zur AREF-Startseite

Täuferbewegung

gesendet am 02.03.2003 von Dr. Hans Frisch
 

Wenn wir uns im Kirchenjahr orientieren, dann sind wir schon in der Zeit vor Ostern.
Septuagesima und Hexagesima, siebzig Tage und sechzig Tage vor Ostern, so hießen die vorigen Sonntage. Trotzdem wollen wir noch nicht die Zeit, die an den Weg Jesu in die Passion erinnert, zu unserem Thema machen - da sind noch einige Teams aus den anderen Gemeinden dran - denn AREF heißt ja: Arbeitsgemeinschaft Rundfunk evangelischer Freikirchen, und dazu gehören die
  • Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde (Baptistengemeinde am Südring), Sperberstr. 166, 90461 Nürnberg
  • Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde (Brüdergemeinde), Vestnertorgraben 29, 90408 Nürnberg
  • Evangelisch-methodistische Paulus-Gemeinde, Gugelstraße 143, 90459 Nürnberg
  • Evangelisch-methodistische Zions-Gemeinde, Hohfederstraße 33, 90489 Nürnberg
  • Freie evangelische Gemeinde (FEG), Holbeinstraße 21, 90441 Nürnberg

Wir sind von den Baptisten, und über die wollen wir heute einmal berichten und nachdenken.

Baptisten sind heute eine der größten Freikirchen

Nicht selten werden wir als irgend eine Sekte angesehen, deshalb gleich zu Beginn: Die Baptisten sind eine der größten evangelischen Kirchen weltweit - 44 Millionen Mitglieder gegenüber 65 Millionen evangelisch-lutherischer Kirchenmitglieder - und ich behaupte: Es ist die größte evangelische Kirche - doch dazu später.

Der Name "Baptist" ist in katholischen Gegenden recht bekannt. "Johann Baptist" oder auch "Jean Baptist" von Johannes "dem Täufer", denn das heißt es zu Deutsch. Auch das "Baptisterium" als Taufkapelle ist bekannt. "To baptize" heißt englisch taufen, und damit sind wir schon am Anfang der Geschichte, denn in England entstand der Name. Und das kam so:

Landeskirchen

In einer langen Geschichte hatte sich die Kirche zu einer Institution entwickelt, in der staatliche und kirchliche Macht eng verquickt waren, mit recht schlimmen Folgen. Als Martin Luther die schlimmsten Missstände in seinen 95 Thesen benannte, besonders den Ablasshandel, da hatte er eigentlich nicht vor, eine neue Kirche zu gründen. Doch der Gang der Ereignisse zwang ihn dazu. Und dieser Gang der Ereignisse führte dazu, dass Luther sich mit den Herrschenden, den Landesherren verbündete - so entstanden Landeskirchen. Wurde der Landesherr evangelisch, dann waren alle Landeskinder evangelisch - gewissermaßen automatisch, über Nacht.

Nun waren aber Priesteramt, Beichte und Absolution und vor allem die Kindertaufe so tief verankert im religiösen Bewußtsein der Menschen, dass diese Elemente in den Landeskirchen bleiben mussten, sonst wären sicher sehr viele ausgewandert.

Reformator Zwingli

Ähnlich ging es in der Schweiz unter dem Reformator Zwingli - und dort regte sich zuerst der Widerstand. Ein kleiner Kreis versammelte sich dort zu eigenem Bibelstudium. Sie erkannten, dass nicht der Rat der Stadt Zürich sondern das Wort Gottes die Bibel letzte Autorität sein muss. Weil in der Bibel nur von der Glaubenstaufe, der Taufe auf das Bekenntnis des Glaubens an Jesus Christus die Rede ist, tauften sie sich gegenseitig und danach jeden, der zu ihrer Gemeinschaft gehören wollte und seinen Glauben bekannte. Die Kinder wurden nicht getauft. Das wollten Zwingli und der Rat der Stadt nicht gelten lassen. Es wurde verfügt, dass jedes Kind innerhalb von acht Tagen nach der Geburt getauft werden muss, mit Androhung von Gefängnis und Ausweisung.

