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Weihnachten - Wenn das wahr wäre

gesendet am 26. Dezember 2012 von Dr. Hans Frisch
 

Schon einige Male hat Anita, eine Freundin, geholfen bei der Suche nach einem Thema für die Sendung. Vor kurzem erzählte sie von einem Treffen mit Freunden – die meisten Naturwissenschaftler.

Einer meinte: „Weihnachten ist doch das schönste Fest – die Lichter, die Geschenke, die Lieder“. Alle schauten ihn eigenartig an.
Sie sagte: „Da ist doch aber noch was“. „Stimmt eigentlich“ antwortete er. „Wenn das stimmen würde, das wäre stark. Wenn es wirklich wahr wäre – das wär's!“
Einen besseren Einstieg in einen Beitrag für Weihnachten kann man sich kaum wünschen: „Weihnachten, das schönste Fest im Jahr“ - und: „Wenn das wahr wäre!“

Da wurde vor zwei 2012 Jahren ein Kind geboren - und heute feiert die ganze westliche Welt ihr schönstes Fest. Dass tatsächlich dieses Kind geboren wurde ist wohl wahr, dass heute sein Geburtstag gefeiert wird, eher nicht. Doch will ich die Feststimmung nicht stören – es ist eh der zweite Feiertag, das Wichtigste ist schon gelaufen, das Weihnachtsgeschäft ist nicht mehr zu stören – und bis nächstes Jahr ist alles vergessen.
Keine Angst, ich will nicht lästern, dazu ist Weihnachten viel zu schön und viel zu wichtig, selbst für die, welche auch Heiligabend nicht in die Kirche gehen.
Eigentlich ist es ja auch schon viel älter als die Kirche und älter als das Christentum, ja es gehört zu den ältesten Festen der Menschheit.
„Sol invictus“ hieß es bei den Römern – „siegreiche Sonne“. Zum Zeitpunkt der Wintersonnenwende wurde gefeiert, dass sie wieder steigen wird.
Dem Gott Mithras war das Fest geweiht, einem göttlichen Helden, der den bedrohlichen Stier getötet hat. Als heldenhafter Kämpfer war er vor allem ein Gott der Soldaten. Mit dem römischen Heer wurde sein Gottesdienst weit verbreitet – und wäre das Abendland nicht christlich geworden, dann wäre es wohl „mithräisch“ geworden.
In Rom war die Wintersonnenwende ein großes Fest. Doch schon sehr viel früher wurde die Wintersonnenwende gefeiert – mit „mythischen“ Festen. Das waren keine Spaß– und Freudenfeste, eher war Angst der Grund - Angst, dass die Sonne immer noch tiefer sinkt und Nacht und Kälte das Leben auslöschen. „Wenn wir in dieser Nacht das heilige Fest feiern und das richtige Opfer bringen – dann wird die Sonne wieder steigen“ – und große Anstrengungen wurden vollbracht, damit der richtige Zeitpunkt nicht verpasst wird, der Steinkreis von Stonehenge zeugt davon.
Der Erfolg gab ihnen Recht, nach dem Opfer stieg die Sonne wieder Tag für Tag. (Den Auslassversuch hat keiner gewagt).
So hat sich das Fest über die über viele Jahrtausende der Menschheit eingeprägt. Wahrscheinlich unterstützt von der Verdunklung der Stimmung durch den winterlichen Lichtmangel und die Kälte.
In Rom hatte sich der Festcharakter schon gelichtet: Geschenke, Festessen, bei denen die sozialen Rollen vertauscht wurden – die Herren bedienten die Diener und die Diener trugen Herrenkleider, Lockerung der Sitten und der Sittlichkeit (reiche Römer brachten ihre Damen auf die Landsitze, wahrscheinlich nicht nur um sie vor handfesten Zudringlichkeiten zu schützen sondern auch vor Versuchungen in dem ausgelassenen Treiben).
Diese „Saturnalien“ dauerten sieben Tage - bis zum 25. Dezember.
Was sollte die Kirche zu solchen Festen und zu einem solchen Treiben sagen?
Sie sagte: „Christus ist geboren. Er ist das Licht der Welt, die siegreiche Sonne. Freut euch, beschenkt euch – denn Gott hat uns beschenkt.“ Kurz: Sie hat das Fest „getauft“, denn abschaffen, das wäre so unmöglich gewesen, wie den Fasching in Köln und in Mainz abzuschaffen (die ja auch römischen Ursprung haben).
So kam das Abendland zu Weihnachten und das Volk behielt sein Fest – das aber ganz anständig wurde (passte doch der Ernst auch besser zum Ursprung des Festes in früher Zeit). Und Mithras war abgelöst durch Christus.

