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Allerheiligen 2013

gesendet am 1. November 2013 von Dr. Hans Frisch
 

Hildegard von Bingen

Heute vor einem Jahr waren zweieinhalb Tausend Menschen zusammengekommen in dem kleinen Ort Eibingen bei Rüdesheim. Hier in dem Kloster der heiligen Hildegard von Bingen feierten sie die Erhebung Hildegards zur Kirchenlehrerin.

Schrein (Behältnis für die Gebeine von Heiligen) der Hildegard von Bingen in der Pfarrkirche von Eibingen
Schrein (Behältnis für die Gebeine von Heiligen) der Hildegard von Bingen in der Pfarrkirche von Eibingen Foto: wikipedia.de, public domain

Lange hat es gedauert, von 1228 bis Mai 2012, ehe die Heiligsprechung offiziell abgeschlossen war – und am 7. Oktober 2012 hatte Papst Benedikt sie zur Kirchenlehrerin erhoben – „Doctor Ecclesiae“ in der Kirchensprache. Nun folgte drei Wochen später die Feier in ihrer Heimat.

Eibingen gehört zum Bistum Limburg - und neben Erzbischof Zollitsch sprach auch Bischof Tebartz van Elst bei dem Gottesdienst. Danach folgte eine Prozession mit dem goldenen Reliquienschrein Hildegards. Vier heilige Häupter und ein heiliger Arm blieben in ihren Reliquienbehältern in der Kirche - wo sie schon lange ruhen.

Das ist nur ein winziger Bruchteil des Reliquienschatzes der Gesamtkirche - und Hildegard ist nur eine von sehr vielen Heiligen. Allein Papst Johannes Paul hatte 483 dazugefügt - und bald wird er wohl selbst zu den Heiligen der Kirche gehören.

Allerheiligen

Heute ist „Allerheiligen“ – ein rein katholischer Feiertag - doch unter all den Heiligen sind viele so beeindruckende und faszinierende Menschen wie Hildegard von Bingen, Franz von Assisi, Elisabeth von Thüringen - und auch der heilige Petrus gehört dazu, als erster und wichtigster. Da lohnt es sich auch für AREF, den Sendeplatz der Freikirchen, hinzuschauen.

Hildegard, meine Frau, ist nicht ganz heilig, eine Freundin und Kollegin Elisabeth ist schon gestorben - sie war sehr beeindruckend, doch hatte sie Schwierigkeiten mit ihrer Kirche.

Bleiben Franziskus und Petrus im Blick - beide wurden dem Limburger Bischof als Namenspatrone zugeordnet bei der Taufe auf den Namen Franz-Peter. Zur Heiligkeit reicht es bei ihm wohl nicht, eher beim Petrusnachfolger Franziskus in Rom. Die Begegnung der beiden ist schon spannend!

Vor einem Jahr war der Bischof auf dem Petersplatz in Rom anlässlich der Erhebung Hildegards durch Papst Benedikt– ihr Glanz strahlte aus auf sein Bistum. Da war er sicher schon unruhig wegen dem was sich zuhause zusammenbraut, in Limburg auf dem Domberg.

Hildegards Predigt zum Klerus in Köln zeigt, dass seine Vorgänger vor 900 Jahren wohl noch um einiges schlimmer waren. "Ihr seid eine Nacht, die Finsternis ausatmet, und wie ein Volk, das nicht arbeitet Ihr liegt am Boden und seid kein Halt für die Kirche, sondern ihr flieht in die Höhle eurer Lust. Und wegen eures ekelhaften Reichtums und Geizes sowie anderer Eitelkeiten unterweist ihr eure Untergebenen nicht. Ihr solltet eine Feuersäule sein, den Menschen vorausziehen und sie aufrufen, gute Werke zu tun"
Ganz so würde sie heute wohl über ihre Kirche nicht reden - doch das ist ein schwacher Trost.

