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Hintergrund-Infos

US-Krieg gegen den Irak 2003


Chronik des "Anti-Terror-Kriegs"

Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 waren die "Schurkenstaaten" schnell ausgemacht, und die Militäroperation "Enduring Freedom" sollte die Schreckensherrschaft der Taliban in Afghanistan beenden. Der "Krieg gegen den Terror" fing damit aber erst an. US-Präsident George W. Bush sprach von der "Achse des Bösen" und benennt dabei neben Afghanistan das Regime von Saddam Hussein im Irak.

 

Februar 2003

Die "Liberty Bell" (Freiheitsglocke) in Philadelphia, Symbol für Demokratie und Freiheit. Die Ironie des Schicksals: Die Freiheitsglocke hat einen Sprung.
Die "Liberty Bell" (Freiheitsglocke) in Philadelphia, USA. Sie gilt als Symbol für Demokratie und Freiheit. Die Ironie des Schicksals: Die Freiheitsglocke hat einen Sprung. Foto. Uwe Schütz

 

Im Februar 2003 wendet sich der US-Präsident in einer Fernsehansprache an die Welt: "Das irakische Regime besitzt nach wie vor die tödlichsten Waffen, die es auf Erden gibt“. Damit sei Iraks Diktator Saddam Hussein „eine wachsende Bedrohung“ für die USA und ihre Verbündeten.

Saddam Husseins Massenvernichtungswaffen, so wird immer wieder beschworen, bedrohen Frieden und Freiheit der westlichen Welt. Die UN-Waffeninspektoren bitten um mehr Zeit.

Das "alte Europa", wie George W. Bush es wegen seiner Anti-Haltung zum Irak-Krieg nennt, ringt um eine friedliche Lösung. Millionen weltweit demonstrieren auf den Straßen - vergebens: Das Pentagon ist auf dem Kriegspfad. Ein letztes Ultimatum der USA, den Irak binnen 48 Stunden zu verlassen, lehnt Saddam Hussein ab.

20.03.2003

Am 20. März beginnt die Militäroperation "Iraqi Freedom" mit der Bombardierung Bagdads.

Die ersten Luftangriffe gelten hauptsächlich dem irakischen Diktator. Mit der gezielten Luftschlägen auf Paläste und vermuteten Schlupflöchern Saddam Husseins wird ein "Enthauptungsschlag" versucht. Ohne Erfolg: In einer Fernsehansprache ruft er Bevölkerung und Militär zum erbitterten Widerstand auf und verspricht die Niederlage "der amerikanischen Teufel".

Anders als im ersten Golfkrieg oder beim Afghanistan-Feldzug beginnt sofort die Bodenoffensive: 250.000 Amerikaner, 45.000 Briten und 2.000 Australier marschieren in den Irak ein, während hunderte Kampfjets und Langstreckenbomber Angriffswelle um Angriffswelle auf strategische Ziele fliegen. Im Süden des Landes stoßen die Briten sehr schnell auf Basra vor. Die US-Amerikaner nehmen Kurs auf Bagdad.

Die Gegenwehr der irakischen Streitkräfte ist unerwartet stark: Bei Nasirija und Kerbela gerät der Marsch auf Bagdad durch heftige Sandstürme tagelang ins Stocken. Mehrfach schneiden gezielte Attacken der Iraker die amerikanischen Truppen an vorderster Front von ihren Nachschublinien ab. Immer wieder geraten die US-geführten Koalitionstruppen unter so genanntes "friendly fire" (Beschuss durch eigene Luftwaffe oder Artillerie).

Die Eröffnung einer zweiten Front im kurdischen Nordirak scheitert zunächst am Widerstand des Parlaments in Ankara, das den Aufmarsch amerikanischer Truppen auf türkischem Territorium untersagt. Erst eine Woche nach Kriegsbeginn landen US-Fallschirmjäger in großer Zahl im irakischen Kurdengebiet und beginnen mit dem Aufbau einer Nordfront.

Wie schrecklich Krieg ist, wird am tragischen Schicksal des irakischen Jungen Ali Ismail Abbas deutlich, das um die Welt geht (Reuters): Bei einem Luftangriff wird versehentlich das Haus seiner Eltern getroffen. Der zwölfjährige Junge erleidet nicht nur schwere Verbrennungen, er verliert auch beide Arme und - noch schlimmer - seine schwangere Mutter, seinen Vater und seinen Bruder.

In der kalten Fachsprache des Militärs zählt Ali zu den "Kollateralschäden". Wie viele Zivilisten ums Leben komen, ist völlig unklar.

