zur AREF-Startseite

Jahreslosung 2011

gesendet am 16. Januar 2011 von Dr. Hans Frisch
 

Jetzt geht es wieder los - das Hoffen und Bangen um den Club. Vor einer Woche hat er den türkischen Meister besiegt, und gestern gegen Borussia Mönchengladbach 0 : 1verloren. Sieg oder Niederlage, das bleibt die Frage bei den nächsten neun Spielen für den Club - auch für die anderen Mannschaften, auch in allen anderen Sportarten und Wettkämpfen dieses Jahres.
Besiegt werden oder besiegen, das ist auch die Frage in der Jahreslosung für 2011:

Lass dich nicht vom Bösen überwinden,
sondern überwinde das Böse mit Gutem.
Römer 12, 21

In der wörtlichen Übersetzung: "Nicht lass dich besiegen vom Bösen, sondern besiege durch das Gute das Böse." Damit betreten wir eine Arena, in der nicht unsere Mannschaft für uns kämpft, auch nicht "wir", ich als ein Kämpfer von vielen, gegen einen gemeinsamen Feind, nicht einmal ich, "der Gute" gegen den anderen, "den Bösen" - sondern, "das Böse" könnte mich besiegen, doch durch "das Gute" kann ich es besiegen. In diesem Kampf stehen wir nicht an einer Front, die Front ist in uns, in mir!

Doch wer ist der Feind, was sind seine Waffen, welche Waffen habe ich, was bedeutet Sieg, was Niederlage? Wer hat den Krieg erklärt? Gibt es einen Schiedsrichter, oder einen Verbündeten? Die Fragen bleiben alle offen. "Nicht lass dich besiegen" - das heißt doch: "Du bist schon im Kampf, jetzt. Das Böse hat dich angegriffen. Wenn es dich besiegt, wirst du böse sein - und wahrscheinlich wirst du die Niederlage als Sieg empfinden, zumindest als Gewinn."

Manche Karrieren des Bösen haben so angefangen - und manche haben in olympische Höhen geführt. Hitler war ein kleiner Gefreiter als er anfing, Stalin ein Klosterschüler und mancher Mafiaboss ein Bauernjunge. Auch die zweite und dritte Liga des Bösen hat ähnliche Karrieren, sie fangen schon in der Familie, im Kinderzimmer an, und der Kampf ist nie zu Ende, allenfalls gibt es einen Waffenstillstand auf unbestimmte Zeit.

Ich hoffe, jetzt widersprechen die meisten der Hörer: "Gerade in der Weihnachtszeit konnten wir doch zeigen, wie gut wir sind - vielleicht hat es nicht ganz geklappt, aber "das Böse" war nicht anwesend. Und, es macht uns doch Freude, wenn wir gut sein können." Einen wirklich bösen Menschen kenne ich in meiner Umgebung eigentlich nicht. Geht der Schlachtruf des Paulus nicht doch ins Leere?

Der Vers stammt aus dem Römerbrief, er hat ihn an die Christen in Rom geschrieben, und die begegneten dem Bösen überall - auch das Böse begegnete ihnen. Schamlos bereicherten sich die Mächtigen, ziemlich schamlos lebten sie auch. Die Massen wurden durch Brot und Spiele ruhig gehalten. Christen machten diesen Lebensstil nicht mit - das ließ sie ins Abseits geraten, machte sie verdächtig und wurde schließlich zu ihrem Verhängnis, als sie zu Feinden erklärt wurden und als Opfer der Raubtiere starben bei den Spielen für die Massen. Wie sollte da durch das Gute das Böse besiegt werden? Da bin ich jetzt gespannt, wo uns der Text hinführt!

Musik

Gut und böse ist das Thema, und sicher ist keiner von uns so, dass er sich als "Bösen" bezeichnet. (Die es sind, die hören nicht AREF!) Wenn man den Medien glaubt, dann sind wir allerdings allseits vom Bösen umstellt, und weil das noch nicht reicht, wird der Kampf gegen "das Böse" (und gegen die Bösen) noch in zahllosen Filmen gezeigt und in Büchern erzählt. Von 60 Filmen die in der nächsten Zeit erscheinen, haben 25 dieses Thema (nur vier handeln hauptsächlich von der Liebe). Da muss eine große Nachfrage bestehen!

