher fragen. In Babylon war es allen klar: Wenn auf dem Höhepunkt des Festes der König mit der Priesterin die Heilige Hochzeit begeht, dann ist der Zyklus von Wachstum und Ernte für das kommende Jahr gesichert.
Eine ähnliche Bedeutung dürfte auch die älteren mythischen Neujahrsfeste gehabt haben.

Mircea Eliade, ein Religionsforscher, hat eine einleuchtende Deutung für die Entstehung solcher Feste gegeben: Der frühe Mensch entdeckte das ständige und unaufhaltsame Vergehen der Zeit als Bedrohung. In der Stiftung mythischer Feste im Rhythmus der Jahreszeiten fand er feste Punkte, heilige, gültige Zeit - und auch wir erleben doch noch, wie Weihnachten, Neujahr, Epiphanias und andere Feste Struktur in den gleichmäßigen Ablauf der Zeit bringt.

Die Verhaltenspsychologie weiß, wie wichtig diese Struktur für uns ist: "Zwei Dinge braucht der Mensch: Streicheleinheiten und Zeitstrukturierung." An kaum einem Fest wird diese Strukturierung der Zeit so auf den Punkt gebracht wie an Sylvester um Punkt 12 Uhr.

( Musik )

Weihnachten light oder Weihnacht total ?

Man kann auch Weihnachten als mythisches Fest feiern, und gerade dieses Fest ist psychologisch wichtig - bringt es doch Streicheleinheiten und Zeitstrukturierung in einem. Doch die Geburt von Jesus ist kein Mythos, sondern eine historische Tatsache, so wie die Geburt meiner Großeltern und Eltern und meine eigene Geburt. Die Geburt ist der Anfang einer neuen Geschichte, die den weiteren Verlauf der Welt verändert - bei den meisten nur wenig, bei manchen viel, wie durch Karl den Großen oder Karl Marx oder Adolf Hitler.

Keine Geburt eines Kindes hat solche Folgen für die Weltgeschichte gebracht wie die von Jesus: Ohne Auftreten des Christentums gäbe es kein "Christliches Abendland" mit seinen wissenschaftlichen, technischen, kulturellen und gesellschaftlichen Erscheinung. Ob ein völlig anderes Abendland vielleicht besser gewesen wäre, ist müßig zu fragen. Letztlich wird wohl entscheidend sein, ob es christlich ist oder wird.

So entschneidend ist das Ereignis vor zwei Jahrtausenden, dass die Zeitgeschichte geteilt wird in die Jahrhunderte vor Christus und in die danach - gewissermaßen ist damit das erste Weihnachten ein "Sylvester der Weltgeschichte".

Zeit mit Ziel - Ziel der Zeiten

"Als die Zeit erfüllt war sandte Gott seinen Sohn" - so formuliert Paulus das Ereignis - und da wird etwas Neues sichtbar. Nicht mehr ein ewig wiederkehrender Zyklus der Jahre, sondern eine Geschichte mit einem Ziel und auf ein Ziel hin ist hier die Zeit. Das ist jüdische Weltsicht. Mit dieser Schau wartete und wartet das jüdische Volk auf den Anbruch von Gottes Reich.

"Mein Sohn ist der, der das Gottesreich bringt" - das glaubte Maria dem Engel, das haben die Weisen aus Babylon ihr bestätigt und die Sterne haben es ihr zur Gewissheit gemacht auf ihrem Weg durch die Wüste nach Ägypten. Wie in einem Brennpunkt vereint Jesus die Verheißungen der Propheten des Alten Testaments auf sich, geht im Vertrauen auf diese Verheißungen den Weg seiner Bestimmung bis in den Brennpunkt am Kreuz - dann weiten sich die Strahlen wieder in eine ganz neue Geschichte, mit Ostern und Pfingsten, Entstehung der Gemeinde in Jerusalem und in Syrien, den Missionsreisen des Paulus durch die griechische Welt und die Gründung der Kirche in Rom, bis zu uns, auch zu dieser Sendung.

Neue "Erlöser" - Echte Erlösung

Wer die Kraft dieser jüdisch-christlichen Geschichtsauffassung nicht spürt, der sollte hinschauen, was der materialistische Versuch, die Geschichte an ihr Ziel zu bringen, vollbracht hat: "Was die Christen in 2000 Jahren nicht geschafft haben, dass erreichen wir in 50" so tönten die sowjetischen Erlöser der Menschheit. Sie schufen ein Weltreich und glaubten wirklich an die Erlösung der ganzen Welt im Kommunismus.

Die Klonsekte der Raelianer hat sich mit ihrem gerade zu Weihnachten geborenen Baby ins Rampenlicht gedrängt. Wer ihre Visionen studiert, der wird sehen, ahnen, dass die nächsten Menschheitserlöser wohl schon auf ihre Stunde warten - wahrscheinlich sind sie bedrohlicher als ihre Vorgänger in Nazideutschland und Sowjetrussland.

Trotz aller Katastrophen und Irrwege, trotz Verfolger und Verführer, ist die Geschichte von Jesus und mit Jesus weitergegangen, breitet sich das Licht des Evangeliums weiter aus und erlöst Menschen aus den Bindungen der Schuld, der Sünde und des Egoismus. Nur ich persönlich kann diese Erlösung erleben - oder Du persönlich. Darum ist die Geschichte mit Jesus nie eine Massenbewegung und keine politische Kraft. Es lässt sich auch statistisch nicht berechnen, wie die Welt wäre, ohne solche erlöste Menschen.

Die Gottlosigkeit hat durchaus sichtbare Spuren hinterlassen, auch in unserer Zeit, und lässt auch für die Zukunft Bedrohliches Erwarten. Es ist gut, dass wir durch solche Feste wie Weihnachten - Neujahr - Epiphanias immer wieder erinnert werden und zur Besinnung eingeladen über dem, was uns mit der Geburt Jesu, seinem Leben und Sterben, seiner Auferstehung, seiner Gegenwart, geschenkt ist.

Dr. Hans Frisch

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