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Heiligabend

gesendet am So., 24.12.2006 von Dr. Hans Frisch
 

Näher kommen wir mit unserer Sendung an den Heiligen Abend nicht ran - denn, unsere Sendezeit ist am Vormittag, und Heilig Abend ist halt am Abend. Ungefähr alle sechs Jahre fällt der vierte Advent auf den vierundzwanzigsten Dezember.

Nun ist ja nicht genau bekannt, um welche Uhrzeit Jesus geboren wurde, ob vor Mitternacht oder danach - aber nach der jüdischen Rechnung beginnt der Tag am Abend, so dass auf jeden Fall die Geburt am fünfundzwanzigsten war. Doch spielen ein paar Stunden her oder hin ja keine Rolle bei einem Geburtstag, der von der frühen Kirche willkürlich (allerdings recht geschickt) auf den Termin der Wintersonnenwende gelegt wurde, wodurch das römische Fest der „Saturnalien“ gewissermaßen getauft wurde.

Weihnachten zur Wintersonnenwende

Regelmäßige AREF Hörer (und nicht nur die) wissen ja, dass selbst das Geburtsjahr nicht stimmt - da dürften sieben Jahre fehlen. Aber was spielt das nach über 2000 Jahren noch für eine Rolle ? Interessanter ist, warum dieser Geburtstag durch die Jahrhunderte und Jahrtausende gefeiert wird, auch in unserer Zeit, in der die meisten mit dem, der da geboren wurde nicht viel anfangen können. Man könnte sagen: „Der kürzeste Tag in der dunkelsten Zeit des Jahres verlangt nach einem Lichterfest“, und wäre damit ganz nah an der Erklärung.

In allen nördlichen Kulturen wurde die Wintersonnenwende als mythisches Fest begangen, und wer die gewaltigen Steine von Stonehenge sieht, die wohl Ort eines solchen Festes waren, der wird die Bedeutung ahnen, die das Ereignis hatte. In Rom hieß es „Sol invictus“, „Die siegreiche Sonne“ - obwohl die Angst der frühen Menschen, die Sonne könnte nicht wieder zu steigen beginnen, wenn das Fest nicht in der richtigen Weise mit dem richtigen Opfer gefeiert wird, - obwohl diese Angst in Rom kaum noch Bedeutung hatte. Dort feierte man ausgelassen (und sehr freizügig), besuchte und beschenkte sich und die sozialen Schranken fielen für einige Tage. Auch der Weihnachtsbraten war dabei.

Das mit dem Feiern und Schenken, das konnte die Kirche den Menschen nicht wegnehmen, als sie behauptete: „Christus ist die wahre, die siegreiche Sonne, und an diesem Tag ist er geboren.“ Und schon damals war wahrscheinlich das Feiern wichtiger als der Anlass dazu - so hat sich das Fest etabliert - und im Volk gehalten hat es sich wahrscheinlich, weil der Mensch ein tiefes Bedürfnis hat, den Ablauf der Zeit zu strukturieren durch Feste, die im Jahreszyklus wiederkehren. Und wenn wir auch wissen, dass auf jeden Fall nach Weihnachten die Sonne wieder höher steigt, unabhängig von unserem Feiern - ein Gelingen dieses Festes ist für die meisten doch recht wichtig.

Also, auch ohne wirklich die Geburt des Jesuskindes zu feiern, Weihnachten ist ein wichtiges Fest, nicht nur für den Einzelhandel. Doch kann das für AREF, für die Arbeitsgemeinschaft Rundfunk evangelischer Freikirchen nicht das eigentliche Thema sein ! Wir wollen nach der Musik genauer hinsehen

* * * Musik * * *

Als die Zeit erfüllt war ...

„Als die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, von einer Frau geboren“ so bezeichnet Paulus den Termin jener Geburt, die wir feiern. Nun kann die Zeit ja nicht „erfüllt“ werden, sie geht unaufhaltsam weiter - doch wir können nicht umhin, wir müssen sie strukturieren. Nicht nur durch das Zählen der Jahreszyklen und durch das Feiern unserer Geburtstage.

Wir reden von „Zeitaltern“ wie „Antike“, „Mittelalter“, „Renaissance“, „Neuzeit“ - und für den Übergang von einem zum andern stehen meist besondere Ereignisse oder Personen. Die größte Zäsur für unserer Zeitrechnung ist ja: „Vor Christi Geburt“ und „nach Christi Geburt“.

Die alte römische Zählung „ab urbe condita“, „nach der Stadtgründung“, war damals beim Jahr 753 angekommen, die jüdische Zählung „seit Erschaffung der Welt“ ging weiter und ist jetzt beim Jahr 5767.

Doch durchgesetzt hat sich die Zählung des „Christlichen Abendlandes“ weltweit.

Paulus meinte aber nicht eine neue Zeitrechnung mit seiner Aussage, er meinte eine neue Weltzeit, denn die alte Zeit war „erfüllt“, sie war „an ein Ziel gekommen“, sie hatte alles gebracht, was die neue Zeit brauchte.

Das klingt sehr theoretisch, besser verständlich wird es als Übergang vom „Alten Bund“ zum „Neuen Bund“.

Das Volk Israel hat ein Gründungngsereignis, den Auszug aus Ägypten und ein Gründungsdatum, 50 Tage später, der Bundesschluss am Sinai mit dem Gesetz als Bundesurkunde auf den Steintafeln. Die Termine sind im Passahfest (woraus Ostern wurde) und Pfingsten auch in der christlichen Welt noch erhalten.