Täuferbewegung

Trotz des Verbotes und der Strafen wuchs die Gemeinschaft. So entstand die Täuferbewegung. Sie breitete sich aus, obwohl wenige Jahre später ihre Gründer zum Tode verurteilt wurden, im evangelischen Zürich wurde Conrad Grebel gefesselt in der Limat ertränkt, im katholischen Graubünden wurde Georg Blaurock auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Aber da gab es allein in Deutschland schon 18.000 "Wiedertäufer". So wurden sie genannt, weil ja alle schon als Kind getauft worden waren. Für die Kirchen war der Name zugleich Anklage, wurde doch durch die Glaubenstaufe die Taufe als Säugling für ungültig, erklärt - was an die Basis der katholischen und auch der neuen evangelischen Kirche rührte.

Der Kaiser reagierte mit Androhung der Todesstrafe, und Luther stimmte dem zu. So wurde 1531 auch ein Schneider mit Namen Sicke Freerks in Leeuwarden, Westfriesland, den heutigen Niederlanden, enthauptet, weil er sich hatte taufen lassen. Wenn die Märtyrer der Same der Kirche sind, dann wurde hier in Holland der Same gelegt für die Entstehung der Baptistengemeinde in England.

* * * Musik * * *

Mennoniten

Die Nachricht von der Hinrichtung des Schneiders erreichte im nahe gelegenen Witmarsum einen katholischen Priester, der gerade angefangen hatte, selbst in der Bibel zu lesen. Ihm waren Zweifel gekommen an der Wandlung von Brot und Wein in Leib und Blut Christi beim Abendmahl. Seine Zweifel waren bestärkt worden durch das neue Testament. Jetzt sucht er die Kindertaufe in der Bibel und findet nur die Glaubenstaufe. Da verläßt er die katholische Kirche und läßt sich taufen. Sein Name war Menno Simons, und nach ihm wurde die Bewegung der damaligen Täufer Mennoniten genannt.

Entschieden stellt Menno Simons sich auf die Seite der Täufer, die jegliche Gewalt ablehnen. Trotzdem wird er verfolgt und bis an sein Lebensende steckbrieflich gesucht. Die Feinde der neuen Gemeinschaft, Kirche und Kaiser, hatten gute, wenn auch falsche Argumente bekommen. Eine radikale Gruppierung der Täufer wollte mit Gewalt das Gottesreich herbei zwingen. Sie hatten die Stadt Münster erobert und dort ein wüstes und schreckliches Regiment errichtet. Ein Jahr später war der Spuk zu Ende - in Blut ertränkt von den katholischen und evangelischen Truppen. Der Makel der terroristischen Täuferradikalen von Münster wurde allen Täufern angehängt, und auch die absolut gewaltfreien wurden verfolgt. Für den Kaiser dürfte die Ablehnung der Wehrpflicht und des Eides wohl wichtiger gewesen sein als die Taufe und das Abendmahlverständnis.

Es gibt damals ein Land in Deutschland, in dem Religionsfreiheit herrscht, Preußen. Und Preußen suchte Siedler für die Sumpfgebiete in der Gegend von Danzig. Da kommen die Mennoniten aus Holland gerade recht mit ihrer Erfahrung im Deichbau und in der Landentwässerung, mit ihrer Arbeitsmoral und ihrem Gemeinschaftssinn. Als dann die Sümpfe trocken waren und die Deiche dicht, da wurden die Privilegien zurückgenommen. Damals sind meine Vorfahren der Einladung von Katharina Großen gefolgt in die Ukraine. Dort waren es Steppen, die urbar zu machen waren - und wieder waren die versprochenen Privilegien nicht von Dauer. Viele der Mennoniten wanderten nach Amerika und Kanada aus.

Baptisten

Unter Stalin wurde es ganz schlimm, meine Eltern sind damals mit uns Kindern nach Deutschland gekommen. Doch damit sind wir weit vom Anfang und auch weit von England abgekommen. Also zurück nach Holland. Auch dort hatten Mennonietengemeinden überlebt. Die bekamen um 1600 Besuch von zwei Männern aus England. Diese waren so angetan von der Täufergemeinde, dass einer in Amsterdam blieb und andere in England 1611 eine eigene Täufergemeinde gründete, englisch "Baptist-Church".