Ein Grund könnte sein: Im Kampf gegen "das Böse" und gegen "die Bösen" stehen wir auf Seiten "des Guten" und "der Guten", denn im Vergleich zu den gezeigten Bösen sind wir ja wirklich gut. Unsere überhebliche Distanzierung zu diesen und jenen fällt da ja überhaupt nicht ins Gewicht, unsere egoistische Bereicherung und vielleicht unser Geiz sind weit entfernt von dem, was da gezeigt wird an Raub und Betrug, unsere alltäglichen oder nicht alltäglichen Gemeinheiten zählen nichts, angesichts der Quälereien und Foltern die wir da mit Schaudern sehen (leider nicht nur gespielte).

Wären alle so gut wie wir, die Welt würde besser aussehen. Doch Paulus schreibt seinen Brief und seine Aufforderung nicht an die korrupte und böse Oberschicht, auch nicht an die Massen, denen im Kolosseum angesichts des Elends in der Arena ihr eigenes Elend milde erscheint. Er schreibt an die Christen - und nicht nur an einzelne, nicht ganz so gute Christen, sondern an jeden - auch an jeden von uns ist es adressiert: "Nicht lass dich besiegen vom Bösen!"

Wer ist der Feind, was sind die Waffen, was bedeutet Sieg, was Niederlage? Wenn wir nicht als Feind einen allgegenwärtigen personalen Gegner, zu Deutsch "den Teufel", annehmen, dann müsste dieser Feind in uns sein, zu uns gehören. Es ist gar nicht so schwer, ihn zu erkennen: die meisten wirklich bösen Taten kommen aus einem starken Antrieb, wie Machtstreben, Habgier, Sexualtrieb.

Diese Antriebe gehören zu unserer Grundausstattung, sie sind gewissermaßen biologisch angelegt, mit uns geboren, es sind Instinkte. Ein Leben ohne sie wäre kraftlos, lasch und eigentlich unmöglich. Wie ein Motor das Auto bringen sie uns in Fahrt - und mit 150 PS auf freier Autobahn dahinrauschen ist schon herrlich, solange ich das Steuer fest im Griff habe, wenn nötig die Geschwindigkeit mindere und rechtzeitig bremse.

Ja, im Wettkampf siegen, auf der Karriereleiter aufsteigen (d.h. andere überholen), Wohlstand, sogar Reichtum erlangen und ein erfülltes Liebesleben, das macht Freude. Und die Antriebe dazu sind wichtig und gut. Doch (fast möchte man sagen: leider) hat der Mensch die ausgewogene Instinktsteuerung des Tierreichs für seine Freiheit eingetauscht. Auch der stärkste Alphawolf kann nur ein überschaubares Rudel führen - ein Alphamensch kann ein ganzes Volk, sogar mehrere Völker beherrschen und sogar nach der Weltherrschaft streben.
Ein Alphawolf , der die Beute für sich allein beansprucht, schwächt das Rudel, ohne dass er nicht überleben kann - ein Reicher kann rücksichtslos andere schädigen und ausbeuten, um noch reicher zu werden.

Es ist wohl kein Zufall, dass Männer in Alphaposition oft wechselnde oder mehrere Partnerinnen für die Liebe haben - für den Alphawolf ist das Vorrecht der Paarung wohl der Lohn für den anstrengenden Weg an die Spitze - und zugleich erfolgt so die Selektion des starken Erbgutes und wird Inzucht vermieden. Wenn wir aber die Instinktantriebe besitzen (und brauchen), doch die Instinktsteuerung verlassen haben in den Raum der Freiheit, dann ist es gefährlich, ja böse, den Instinkten die Steuerung zu überlassen - denn die Strukturen und Ordnungen der menschlichen Gemeinschaft beruhen auf Übereinkunft, Verantwortung, Regeln und Gesetzen, personaler Partnerschaft und Vertrauen. In diesem Bereich verläuft die Grenze zwischen Gut und Böse, nicht nur die Grenze, sondern die Front, denn der Instinkt stellt unsere Freiheit ständig auf die Probe.