Musik

Ablasshandel

Für den vorgeworfenen Meineid des Bischofs dürfte sein Namenspatron Petrus wohl Verständnis haben – „verflucht will ich sein, wenn ich ihn kenne“, so hatte der im Garten gerufen, als Jesus vor seinen Richtern stand - und im Heiligenlexikon steht sein Name bei „Meineid“. Auch Prachtbauten auf Felsengrund mit zweifelhafter Finanzierung kennt er, gilt er doch als Fels, auf dem die Kirche gebaut wird und musste mit ansehen, wie der Petersdom über seinem Grab durch Ablasshandel finanziert wurde. Er hat zwar kein Erdbeben geschickt und ihn zerstört - die Reformation, als eine heilsame Erschütterung für die Kirche, die hat wohl eher Christus als Petrus geschickt. Sie hat viele, viel zu viele Opfer gefordert in 30 Jahren Krieg - ohne dieses Beben hätte „die Nacht, die Finsternis ausatmet“, wie Hildegard den Klerus ihrer Zeit beschreibt, vielleicht noch weitere 400 Jahre angedauert - und Freikirchen gäbe es auch nicht.

Alle Heiligen in den Blick bekommen

Es wird Zeit, dass wir an „Allerheiligen“ alle Heiligen in den Blick bekommen - nicht nur Hildegard und Elisabeth, Petrus und Franziskus.

Einblick ins Pantheon, Rom; Panoramabild
Foto: Stefan Bauer, 2005, bei wikipdia unter Creative Commons Lizenz

Vor 13 Jahren (und vor fünf Jahren wieder) waren wir auch am 1. November auf Sendung, damals habe ich die Entstehung des Feiertags beschrieben - das Kirchweihfest der Allerheiligenkirche in Rom - eigentlich: die „Taufe“ des heidnischen Pantheon, des Tempels für alle Götter, zu einer christlichen Kirche.
Statt „allen Göttern“ wurde sie geweiht „allen Heiligen“ - den vielen Märtyrern, deren Gebeine dorthin gebracht wurden. Ein katholischer Kaiser hatte den Bau mit der größten Kuppel der Welt dem katholischen Papst geschenkt.

Schon früh hatten Christen, die dem Martyrium entgangen waren, oft durch Verleugnung ihres Glaubens, die Märtyrer um Fürbitte angerufen - denn, dass die bei Christus im Himmel sind, war ihnen selbstverständlich. Als es dann im christlich-katholischen Reich keine Märtyrer mehr gab, da wurden neue Heilige gebraucht - und gefunden in vorbildlich frommen Christen. „Die sind nicht im Fegefeuer sondern gleich bei Christus – so wie Maria“ wurde verkündet - da konnte man sie anrufen mit den kleineren Anliegen: Christophorus bei Gefahren auf den Wegen, Florian bei Gewittern, St. Anna, wenn man etwas verloren hatte. (Im Heiligenlexikon finden sich Heilige für 258 verschiedene „Widerfahrnisse“, für 380 Berufe, für 464 Orte, 150 Krankheiten und 22 Tiere.)

Das große, das Seelenheil, das gehört vor Maria im Rosenkranzgebet und in den Marienfesten: „Bitte für uns jetzt und in der Stunde unseres Todes.“ Als konkrete Menschen kannten sich die Heiligen mit dem konkreten Menschsein aus - speziell durch ihre Erfahrungen. So wurden sie auch für spezielle Sorgen, Probleme und Ängste angerufen.

Petrus war nicht nur der Schutzpatron der Fischer - auch der Steinmetze und Maurer, der Glaser und Tischler, also hatte Franz-Peter genau den richtigen Namenspatron für seine Probleme durch den Bau, durch das teure Glas in der Kapelle und durch die aufwändigen Schreinerarbeiten in seiner Wohnung.
Auch für Besessenheit ist Petrus zuständig - und etwas wie besessen von seinem Bau muss der Bischof wohl gewesen sein.

Bei Beichtenden und in der Beichthandlung - und vor allem bei den Päpsten ist Petrus - also war er wohl auch anwesend bei der Begegnung des Petrusnachfolgers Papst Franziskus mit dem beichtenden Bischof Franz-Peter.

Der Papst scheint sich mehr an Franziskus zu wenden, den Patron der Armen und der Sozialarbeiter - auch zuständig für Kopfschmerzen - und die werden ihm Limburg und sein Bischof wohl noch für einige Zeit bereiten. Es ist zu hoffen, dass der „Nichtmehrlimburgbischof“ nicht zu sehr auf die Hilfe des Heiligen der Armen angewiesen ist. Sinnvoll wäre es, wenn Papst Franziskus ihm eine Besinnungszeit in einem Franziskanerkloster verordnen würde. Da könnte er die andere Seite der Kirche erleben.

