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Pfingsten 2011

gesendet am 13. Juni 2011 von Dr. Hans Frisch
 

Der Kirchentag in Dresden ist vorüber – es waren begeisterte Massen. Rock im Park ist vorbei, die Massen waren begeistert. Andere Events sind in Planung und werden die Massen begeistern.
Ich war weder in Dresden, noch beim Rock im Park und werde bei den meisten Events nicht dabei sein – und bin doch in Begeisterung.
Stimmt, das hat etwas mit Pfingsten zu tun – dem größten Event der Weltgeschichte. Auch da war ich nicht dabei, das liegt schon zwei Jahrtausende zurück. Aber immer noch wirkt es weiter.
„Geburtstag der Kirche“ wird jenes Pfingstfest genannt, und das war damals kein christliches sondern ein jüdisches Fest. Die Erinnerung an die Übergabe des Gesetzes damals auf dem Sinai wurde gefeiert – und es galt Anwesenheitspflicht für alle Bewohner Jerusalems und aus der Umgebung, bis zu einer Tagesreise Entfernung.
Da waren wohl so viele zusammengekommen, wie beim Rock im Park – dass fünfmal so viele zu einem Kirchentag beisammen sind, in den Kirchen der Welt zur gleichen Zeit viele Millionen, 400.000 allein bei einer Messe mit dem Papst in Zagreb - das hat alles mit dem Anfang damals zu tun. Weil aber die Erbinformation eines Organismus am Anfang feststeht, ist es sinnvoll, den Anfang genauer zu betrachten – soweit das möglich ist.
Die Geschichte ist schnell erzählt: Im Tempel sind die Menschen versammelt zum „Schawuot“, dem Fest der Gesetzgebung. Sie füllen den Tempelhof, der ist so groß wie das Zeppelinfeld. Unter der Masse auch eine Gruppe von Jesus-Anhängern - sicher mehr als die zwölf Jünger. Die hatten vor zehn Tagen Jesu Himmelfahrt miterlebt, das Ende der eigenartigen Begegnungen mit ihm seit Ostern - und sie hatten den Auftrag bekommen: „Verkündet die frohe Botschaft der ganzen Welt. Wer glaubt und getauft wird der wird selig werden“. Oder nach Matthäus: „Macht zu Jüngern alle Völker und tauft sie“. Hier waren nun „alle Völker“ zusammen, „gottesfürchtige Männer aus allen Völkern unter dem Himmel“ steht in der Apostelgeschichte – 15 Nationen werden genannt. Wahrscheinlich sind die meisten Einwohner von Jerusalem, auch Heimkehrer in die Heilige Stadt aus der Diaspora und wohl auch einige Pilger, die seit dem Passahfest noch geblieben sind.
Da geschieht etwas in der „Jesus-Fankurve“, die werden ergriffen von einem Begeisterungssturm - so könnte man versuchen das zu übersetzen was sie Apostelgeschichte erzählt:
Und es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel wie von einem gewaltigen Wind und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen. Und es erschienen ihnen Zungen, zerteilt wie von Feuer; und er setzte sich auf einen jeden von ihnen.
Das mit den Feuerflammen ist eigentlich nicht zu übersetzen. Die leuchtenden Feuerzeuge oder Wunderkerzen bei Konzerten im Dunkeln sind da zu schwach. Es war da auch keine Band auf der Bühne - sie selber fingen an, nicht zu singen, sondern „sie wurden alle erfüllt von dem Heiligen Geist und fingen an zu predigen in andern Sprachen, wie der Geist ihnen gab auszusprechen.
Da waren sie nun die einzige Band auf weitem Feld. Wenn sie in einer der Hallen standen die den Tempelhof umgaben, dann konnte das akustisch wie ein Verstärker wirken. Jedenfalls wurden sie gehört, und alle verstanden: „Die verkünden etwas Großes, die loben Gott“, so wie die Botschaft einer Band ankommt, selbst wenn der Text nicht zu verstehen ist - so könnte man das deuten.
Nüchterne Gemüter - ich hätte wahrscheinlich auch dazugehört - schüttelten den Kopf: „Die sind ja besoffen.“
„Da trat Petrus auf mit den Elf, erhob seine Stimme und redete zu ihnen: Ihr Juden, liebe Männer, und alle, die ihr in Jerusalem wohnt, das sei euch kundgetan, und lasst meine Worte zu euren Ohren eingehen!“ und damit fängt die Geschichte eigentlich an - die Kirchengeschichte meine ich. Doch da müssen wir erst mal Luft holen.