Wenn wir gut trainiert sind, uns an die Regeln halten und das Vertrauen achten, dann merken wir es fast nicht. Werden wird träge, leisten uns Fouls, wenn es nicht bemerkt wird, und missbrauchen das Vertrauen, dann wird es kritisch.

Musik

Genug vom Bösen geredet und vom Kampf, lasst uns vom Guten reden und vom Sieg. Wenn die Instinkte Ursache des Bösen sind, dann wäre das Gute durch Überwindung, Dämpfung, Bändigung der Instinkte zu erreichen - die Menschheitsgeschichte und vor allem die Kirchengeschichte ist voll solcher Versuche. Wir erleben gerade mit, wie übel das ausgehen kann - in Amerika sind ganze Bistümer insolvent geworden durch Wiedergutmachungszahlung an Missbrauchsopfer.

Nicht der starke Motor macht ein Auto gefährlich sondern der unvernünftige Fahrer, der sich von seinem Machtinstinkt zum Rasen antreiben lässt. Brav die Geschwindigkeitsbegrenzungen beachten, alle Regeln und Gesetze befolgen, den möglichen Versuchungen aus dem Weg gehen - das kann auch nicht der Weg zu einem siegreichen Leben sein.

"Zur Freiheit hat euch Christus befreit lasst euch nicht durchs Gesetz knechten" schreibt Paulus an die Galater, und Martin Luther schrieb einem Freund, der so ängstlich-brav leben wollte, aber fast nicht leben konnte: "Mutig gesündigt - und tapfer geglaubt!" Nein, das Gute ist nicht das Böse, das man lässt, es ist die in Freiheit gewollte Tat der Liebe.

Doch wie in die Freiheit kommen, wenn in uns, in meinen Leib die Kräfte sind, die uns bewegen und treiben, die uns auch binden und beherrschen wollen? Die Antwort hat Paulus am Anfang des Kapitels gegeben das mit der Jahreslosung schließt. Ich ermahne euch nun, liebe Brüder, durch die Barmherzigkeit Gottes, dass ihr eure Leiber hingebt als ein Opfer, das lebendig, heilig und Gott wohlgefällig ist. Das sei euer vernünftiger Gottesdienst.

Unseren Leib, mit dem wir geboren sind, der unser menschliches Leben trägt (manchmal ertragen muss), der sein Recht fordert und uns mit Lust und Glück belohnt - den sollen wir Gott als Opfer bringen - lebendig, heilig und wohlgefällig. Es ist eine brüderliche Ermahnung - bei "dem Erbarmen Gottes." Damit sind wir am Kern - nicht nur der Jahreslosung.

So wenig wie ein Wolf ohne Rudel können wir leben ohne Gemeinschaft - und genauso wie ein Rudel den Alphawolf als Mittelpunkt braucht, muss die menschliche Gemeinschaft eine Mitte haben, um die sie sich ordnet, von der aus und zu der hin sie handelt. - Diese Mitte muss verbindlich für alle sein - nicht durch Zwang, sondern durch Heiligkeit.
Wer sich in diese Gemeinschaft einbringt - sich "ihr opfert", der wird ein Teil und bekommt Anteil. (Der Missbrauch dieser Mitte ist furchtbar - so wie jeder Missbrauch des Heiligen furchtbar ist!)

Paulus beschreibt im ganzen zwölften Kapitel, wie so eine Gemeinschaft gestaltet ist, wie sie funktioniert und wie sie lebendig bleibt - die verbindende Mitte ist Christus. Wenn es so eine Gemeinschaft wirklich gäbe, würde ich unbedingt dazugehören wollen. Allerdings müsste ich wohl noch Manches opfern, um da nicht zu stören, und leider sind auch die andern nicht perfekt. Doch Paulus lädt uns trotzdem ein: lasst euch umgestalten, ändert euch durch Erneuerung eures Sinnes, damit ihr prüfen könnt, was Gottes Wille ist, nämlich das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene. Also nicht eine Aufnahmeprüfung steht am Anfang, auch nicht eine heilige Verpflichtung, sondern eine Einladung und eine Mahnung - beim "Erbarmen Gottes" ausgesprochen:- "lass dich ein auf eine Änderung deines Sinnes."