Während US-Truppen bereits den Flughafen von Bagdad eingenommen haben und amerikanische Panzer ins Stadtzentrum vorrücken, verkündet der irakische Informationsminister Mohammad Said al-Sahhaf unbeirrt im TV: "Glauben Sie mir, es gibt keine Amerikaner vor Bagdad. Wir haben sie eingekesselt und geschlachtet."

Zur befürchteten großen Schlacht um Bagdad kommt es nicht. Ohne großen Widerstand rücken amerikanische Truppen ins Zentrum vor. Bewohner beginnen damit, die Insignien der Macht zu zerstören.

Vor dem "Palestine"-Hotel klettern mehrere Männer auf das Podest einer überlebensgroßen Statue des Diktators. US-Soldaten bedecken dessen Gesicht mit dem Sternenbanner. Mit Hilfe eines Panzers wird Saddam vom Sockel gerissen. Das Regime ist am Ende.

Nach der anfänglichen Freude folgt das Chaos: Auf den Straßen herrscht Anarchie. Tausende plündern in großen Städten Hotels, Geschäfte und Museen. Die Koalitionskräfte greifen zunächst nicht ein. Selbstjustiz ist an der Tagesordnung. In der Hauptstadt bricht die Gesundheitsversorgung weitgehend zusammen. Jubel und Unglauben auf Bagdads Straßen.

01.05.2003

Medienwirksam landet er am 1. Mai auf dem Flugzeugträger Abraham Lincoln und verkündet das Ende der Hauptkampfhandlungen. Später stellt sich heraus, der Träger kreuzte nicht in der Golfregion, sondern vor der Küste Kaliforniens.

Überall im Irak kommt es zu teils heftigen Protesten. Tausende Iraker demonstrieren gegen die US-Besatzer. Sie fordern den Abzug der fremden Truppen und skandieren "Irak den Irakern". Mehrfach eskaliert die Situation. Besonders in Falludscha, einer Hochburg der Saddam-Anhänger, kommt es zu tödlichen Auseinandersetzungen mit US-Soldaten.

147 US-Soldaten sind während des Feldzuges gefallen. Bei den täglichen Anschlägen und Angriffen aber wächst ihre Zahl bis zum Jahrestag des Kriegsbeginns auf 567. Dazu kommen 59 gefallene oder verunglückte Briten, fünf Bulgaren, ein Däne, ein Este, 17 Italienier, zwei Polen, zehn Spanier, zwei Thailänder und drei Ukrainer. Die USA vermuten ausländische Terroristen und Anhänger des alten Regimes hinter den andauernden Attacken. Irakische Freischärler verüben beinahe täglich Anschläge auf die US-Truppen.

Am 22. Juli umzingeln amerikanische Spezialeinheiten ein Haus in Mossul, in dem sich die Söhne Saddam Husseins versteckt haben. Nach einem sechsstündigen Gefecht werden die Leichen von Udai und Kusai geborgen. Den entscheidenden Hinweis für 30 Millionen Dollar Kopfgeld hatte ein Cousin des gestürzten Diktators gegeben. Besonders der 39-jährige Udai war wegen seiner unglaublichen Brutalität gefürchtet. Wer ihm nicht passte, landete auf der Folterbank. Berüchtigt waren seine Beutezüge durch Bagdad, bei denen er junge Frauen auf der Straße kidnappte, um sie zu vergewaltigen. Einige Opfer nahmen sich nach der Tortur, die nicht selten mehrere Tage dauerte, das Leben.

Am 13.12.2003 ziehen US-Soldaten den Mann, der 55 Paläste bauen ließ, nach acht Monaten Jagd aus einem Erdloch. Er sieht aus wie ein bemitleidenswerter Landstreicher und sagt: "Ich bin Saddam Hussein, Präsident des Iraks, und ich bin bereit, zu verhandeln." Die ganze Welt schaut zu, wie ein Arzt den Kopf des Diktators nach Läusen absucht.

Das Ende Saddams bedeutet den Aufstieg der schiitischen Bevölkerungsmehrheit. Zum mächtigsten Mann wird der unter Saddam Jahrzehnte lang verfolgte, gemäßigte Großayatollah Ali el-Sistani. Hunderttausende gehen auf sein Wort hin auf die Straßen. Der betagte Rechtsgelehrte entwickelt sich zu einem der wichtigsten Verhandlungspartner der USA. Andere, wie der junge Geistliche Muqtada el Sadr, sperren sich gegen die Demokratisierung aus und drohen offen mit Gewalt.