Achtundzwanzig Jahre später entstand in Amerika die erste Baptistengemeinde - dort sind sie jetzt die größte evangelische Kirche. Holland, Ostpreußen, Ukraine, England, Amerika - Deutschland ist noch ausgespart in der Karte der Baptisten. Das blieb so bis 1823 ein junger Mann aus England nach Hamburg zurückkehrte. Er war beruflich in London gewesen, hatte dort in einer Methodistenkirche zum Glauben gefunden und trat in den Dienst einer "Kontinentalen Gesellschaft zur Religionsausbreitung in Europa". Er verbreitete Schriften und Traktate und hielt Vorträge, die bald von hunderten Zuhörern besucht wurden. Die Vorträge waren missionarisch und sie hatten Erfolg. Immer mehr Menschen machten bewußt Ernst mit dem Glauben, begannen die Bibel zu lesen und suchten Gemeinschaft. Spätestens als Oncken eine Tochter geboren wurde war die Frage: Kindertaufe oder Glaubenstaufe unabwendbar. Oncken und sechs seiner Freunde ließen sich 1834 von einem amerikanischen Baptistenpastor, der gerade in Deutschland war, in der Elbe taufen. So entstand die erste Baptistengemeinde auf dem europäischen Festland. Bald wurden es mehr. Unermüdlich reisten Oncken und auch andere durch Deutschland, später auch durch Rußland, die Ukraine und andere Länder, und an vielen Orten entstanden Baptistengemeinden. In Berlin schon 1837.

Oft sind es Handwerksgesellen die auf ihren Wanderungen die Botschaft mitnehmen und dort wo sie bleiben Hauskreise ins Leben rufen die zu neuen Gemeinden werden. Der anfängliche Widerstand und die Schikanen der Großkirchen und der Behörden ließen langsam nach.

Als Oncken bei einer Missionskonferenz nach der Zahl der Missionare gefragt wird, die er unterstützen muss, nennt er die Gesamtzahl der Mitglieder der deutschen Baptistengemeinden: "Wir sehen jedes Mitglied als Missionar an". Daraus entstand das Motto: "Jeder Baptist ein Missionar".

Wenn ihr also einem Baptisten begegnet und der mit euch gleich über Jesus und den Glauben reden will, wundert euch nicht.

* * * Musik * * *

Um Baptisten geht es heute - zu Deutsch also um "Täufer", und wir haben einen Eindruck bekommen von der Geschichte der Täuferbewegung und dem Aufkommen der Baptistengemeinden. Nicht der Baptistenkirche, denn die gibt es nicht. Es gibt keinen Baptisten-Papst oder Bischof, keine Baptisten-Landeskirche in Bayern, kein verbindliches Glaubensbekenntnis und kein Dogma. Eigentlich ist jede Gemeinde autark - verbindliche Autorität ist allein die Bibel, und verbindend ist die Übereinstimmung im Verständnis der Bibel, zum Beispiel in der Frage nach der Taufe. Dieses verbindende Verständnis ist formuliert in einer "Rechenschaft vom Glauben" die vor 36 Jahren von deutschen, österreichischen und Schweizer Baptisten gemeinsam erarbeitet wurde. Doch selbst beim Abendmahl und bei der Taufe gibt es Unterschiede: In manchen Gemeinden dürfen nur gläubig getaufte Christen am Abendmahl teilnehmen, in manchen Gemeinden können auch zum Glauben gekommenen Menschen Mitglied werden unter Anerkennung ihrer Taufe als Kind.