Musik

Es gibt einige berühmte Reden. Demosthenes, der die Athener zum Freiheitskampf aufrief; Marc Anton, der nach dem Tod Caesars die Mörder bloßstellt; Hitler, der von der Tribüne auf dem Zeppelinfeld die Massen in einen Rausch versetzte und Goebbels im Sportpalast, der zum totalen Krieg aufrief. Auch Churchill, Kennedy, Martin Luther King – alle hatten zu ihrer Zeit große Wirkung, weil sie die Massen erreichten und bewegten - und manche Wirkung reicht bis in unsere Zeit.
Petrus ist kein berühmter Redner, kein Offizier, kein Führer und kein Präsident – er ist ein Fischer, Anhänger eines hingerichteten Ketzers, ein Feigling, der seinen Herrn verleugnet hatte, dreimal.
Der steht jetzt im Tempel, dem Bereich der Priesterschaft die Jesus verurteilt hatte. Gut - die Priester waren nicht im großen Hof, sie waren im Heiligtum bei der Vorbereitung zum Gottesdienst - doch gehörte schon großer Mut dazu, oder mächtige Begeisterung, hier jetzt Jesus als „den Christus“ zu bezeugen. Petrus tut es. „Ihr Juden, liebe Männer, Bewohner von Jerusalem“, redet er die Menschen dort an, und wendet sich zunächst an die kritischen. „Diese sind nicht betrunken wie er meint, es ist ja erst 9 Uhr.“
Dann erinnert er sie an das, was der Prophet vom Heiligen Geist verheißen hatte: „Das ist hier geschehen!“ Von Jesus redet er, den viele von ihnen kannten durch seine Taten und Wunder:
Diesen Mann, der durch Gottes Ratschluss und Vorsehung dahingegeben war, habt ihr durch die Hand der Heiden ans Kreuz geschlagen und umgebracht.Er zitiert dann einen Psalm Davids, der von der Auferstehung redet.
„Diesen Jesus hat Gott auferweckt; dessen sind wir alle Zeugen.“
„So wisse nun das ganze Haus Israel gewiss, dass Gott diesen Jesus, den ihr gekreuzigt habt, zum Herrn und Christus gemacht hat.“ schließt er.

Es kommt nicht zum Massenrausch oder zum Massentaumel, die Apostelgeschichte berichtet so: „Als sie aber das hörten, ging's ihnen durchs Herz und sie sprachen zu Petrus und den andern Aposteln: Ihr Männer, liebe Brüder, awas sollen wir tun?“:
Die Antwort des Petrus enthält das Geheimnis der weiteren Geschichte: „Tut Buße und jeder von euch lasse sich taufen auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung eurer Sünden, so werdet ihr empfangen die Gabe des Heiligen Geistes.“

Ein Satz - und 3000 lassen sich taufen - in den nächsten Tagen immer mehr, in den folgenden Jahrhunderten Milliarden Menschen auf der ganzen Welt.

Was hat er da gesagt? Wie war das möglich?

Eigentlich ist es recht einfach zu verstehen. Die Hörer waren vorbereitet. Die allermeisten stammten aus Jerusalem und der Umgebung, sie kannten Johannes den Täufer und viele von ihnen waren getauft. Da ging zu ihm hinaus die Stadt Jerusalem und ganz Judäa und alle Länder am Jordan und ließen sich taufen von ihm im Jordan und bekannten ihre Sünden. steht im Matthäusevangelium.