Musik

Wenn dir das Reden von den Heiligen fast wie eine Karikatur klingt - es ist nicht so gemeint. Die Botschaft: „deine menschlichen Sorgen, Ängste und Wünsche werden im Himmel verstanden von Menschen, die sie selbst erlebt haben - und sie vertreten dich vor dem Thron Gottes“, diese Botschaft ist tröstlich und hat sicher schon vielen Menschen geholfen, Stand zu halten. Dann ist Allerheiligen der Tag, an dem ich alle Heiligen gemeinsam anrufen kann - nicht nur für mich, sondern auch für meine Lieben, die schon gestorben sind. Sowohl für mich als auch für sie kann heute und morgen, an Allerseelen, ein vollkommener Ablass erworben werden. Nicht durch Geld, wie damals zu Luthers Zeiten (besser zu Tetzels Zeiten) - das ist seit dem Konzil von Trient bei Androhung der Exkommunikation verboten - sondern durch Gebete und gute Taten.

Nachhilfe für Nichtkatholiken

Da muss für Nichtkatholiken etwas erklärt werden:„Ablass“ bedeutet nicht, der Priester (oder letztlich der Papst) vergibt Sünde und Schuld, sondern: der Kirche ist der gewaltige Gnadenschatz anvertraut, den Christus durch sein Opfer und die Heiligen durch ihr Leben, oder auch durch ihren Märtyrertod erworben haben. Dieses kostbare Gut steht allen Menschen zu, doch wird es nicht verschleudert. Die Leistungen und Taten, die uns Anteil daran eröffnen, sind kein Preis - sie bewirken und zeigen die Gewissenshaltung, in der wir die Gnade empfangen können – und der Zuspruch des Priesters, der Kirche, hilft, die Gnade wahrzunehmen, so dass sie unser Leben verändert.

Soweit kann ich mich diesem Fest annähern - das Gebet für Verstorbene ist jenseits meiner Denk- und Glaubensmöglichkeit, denn es verlangt die Vorstellung eines Fegefeuers als quälendem Vorort des Himmels – und Jesus sagte zu dem Verbrecher, der sich sterbend zu ihm bekehrte: „Heute noch wirst du mit mir im Paradiese sein.“

Wenn dieser Zuspruch auch mir und dir gilt in der Stunde unseres Todes - wenn wir „in ihm entschlafen“ wie die Alten sagten - dann brauchen wir und unsere Lieben keine Sorgen zu haben wegen des Zugangs in den Himmel - wie immer wir uns den vorstellen.

Petrus
Paulus

Im hohenpriesterlichen Gebet sagt Jesus: „Das ist das ewige Leben, dass sie dich, der du allein wahrer Gott bist und den du gesandt hast, Jesus Christus, erkennen.“ Also sind wir schon jetzt im ewigen Leben und werden es durch den Tod hindurch bleiben.

Paulus, der vor seiner Bekehrung als frommer Jude, ja als Pharisäer, die Vergebung durch das Sündopfer und durch die Vermittlung der Priester kannte und angenommen hatte, der verkündet die völlige Vergebung durch das Opfer Jesu am Kreuz - und er nennt alle, die dieses Opfer in Anspruch genommen haben - auch Heiden in Korinth, in Ephesus und Rom: die Heiligen. Nicht die strenge Einhaltung des Gesetzes macht sie heilig, sondern die Gnade Gottes - denn das Gesetz hat Jesus erfüllt.

Das war damals für die Judenchristen schwer verständlich - sie blieben dem Gesetz Gottes treu - und es ist auch heute noch schwer verständlich. Es entsteht für mich der Eindruck: die Bedenken der Judenchristen sind in der Kirche des Petrus, des Begründers der Kirche unter den Juden, aufbewahrt - die Botschaft der freien Gnade und des erfüllten Gesetzes in der Kirche der Heidenchristen, die Paulus ins Leben gerufen hat.

Beide, Judenchristen und Heidenchristen, sind vereint in Jesus Christus dem Gekreuzigten, dem Auferstandenen, der lebendig ist und bleibt, auch in uns und in denen, die schon bei ihm sind - in allen Heiligen.

Dr. Hans Frisch