Mal schauen, wie wir nach der Musik wirklich zu Weihnachten kommen.

Musik

Dass Jesus tatsächlich geboren wurde ist wohl wahr - aber kaum am 25. Dezember und ganz sicher nicht vor 2012 Jahren, denn da war Herodes schon vier Jahre tot - und als Jesus geboren wurde, da lebte dieser König noch. Es dürfte 2019 Jahre her sein – doch kaum jemand wird verlangen, dass jetzt alle Daten mit „vor Christus“ und „nach Christus“ um sieben Jahre korrigiert werden (auch die sieben Jahre sind nicht ganz sicher).
Doch lassen wir es dabei – Christus ist sieben v. Chr. geboren, genauer: Jesus wurde geboren, den „Christus“ ist kein Familienname, sondern ein Titel, „der Gesalbte“.
Es geht nicht um die Geburt einer Gottheit sondern eines konkreten Menschen. Sein Stammbaum reicht weit zurück – 14 Generation bis zum König David, und dann noch weiter. Er wird deshalb „Davids Sohn“ genannt, nicht nur im Weihnachtslied. (Ich glaube, wenn eine Familie Karl den Großen als Stammvater gehabt hätte, es wäre über die 1000 Jahre bis heute überliefert worden).
Bei den Davidnachkommen war noch eine Überlieferung wichtig: dem König war durch Propheten verheißen worden, dass sein Geschlecht nicht endet, und dass einst ein Nachkomme auf seinem Thron sitzen wird, der herrschen wird in Ewigkeit - ein „Gesalbter Gottes“ wie David wird es sein (hebräisch ein „Messias“).
Auf diesen Messias wartete das Volk, besonders in kritischen Zeiten – sollte doch dann das Reich Gottes anbrechen. Die ganze Welt sollte erkennen: „Unser Gott ist Schöpfer und Herr der Welt – und der Messias sitzt auf seinem Thron.“ Die Völker werden nach Zion, also nach Jerusalem strömen um ihn anzubeten. Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen umschmieden, denn es wird Friede sein!
Diese Erwartung war aufgebrochen während der babylonischen Gefangenschaft - und tatsächlich schickte der neue Herrscher Kyros das Volk wieder nachhause und half sogar, den Tempel wieder zu bauen. Doch das Reich Gottes brach nicht an.
Als ein Nachfolger Alexanders Großen im besetzten Judäa die jüdische Religion beenden wollte, da wurde es wieder sehr kritisch – doch ein Landpriester mit seinen Söhnen beugte sich nicht, und es begann ein Aufstand. Der war siegreich. Der Tempel wurde von allen heidnischen Elementen gereinigt und neu geweiht – gerade in der Vorweihnachtszeit erinnert das jüdische Hanukkafest mit seinen acht Kerzen daran.
Auch danach blieben die Zeiten kritisch – und die Erwartung eines Messias wurde dringlicher. Zwar hatte König Herodes den Tempel erneuert, so prächtig, dass er zu den Weltwundern gezählt wurde - doch es war kein Jude der der auf dem Thron saß. Er war König von Augustus Gnaden - ein Freund des Kaisers, am „amicus caesaris“. Aber gerade zu der Zeit um die es geht, hatte er diesen Ehrentitel verloren und Rom erschien als drohende Macht. Wahrscheinlich wurde die Volkszählung aus der Weihnachtsgeschichte schon als bedrohlich empfunden – diente sie doch der Steuerschätzung. Es dauerte nicht lange bis zu den ersten Aufständen.
Verständlich, dass eine Messiaserwartung im „Hause und Geschlecht Davids“ eine besondere Resonanz fand. So ist es nicht verwunderlich dass eine sensible fromme Jungfrau empfänglich war für eine Engelsoffenbarung. Dass sie zur Entbindung nach Bethlehem musste, in die Stadt Davids, das sieht schon aus wie ein guter Regieeinfall. Wenn es aber wirklich so gewesen wäre, wenn die Geschichte wahr ist, dann musste es so sein, denn die Verheißung des Propheten hatte diesen Geburtsort des Messias vorausgesagt. Und damit sind wir endlich in der Weihnachtsgeschichte angekommen.
Ich unterstelle, dass alle sie kennen, und die meisten sie Heiligabend und am ersten Weihnachtsfeiertag wieder gehört haben. Ich brauche sie also nicht noch einmal zu erzählen und kann mir eine Musikpause gönnen.