Johannes hatte die Ankunft des Messias angekündigt, den Anbruch des Gottesreiches – doch die Teilhabe daran verlangte Buße und Vergebung – und die Taufe war eine bekannte rituelle Reinigungshandlung im Judentum. Überall wo Juden leben gibt es die „Mikwa“, das Tauchbad. Sie waren getauft.
Johannes war gestorben - enthauptet. Der Messias war aber nicht gekommen, das Reich Gottes nicht angebrochen
Nun erklärt Petrus, dass Jesus „der Christus“, der „Messias“ ist, von Gott in den Tod hingegeben, als „Lamm Gottes, welches der Welt Sünde trägt“ – wie Johannes gesagt hatte, als Jesus zur Taufe kam.

Gott selbst hatte ein Sündopfer gestiftet und damit Vergebung angeboten - aus Liebe! Die Taufe auf den Namen Jesus Christus war die überzeugende Zeichenhandlung für die Annahme der Vergebung. Was dabei in einem Menschen geschieht ist so schwer zu beschreiben, wie das Fallen in Liebe.
Wo, wenn nicht hier sollte man von „Geist“ reden. „So werdet ihr empfangen die Gabe des Heiligen Geistes“ verspricht Petrus – und so geschieht es.

Musik

„Wo, wenn nicht beim Fall in die Liebe, sollten wir vom Geist reden – vom Heiligen Geist“, das war die Frage. Die meisten von uns, so hoffe ich, haben die Begeisterung des Verliebtseins erlebt, und ich glaube, alle haben dabei das Heilige gespürt.
Ich weiß nicht, ob ihr schon einen Neubekehrten begegnet seid – oder Bekehrung selbst erlebt habt.
Ganz ähnlich (und genauso schwer zu verstehen wie Verliebtsein für jemand, der es nicht kennt). Im Grunde ist es das Gleiche - die Erkenntnis, die Erfahrung, das Erlebnis: „Ich bin geliebt.“ Doch ist es das nicht das „Selbe“.
In meine Frau habe ich mich verliebt, weil sie so schön war – die Schönste im Studienjahr, zumindest für mich.
Ihr Interesse an mir steigerte mein Selbstgefühl erheblich. Ich versuchte, sie zu überraschen und zu erfreuen, und wuchs dabei um Einiges über mich hinaus.
Auch das kennen wir doch alle – um Anerkennung und Zuneigung zu bekommen investieren wir viel, weil wir es unbedingt brauchen - immer wieder neu. Denn, wer da auf der Bühne Beifall bekommt, wer Rekordleistungen erbringt, wer die Top Mode trägt – selbst wer so schön ist wie Marilyn Monroe - keiner ist in sich so sicher, dass er ohne Liebe leben könnte; und für manchen beginnt die Katastrophe, wenn der Beifall verrauscht ist. Niemals Beifall bekommen rettet davor auch nicht.
Stellt euch vor: da erreicht euch die Botschaft von dem Größten und Mächtigsten, der dich im Innersten kennt, auch da, wo du selbst nicht zu genau hinschaust: „Ich liebe dich!“
Wenn Du erstaunt, verwundert oder zweifelnd fragst: „Warum?“ Kommt Antwort: „Weil ich dich liebe“. Du findest Gründe, warum das nicht stimmen kann – versteckte Mängel, Taten, derer du dich schämst, Untreue zu dir selbst und zu anderen - und, und, und, vielleicht auch echte Schuld, doch die Antwort bleibt, und alle Gründe dagegen lösen sich auf vor dem Beweis seiner Liebe - am Kreuz.
„Nimm es an im Glauben und bekenne dich zu dem Namen dessen, der da für dich gestorben ist, mit oder ohne Taufe.“
So ungefähr könnte die Sprache des Heiligen Geist sein.

So hat es Petrus verstanden, der feige Angeber – er wurde zum mutigen Zeugen, auch als er später vor dem Gericht stand; so haben es die anderen Jünger und viele der Juden in Jerusalem angenommen, danach unzählige Menschen auf der ganzen Welt - und viele haben es mit ihrem Leben bezeugt.

So hat diese Botschaft auch mich erreicht: „Ich liebe dich – weil ich dich liebe.“ Da bin ich schon froh, dass zu mir der Heilige Geist so deutlich geredet hat, dass ich es verstehen konnte. Gerne wäre ich sein Sprachohr oder sein Dolmetscher oder einfach sein Bote für euch.