Baptisten in Deutschland

Organisatorisch sind die Baptistengemeinden in Deutschland verbunden im "Bund evangelisch-freikirchlicher Gemeinden", zu dem auch einige Brüdergemeinden gehören. Bei allen Unterschieden und teilweise auch Differenzen der Gemeinden und Gemeindegruppierungen bleiben einige zentrale Gemeinsamkeiten: Nur wer persönlich an Jesus Christus den Gekreuzigten und Auferstandenen als seinen Erlöser glaubt und dies bekennt, kann Mitglied werden, in der Regel nach der Taufe. Die Mitglieder leben verbindlich in der Gemeinde, nehmen an den Gottesdiensten und an den Gemeindeveranstaltungen teil, sie leben nach den Geboten Gottes und akzeptieren auch Kritik der Gemeinde, sie tragen bei zur Finanzierung der Gemeinde, die alle Mittel für Miete oder Bau, Unterhalt und Betrieb der Gemeinderäume und das Gehalt des Pastors sowie für missionarische und diakonische Zwecke selbst aufbringt. Die absolute Trennung von der Mitwirkung und dem Einfluss des Staates drückt sich aus in der Bezeichnung "Freikirche".

Entscheidungen in der Gemeinde werden gemeinsam nach Diskussion, Gespräch und Gebet durch Abstimmung getroffen, auch die Berufung der Leitung und der Pastoren. Das klingt alles Ideal, manchmal wird es aber so schwierig und kompliziert wie demokratische Strukturen es an sich haben. Das Wachstum der Gemeinden ist nicht mehr so wie zu Onckens Zeiten, und doch habe ich in den nicht ganz 40 Jahren, die ich zu unserer Gemeinde in Nürnberg gehöre miterlebt, wie in der Umgebung drei neue Gemeinden entstanden sind.

Neben dem Wachstum durch Mission - durch persönliches Zeugnis, durch Evangelisationen und Teilnahme an Aktionen wie "Pro Christ", neben diesem allen ist das "biologische Gemeindewachstum" wichtig. Kinder der Gemeindemitglieder finden als Jugendliche und Erwachsene häufiger zum lebendigen Glauben als andere. Auch sie werden nur auf Grund ihres persönlichen Zeugnisses vor der versammelten Gemeinde getauft. Viele noch nicht getaufte Familienmitglieder, auch Verwandte und Freunde und Menschen die in der Nähe der Gemeinde wohnen, besuchen die Gottesdienste.

Weltweit 44 Millionen Baptisten, aber 100 Millionen im Gottesdienst
- wie kann das sein ?

So kommt es, dass bei 44 Millionen Baptisten weltweit jeden Sonntag 100 Millionen an den Gottesdiensten teilnehmen. Deshalb meine ich, wir sind die größte evangelische Kirche. Solche Zahlen wären für die 65 Millionen Lutheraner eine Katastrophe - die jetzt oft leeren Kirchen würden bei Weitem nicht ausreichen, es müßte neu gebaut und das Personal vermehrt werden - wer soll das bezahlen?

Wenn Du jetzt neugierig geworden bist, wie das wirklich aussieht bei den Baptisten, wenn Du gern einer Gemeinschaft von Menschen begegnen willst, die mit ihrem Glauben Ernst machen, wenn Du dich vielleicht sehnst nach einem solchen Glauben, dann besuch uns doch mal in unserem neuen Gemeindezentrum am Südring, Ecke Allersberger Straße - Sonntag um 10 im Gottesdienst oder auch Mittwoch um halb acht bei einem Bibelkreis.

Du brauchst keine Angst haben, dass du nach dem Motto: "Jeder Baptist ein Missionar" von allen Seiten bearbeitet wirst. Du kannst natürlich mit dem gleichen Anliegen in eine der anderen Freikirchen gehen, oder der Reihe nach in alle - im Internet findest Du unter aref.de die Anschriften der hier beteiligten Gemeinden.

Auf jeden Fall möchte ich dir das empfehlen, was die ersten Täufer, die damaligen "Wiedertäufer" auf ihren Weg gebracht hat: Lies die Bibel !

Verfolgung brauchst du ja nicht zu befürchten. An der Durchsetzung der Religionsfreiheit haben die Freikirchen einen wesentlichen Anteil.

Dr. Hans Frisch

mehr bei uns über:
Taufe bei den Baptisten