Eine solche Veränderung haben unsere Gemeinschaften, unsere Gesellschaft, unser Volk, ja die ganze Menschheit wirklich nötig. Sie kann geschehen, wenn sich Menschen auf das Angebot Gottes in Jesus Christus einlassen. Meine Erfahrung zeigt, dass man so siegreich leben kann, zumindest in der zweiten oder dritten Liga.

Musik

Wieder und wieder kam mir beim Nachdenken über das Thema ein Film in den Sinn - "Invictus" - "Unbesiegt", von Clint Eastwood. Nelson Mandela wird nach 27 Jahren aus dem Gefängnis entlassen - ein Gefängnis im Südafrika der Apartheid. Er wird Präsident in einem zerrissenen Land, in dem nicht nur Schwarz gegen Weiß, auch Schwarz gegen Schwarz kämpft.

Die Weißen befürchten die Rache der jetzt herrschenden Schwarzen, doch Mandela wirbt um ihr Vertrauen und erringt den Sieg. Eine Schlüsselszene: Ins Büro der schwarzen Leibwache des neuen Präsidenten kommen die Wachmänner des vorigen, weißen Präidenten, sie melden sich zum Dienst - Mandela hat sie angestellt. Die Schwarzen sind empört, doch Mandela macht ihrem Anführer klar: "Wir wollen ein Ende des Kampfes, ein Ende des Bösen - eine "Regenbogennation", und die beginnt hier, auch die Versöhnung beginnt hier, Vergebung befreit die Seele, sie nimmt die Furcht - deswegen ist sie eine so mächtige Waffe.

Etwas zähneknirschend fügen sich die Männer der Leibwache dieser Entscheidung ihres Präsidenten. Dann wird der Kampf gegen das Böse doch im Stadion ausgetragen - die Weltmeisterschaft im Rugby kommt nach Südafrika. Die weiße Mannschaft des Heimatlandes, die "Springbocks", ist noch ein Symbol der Rassentrennung - doch Mandela wirbt um ihre Sympathie, und gewinnt sie.

Die Springbocks setzen sich durch bis ins Finale und treffen im Endspiel auf die "All Blacks" aus Neuseeland, die überragende, eigentlich unbesiegbare Mannschaft mit einem unheimlich starken Kapitän. Vor dem Spiel zelebrieren die Neuseeländer einen bedrohlichen Kriegstanz der Maori, Angst einflößend und böse. Ein unglaublich hartes und unvorstellbar gut gefilmtes Endspiel bringt den Sieg der südafrikanischen Mannschaft, und genial wird gezeigt, wie die Spannung und dann die Begeisterung die Grenze zwischen Weiß und Schwarz sprengt, ja, wegwischt - zumindest für einen glücklichen Moment. Ich wurde an die Begeisterung bei der Fußball WM erinnert.

Möglich wurde dieser Sieg - der Sieg über die All Blacks und der Sieg über den Hass und das Böse durch das Gute eines Mannes, der nach 27 zermürbenden Jahren im Gefängnis noch aufrecht war und Versöhnung durch Vergebung wagte. Der Filmtitel stammt von dem Gedicht, das ihm in diesen Jahren Kraft gegeben hat "Invictus", "Unbesiegt". Es ist das Gedicht eines Mannes, der in langer Bedrängnis Stand hält und aufrecht bleibt. Es endet: "Ich bin der Käpt'n meiner Seele." Der Dichter hatte 1875 noch kein Auto mit 150 PS - doch das Bild vom Kapitän an Bord des Lebensschiffes passt noch besser zu der Vorstellung von Instinkt und Freiheit.

Die Frage nach dem Schiedsrichter und die nach einem Verbündeten ist noch nicht beantwortet. Ein Schiedsrichter ist eigentlich nicht nötig bei einer gesteuerten Fahrt - wer im Graben landet oder das Ziel verfehlt, ist draußen. Doch ein Verbündeter, der uns wieder auf den rechten Weg und ans Ziel bringt, der wäre gut - der Versöhnung schafft und Vergebung schenkt.

Genau das will Jesus für uns sein - genau das kann er für jeden werden.

Übersicht über Jahreslosungen