Musik

Unterstellen wir also: die Geschichte von der Geburt Jesu ist wahr! Wäre sie es nicht, könnte sich das Weihnachtsfest durchaus noch halten, beruht es doch in seiner jetzigen Form und Gestalt auf wichtigen allgemein-menschlichen Bedürfnissen. Wie lange es aber ohne die Weihnachtsgeschichte, ohne Weihnachtslieder, ohne Christvesper und ohne Glockenläuten lebendig bleiben würde ist fraglich.
Eine 2000 Jahre lang anhaltenden Entwicklung und Geschichte der Christenheit lässt sich aber ohne eine wahrhaftige Weihnachtsgeschichte nicht erklären.
Also: Jesus wurde damals geboren, in einer Zeit starker, ja brennender Messiaserwartung. Seine Mutter hatte durch verschiedene Erlebnisse die Gewissheit bekommen: „Dieses Kind ist der Messias!“
Eine Engelserscheinung, die Geschichte der Hirten von dem Erscheinen einer ganzen Engelschar und dann die Astrologen vom Euphrat die eine so weite Reise auf sich genommen hatten, weil der Stern - besser die Sterne, ihnen klare Hinweise gegeben hatten: „Ein Weltherrscher ist in Judäa geboren“ - und die dann recht einfach aber wunderbar zu den Kind in Bethlehem geführt wurden.
Da war kein Zweifel möglich!
Mit dieser Gewissheit dann die Flucht nach Ägypten, Flucht vor Herodes, der durch die Weisen aus dem Morgenland vom verheißenen Messiaskind erfahren hatte. Der Kindermord von Bethlehem zeigt, wie begründet die Flucht war.
An der Mordgeschichte brauchen wir nicht zu zweifeln, hatte doch Herodes alle beseitigt, die ihm gefährlich erschienen - auch seine Frau Mariamne, die er von seinen neun Frauen am meisten geliebt hatte, deren Bruder, drei Söhne (über den letzten hatte er noch auf seinem Sterbebett das Todesurteil ausgesprochen). Im Umkreis der Familie und des Thrones waren es noch eine ganze Reihe Opfer.

Wenn diese Mutter ihrem kleinen Sohn im Exil die Geschichten erzählte und auf seine Frage: „Warum wollte der König mich umbringen?“ antwortet: „Weil du der Messias bist“, dann ist der Junge vorbereitet, später bei allen prophetischen Texten des Alten Testaments die vom Messias handeln, zu wissen: „Das bin ich!“

Als der zwölfjährige dann im Tempel ist, staunen die Priester und Schriftgelehrten über seine Kenntnis der Schriften. Sie konnten ja nicht wissen, mit welcher Prägung er sie gelesen hatte.

Es spricht eigentlich kaum etwas dafür, dass die Berichte nicht wahr sein könnten (wenn man die Engelsgeschichten nicht zu kritisch liest).
Jetzt könnten wir den Weg dieses Jungen weiterverfolgen – besonders die letzten drei Jahre, von der Taufe bis ans Kreuz. Doch heben wir uns das auf für die Feste im Kirchenjahr.
„Wenn das stimmen würde, das wäre stark. Wenn es wirklich wahr wäre – das wär's!“ hatte der Naturwissenschaftler plötzlich erkannt.
Wenn was wahr wäre? Doch, dass dieses Kind von Gott gesandt ist als Heiland der Heil und Frieden bringt. Das wär's!
Als Naturwissenschaftler müsste er eigentlich wissen, dass man der Wahrheit nur näher kommt durch das Experiment. Schwierig wird es bei dieser Wahrheit dadurch, dass ich mich selbst in das Experiment einbringen muss – doch wenn man diesen Jungen begleitet bis ans Ende, wo er seine Sendung und seinen Wahrheitsanspruch besiegelt mit dem Tod am Kreuz, dann erscheint ein anderes Experiment nicht angemessen.
Bei den Jüngern hat es nach Ostern 40 Tage gedauert und einiger eigenartiger Begegnung mit dem Auferstandenen bedurft, bis sie wirklich überzeugt waren - doch dann zu Pfingsten startete eine „Überzeugungslawine“, 3000 an einem Tag - und sie ist immer noch nicht zum Stillstand gekommen.
Das Gute: diese Lawine tötet nicht, sie macht lebendig. Ich habe es so erfahren.

Dr. Hans Frisch