Wer das alte Testament aufmerksam liest. wird einen Prozess erkennen: Der Heilige Gott hat die Kinder Israel als heiliges Volk erwählt. Das Volk war alles andere als heilig, es verließ seinen Gott und geriet in Katastrophen. Die Umkehr, wir nennen es „Buße“, brachte sie zurück, der gnädige Gott vergab ihnen und schenkte einen Neuanfang. So blieb das Wissen um die Heiligkeit Gottes, um die Folgen der Sünde und um den Segen der Gnade und Vergebung lebendig, ja es reifte zu der prophetischen Schau, dass einmal ein neuer Bund kommen wird, der ganz auf der Vergebung beruht, einer Vergebung, die Herz und Sinn verändert zum rechten Leben.

Die Botschaft des Evangeliums, wie sie die Jünger und bald viele Juden nach Karfreitag und Ostern verstanden, lautet: „Durch Jesu Tod am Kreuz ist ein Sündopfer für alle gebracht, die aus und in der Gnade und Vergebung Gottes leben wollen.“ Und die Erfahrung derer, die den Schritt gingen, die sich „bekehrten“, war eine Änderung in Herz und Sinn, so eingreifend, dass sie als „neue Geburt“ oder als „Wiedergeburt“ bezeichnet wird.

Paulus selbst hatte es so dramatisch erlebt, dass er aus voller Überzeugung an die Galater schreiben konnte, was heute in der Tageslosung steht:

Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn,
geboren von einer Frau und unter das Gesetz getan,
damit er die, die unter dem Gesetz waren, erlöste,
damit wir die Kindschaft empfingen.
Galater 4, 4-5

* * * Musik * * *

Der Anfang eines neuen Bundes

Paulus war ein Jude, ein sehr frommer Jude, der extra von Tarsus an der Südküste der heutigen Türkei, nach Jerusalem ging um bei einem berühmten Pharisäer zu lernen - und er war von der absoluten Gültigkeit des jüdischen Gesetzes so überzeugt, dass er die neu aufgekommene Sekte der Christen verfolgte im Auftrag des Hohen Rates.

Auf dem Weg nach Damaskus hatte er ein Erlebnis, das nicht leicht zu erklären ist: Jesus erschien ihm und sprach zu ihm: „Warum verfolgst du mich?“ Ein kurzer Dialog, und Paulus war verwandelt. Er wurde Missionar der Heiden, gründete Gemeinden in ganz Kleinasien und in Griechenland, schrieb viele Briefe, die zum Teil erhalten sind im neuen Testament, und wurde jetzt selbst von den Juden verfolgt. Durch sein Wirken hat er gewissermaßen die Gleise gelegt für die Weichenstellung die mit Jesus in der Weltgeschichte geschah. Wer die Geschichte des Abendlandes zurück verfolgt, stößt bestimmt auf Paulus, und dann auf Jesus, und wenn man die Bedeutung dieser Weichenstellung bedenkt, dann ist verständlich, dass der Geburtstag von Jesus seit fast 2000 Jahren gefeiert wird. Über Weihnachtsbaum, Weihnachtsmann und Weihnachtsgans gäbe es sicher Interessantes zu entdecken, doch das sind späte Zutaten. Interessanter wäre, darüber nachzudenken, was für Folgen es haben kann, wenn der wahre Sinn, der wirkliche Inhalt des Festes und seine Bedeutung vergessen werden und von den Zutaten verdeckt werden, und damit sind wir am entscheidenden Punkt unserer Überlegungen.

Die Bekehrung, die Wiedergeburt des Paulus war ein ganz persönliches Ereignis, er trat damit ein in eine neue Zeit, in einen neuen Bund.

Seinen Brief, in dem er schreibt: „Als die Zeit erfüllt war“ schrieb er an die Gemeinde der Galater - Kelten die in Kleinasien lebten - und wer Asterix und Obelix kennt, der kann ahnen, was für eine neue Zeit für einen Kelten anbrach, wenn er Christ wurde.

So ist dieser neue Bund gewachsen, und er ist nur dort wirklich gewachsen, wo immer ein Einzelner das für sich angenommen hat, was ihm in Jesus Christus von Gott angeboten wurde - die Vergebung aller Schuld, die Gewissheit der Gnade und ein freies Leben in der Liebe. So wächst auch heute dieser Bund mitten unter uns.

Wo „Christentum“ verbreitet wurde durch Gewalt oder durch gesellschaftliche Konventionen, wo „Christliche Werte“ verteidigt werden, wo „das Christliche“ als moralisch-ethische Angelegenheit betrachtet wird, da ist die Zeit noch nicht erfüllt, da ist das notwendig und möglich, was Paulus als die „Wiedergeburt“ erlebt hat.

Weihnachten ist ein guter Termin, da einmal genauer hinzuschauen. Ich hoffe, viele der Zuhörer sagen jetzt: „Das ist uns doch alles bekannt“ und hoffe, dass möglichst viele das erlebt haben - die bitte ich um Nachsicht. Für diesen oder jene kann es vielleicht aber eine Hilfe sein, bewusster in das Weihnachtsfest zu gehen.

Wem das jetzt zu wenig weihnachtlich war, der freut sich bestimmt auf die Christvesper heute Abend, denn da werden seine Erwartungen auf die richtige Feststimmung wohl erfüllt. Allen wünsche ich, wünschen wir, ein frohes gesegnetes Weihnachtsfest.

Dr. Hans Frisch

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