Der Frieden rückt in weite Ferne: Inmitten von Millionen schiitischen Pilgern in Kerbela und Bagdad explodieren während der Aschura-Feiern am 2. März zahlreiche Bomben. Insgesamt sterben über 271 Menschen. Täter sollen sunnitische El-Kaida-Anhänger sein, die einen Bürgerkrieg anzetteln wollen, wie die USA behaupten. Doch grausame Anschläge sind im Irak nichts Neues: Truppen und Mitarbeiter der Koalition, Hilfsorganisationen und sogar die Uno selbst werden Tag für Tag blutig attackiert.

08.03.2004

Nach erbitterten Diskussionen verabschiedet der aus allen Ethnien zusammengesetzte irakische Regierungsrat eine vorläufige Verfassung. Sie ist föderal und gesteht den freiheitsgewohnten Kurden ein großes Maß an Unabhängigkeit zu. Und: Der Irak soll kein Gottesstaat werden. Der Koran stellt nur eine der Rechtsgrundlagen der neuen Verfassung dar, neben den von der Uno definierten Menschenrechten.

11.03.2004

Am 11. März 2004 ermorden Terroristen durch Anschläge auf Personenzüge in Madrid über 200 Menschen. Der Bezug zum Irak-Einsatz ist unübersehbar. Nun bröckelt die "Koalition der Willigen": Zapatero, der bereits vor den Madrid-Anschlägen den Truppenrückzug aus dem Irak angekündigt hat, wird neue spanischer Regierungschef.

Auch andere Helfer der USA signalisieren Kriegsmüdigkeit. Dabei spielt auch die Tatsache eine Rolle, dass der Irak-Einsatz nach wie vor nicht von keiner UN-Resolution gedeckt ist.

12.01.2005

Im Januar 2005 bestätigt US-Präsident George W. Bush, dass die zweijährige Suche nach Massenvernichtungswaffen mit bis zu 1.500 Spezialisten erfolglos abgebrochen wurde und erklärt: "Ich dachte, wir finden Massenvernichtungswaffen - so wie viele hier in den USA und viele in der ganzen Welt." Nun gelte es aufzuklären, "was falsch gelaufen ist bei der Informationsbeschaffung."

Gleichzeitig verteidigt Bush das militärische Eingreifen der USA 2003 im Irak mit weit über tausend Toten allein auf US-Seite war. Auch ohne den Fund von Massenvernichtungswaffen war es den Einsatz "absolut" wert. In dem Fernsehinterview sagte Bush weiter, der irakische Staatschef Saddam Hussein sei gefährlich gewesen und die Welt ohne ihn sicherer geworden.

Mit der vermeintlichen Existenz von Massenvernichtungswaffen hatte Bush den Irak-Krieg begründet (s.o.)

15.12.2005

Unmittelbar vor den irakischen Parlamentswahlen gibt US-Präsident George W. Bush in aller Öffentlichkeit zu, dass er Amerika und seine Verbündeten unter falschen Vorzeichen in den Krieg gegen Saddam Hussein geführt hat.

„Es ist richtig, dass die Erkenntnisse unserer Geheimdienste zum großen Teil fehlerhaft waren“, erklärt Bush in Washington: „Als Präsident bin ich für diese Kriegsentscheidung verantwortlich und ich bin auch dafür verantwortlich, dass wir korrigieren, was damals falsch gelaufen ist. Wir haben bereits damit begonnen, indem wir unsere Geheimdienste reformieren.“

Damit räumt Bush ein, dass seine ursprüngliche Begründung für die Invasion – Saddam Husseins Massenvernichtungswaffen und dessen Beziehungen zu El Kaida – nicht stimmte. Gleichzeitig betont er, dass seine Entscheidung, Saddam Hussein zu stürzen, richtig gewesen sei und fügt hinzu:

"Saddam stellte eine Gefahr dar und es ist besser für Amerika und für die Welt, dass er nicht mehr an der Macht ist.“

Außerdem appeliert er an die Geduld und kontert auf Pessimismus mit Durchhalteappellen: „Die Terroristen wissen, dass sie uns militärisch nicht schlagen können“, beteuert er: „Deshalb wollen sie unseren Willen brechen, in der Hoffnung, dass Amerika das Schlachtfeld vorzeitig räumt. Es gibt für die Terroristen nur einen Weg, sich zu behaupten: wenn wir die Nerven verlieren und gehen, bevor wir unsere Arbeit erledigt haben. Und das wird nicht passieren, solange ich an der Macht bin.“

2.140 US-Soldaten und 30 000 Zivilisten sind bisher im Irak ihr Leben verloren.

mehr zu den Erklärungen zum Irak-Krieg von US-Präsident George W. Bush

Quellen: t-online.de; stern.de und focus.de

Autor dieser Webseite: Uwe Schütz

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